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Samstag, 21. Februar 2015

Lange Zeitreihen 4

Eines der beeindruckensten Bücher, das ich in den letzten Jahren gelesen habe, war "Gewalt" von Steven Pinker. Pinker verfolgt darin die These, dass die Gewaltbereitschaft der westlichen Zivilisationen in den letzten Jahrhunderten kontinuierlich abgenommen hat. Letztlich unterlegt er empirische eine These, die schon Norbert Elias in seinem Buch über den Prozess der Zivilisation vertreten hatte. Von Ausschlägen kriegerischer Gewalt abgesehen sinkt die Rate der Gewalt, gemessen zum Beispiel an Morden, kontinuierlich seit Jahrhunderten. Und dieser Trend setzt sich auch im ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhundert fort. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das Ende der Fahnenstange schon erreicht ist.


































Was hat das nun für die Innovationspolitik zu bedeuten? Ich denke, die Konsequenzen einer weiter sinkenden Gewaltbereitschaft werden sich sowohl auf der Ebene militärische Auseinandersetzungen und Militärtechnik wie auch im ganz zivilen Leben sehr deutlich zeigen. Militärisch ist es vermutlich die Durchsetzung von Technologie, die den Menschen, diesem Fall die Soldaten, immer weiter weg von den eigentlichen Kampfhandlungen rücken lässt. Was die Drohnen-Industrie heute zu bieten hat, ist beeindruckend bis erschreckend. Ein interessantes Hintergrund-Feature habe ich letztens im Deutschlandfunk dazu gehört. Die Versuche, den Einsatz von Drohnen zu verbieten, zum Beispiel durch eine internationale Konvention, scheinen mir mittelfristig mit wenig Hoffnung auf Erfolg. Verwundete und tote Soldaten aus dem eigenen Land werden angesichts sinkender Gewalt-Toleranz immer weniger akzeptiert. Und die technologischen Möglichkeiten wachsen. Kriege werden also, zumindest durch die westlichen industrialisierten Länder, zunehmend indirekt vermittelt durch Drohnen (oder sollte  ich sagen Kampfroboter?) geführt. Und diese militärische Technologie wird sich auch in den zivilen Alltag durchschlagen. Nette bewegte Bilder aus dem nicht-militärischen Bereich findet man zum Beispiel hier von einer Rettungsdrohne oder einem Laufroboter.

Andere Sicherheitstechnologien betreffen eher das Privatleben: Wenn es darum geht, durch technologische Überwachung mich und andere zu schützen, dann ist das immer eine Abwägung zwischen einem selbstbestimmten, möglicherweise auch Risiko-affinen Leben und externer Kontrolle. Da aber Gewalt immer weniger akzeptabel ist - und das heißt auch, dass Verletzungen, Unfälle und ähnliches nicht mehr so gern gesehen werden - führt das dazu, dass uns entsprechende Technologien im Zweifelsfall sanft in die Arme fallen, wenn wir dumme Dinge tun wollen. Je klüger Computer und die schlauen Dinge des "Internets der Dinge" werden, desto eher können sie erkennen, wenn wir dümmer bzw. unvernünftiger sind. Dazu brauchen sie Informationen und Daten, und die sollen wir ihnen dann auch geben. Das wird die Gesellschaft verlangen, wenn es sich rechnet und Leib und Leben schützt. Schon jetzt experimentieren ja erste Krankenkassen damit (siehe auch mein Blogbeitrag hier). Wie solcher sanfter Paternalismus im intelligenten Auto aussehen kann, schildert dieser Radiobeitrag. 

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