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Dienstag, 5. April 2016

US-Wahlkampf und Innovationspolitik

Im Moment beherrscht ja der US-Vorwahlkampf die Medienberichterstattung auch in Deutschland. Ein scheinbar untypischer Vorwahlkampf, in dem zur Zeit noch die extremen Positionen von rechts und links bei Republikanern und Demokraten dominieren. Wir in Deutschland können dieses Theater aus gebührlicher Distanz leicht amüsiert verfolgen, aber es ist zugleich ein Zeichen für die Verunsicherung der Mittelschicht nicht nur in den USA. Dazu passen zwei aktuelle Studien zum Thema Innovation und Industriepolitik, die gerade publiziert wurden.
Wie der Economist mit Verweis auf eine aktuelle Studie aus Zürich zeigt, führt die Globalisierung tatsächlich kurz und mittelfristig zu Verlierer auch in eigentlich starken Volkswirtschaften- wer hätte das gedacht. Und das sind vor allem die Wähler von Sanders und Trump.
Vermutlich wird die Hoffnung auf eine Trendwende, also eine Rückverlagerung der industriellen Produktion in die traditionellen westlichen Industrienationen, das sogenannte reshoring, nicht die erhofften Effekte bringen. Zumindest legt dies ein aktuelle Arbeitspapier der OECD nahe.
Ein interessantes Detail des US-Wahlkampfes ist außerdem, von wem die jeweiligen Kandidaten unterstützt werden. So berichtet dieser Artikel davon, dass Hillary Clinton im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Obama nicht mehr von den Internetkonzernen aus Kalifornien unterstützt, wird zumindest nicht in dem Maße, wie dies bisher der Fall war. Interessant finde ich das deshalb, weil die entsprechenden Protagonisten nach unserem europäischen Rechts-Links-Schema eher dem linksliberalen Spektrum zu verorten wären, also den Demokraten nahestehen müssten. Auf der anderen Seite ist das ein Milieu, indem die Vorstellung dominiert, dass der Einzelne eher in der Lage ist, die wesentlichen Probleme zu lösen, als der Staat. Das ist ja bis zu einem gewissen Grad auch die Heilsversprechungen der großen Internetkonzerne, das nämlich sie (alleine?) in der Lage sind, die Herausforderungen der Welt zu meistern, für die der Staat keine Lösungen gefunden hat. Besonders eindrücklich ist diese Haltung in einem Feature das Deutschlandfunk nachgezeichnet das vor gut einem Jahr auf Sendung ging und den schönen Titel "Hippies und Cyberspace" trug (und hier nachgehört werden kann).
Das US-Wissenschaftsmagazin Science hat kürzlich einen Artikel dazu veröffentlicht, wie die Kandidaten zu unterschiedlichen Fragen der Wissenschaft- und Forschungspolitik stehen. Wirklich kontrovers sind vor allen Dingen die Themen, die sowieso relativ heiß umstritten sind in Amerika, also Forschung für den Klimawandel (falls es den überhaupt gibt, für manche der Kandidaten ja eher nicht...). Und alles, was mit Stammzellen und Eingriff in die Keimbahn zu tun hat, da geht es natürlich auch um das Thema des Schutzes des ungeborenen Lebens. Insgesamt scheint auch das Thema Forschungspolitik deutlich weniger konsensorientiert diskutiert zu werden als in Deutschland. Das zeigt auch die Berichterstattung um den neuen Haushalt des Präsidenten zu Forschung, wie er hier diskutiert wird. Aber da ist das amerikanische System mit Präsident und Kongress auf zwei Seiten, die den Haushalt diskutieren und verabschieden, halt insgesamt deutlich konflikthafter. Manchmal würde man sich in Deutschland ja durchaus eine etwas lebhaftere politische Debatte um die Forschungspolitik wünschen.

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