Wenn man sich ein wenig für Startups interessiert und wie ich eine Reihe von Newslettern und Newsfeeds abonniert hat, wird man fast erschlagen von der Flut der Meldungen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Da hilft es, ein wenig zurückzutreten und sich die Meldungen aus der Halbdistanz zu betrachten.
Ein schönes Beispiel dafür sind die Meldungen rund um Fintechs, also jungen, technologieorientierten Unternehmen im Finanzsektor, die den klassischen Banken mit Softwarelösungen Konkurrenz machen. Auf den ersten Blick scheint es verwirrend. Laut einer neuen KPMG-Studie brechen die Fintech-Investitionen weltweit ein. War vielleicht doch nur einer der typischen Medienhypes? Ist Legal-Tech das neue Fintech? Andere Medien sehen nicht ganz so schwarz. China scheint sich zu einem Mega-Player im Fintech-Bereich zu entwickeln, schreibt der Economist in einem langen Beitrag. Die NZZ empfiehlt den traditionellen Banken, die Anlaufschwierigkeiten der Fintechs nicht falsch zu interpretieren. Auf kurz oder lang könnte sich das Rennen noch ändern. Und vielleicht der fühlt sich ja doch die Hoffnung darauf, dass mit dem Brexit Fintech-Firmen in größerer Zahl auf den Kontinent wandern. Zumindest legt die ein aktueller Artikel im Guardian nahe. Umkrempeln könnten Fintechs möglicherweise auch schneller andere Weltregionen als ausgerechnet im gesetzten (verkrusteten?) Europa. Möglicherweise sind Fintechs gute Instrumente der Entwicklungshilfe?
Und was folgt jetzt daraus? Es ist der langsame, der allmähliche, der schleichende Wandel. Die neuen Firmen führen nicht sofort zum Zusammenbruch der traditionellen Strukturen. Möglicherweise brauchen sie auch mehrere Anläufe. Oft folgt die Berichterstattung einem gewissen hypecycle, nach einer ersten Welle der Euphorie setzt die Ernüchterung ein und der Trend wird als beendet erklärt, bevor die eigentliche Umwälzung zu sehen ist. Auch Fintechs scheinen sich im Moment im Tal der Tränen zu befinden. Aber Stück für Stück werden sie wohl den traditionellen Bankensektor ziemlich radikal umkrempeln. Und möglicherweise sind es unerwartete Akteure, z.b. aus China, die mehr bewirken werden als die üblichen Verdächtigen aus den USA oder UK.
Eine ziemlich ähnliche Entwicklung könnte man für das Thema Crowdfunding beschreiben. Auch hier gibt es im Moment eher negative Meldungen wie diese: Der Crowdfunding-Hype scheint am Ende zu sein, schreibt z.B. die Wirtschaftswoche. Das Crowdfunding die klassischen Finanzierungsformen nicht ersetzen wird, überrascht mich nicht wirklich. Wir hatten das in unserer Analyse im Rahmen des Trendbarometer junge IKT Wirtschaft wiederholt beschrieben. Aber für manche Themen und manche Startups wird Crowdfunding auch in Zukunft spannend bleiben.
Letzte Meldung zum Thema Startups: In Frankreich scheint die Startup-Welle ins Rollen zu kommen, meint zumindest der Economist in einem neuen Artikel. Es handelt sich, zumindest bei den im Artikel genannten Unternehmen, um eher technologieorientierte Gründungen, also nicht die üblichen Marktplätze, um Pizza oder Schuhe zu verkaufen. Eine spannende Entwicklung, die man hier in Deutschland in der Regel nicht so auf dem Schirm hat. Frankreich hat in Deutschland, das ist zumindest meine Wahrnehmung, nicht ein besonders ausgeprägtes Innovationsimage. Und vielleicht sind wir in Deutschland doch etwas zu berauscht vom Berlin-Hype um diese junge, spannende und kreative Hauptstadt, um die uns angeblich ganz Europa beneidet.
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