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Samstag, 4. August 2018

Zombie-Gründer

Seit kurzem nutze ich verstärkte Twitter, um mich auf interessante Artikel, Studien oder Meinungen stoßen zu lassen. Jenseits der üblichen Newsletter ist dies manchmal eine wirkliche überraschende Quelle von spannenden Meldungen. Das Ganze steht und fällt natürlich mit den Personen, denen man folgt. Wenn diese alle selbst miteinander vernetzt sind, dann twittern sie nur immer wieder dieselben Beiträge. aber das macht das dann auch wieder spannend, zu sehen, welche Netzwerke sich hinter Twitter verbergen.

im Moment recht angetan bin ich z. B. von der Expertenkommission Forschung und Innovation EFI, die eine ziemlich bunte Mischung an Beiträgen mit einer relativ hohe Taktfrequenz twittert. Lustig fand ich da den Retweet zu einem Artikel in WIRED, der Studienergebnisse zitiert, die einen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Toxoplasmose und Gründungsneigung behaupten. Wer eine Katze hat bzw. sich mit diesem Katzenparasiten identifiziert, ist wagemutiger und gründet häufiger ein Unternehmen, so die Autoren. Das wäre natürlich praktisch und eine ziemlich preiswerte Möglichkeit für die Bundesregierung, die Gründungsneigung in Deutschland zu erhöhen: einfach süße kleine Katzenbabys flächentechnik verschenken.

Die Geschichte erinnert mich auch an sogenannte Zombie-Pilze, die tropische Ameisen befallen (hier auch ein Artikel mit einem nett-gruseligen Film), sie zu einem selbstmörderischen Verhalten zwingen und dann töten, um an geeigneter Stelle weiter zu wachsen. Das ist aber nicht der einzige Parasit, der seinen Wirt geradezu unglaublich raffiniert manipuliert. Es gibt eine ganze Reihe sogenannter Neuroparasiten, die entsprechend vorgehen und diverse Tierarten zu höchst merkwürdigen und selbstschädigenden Verhalten bringen.

Beim Toxoplasma-Parasiten und dem Menschen war diese Art der Beziehung schon länger vermutet worden, aber wissenschaftlich nicht wirklich eindeutig nachgewiesen. Und wenn man bedenkt dass Toxoplasma in Deutschland ungefähr 60% der Bevölkerung infiziert hat, so scheinen sich die Auswirkungen doch sehr im Rahmen zu halten. Und leider sind insbesondere die Auswirkungen auf die Gründungswahrscheinlichkeit dann doch sehr beschränkt geblieben und die Idee mit der Katze als innovationspolitischler Wunderwaffen doch nicht so toll.

Aber Gründerinnen und Gründer sind ja sowieso recht eigenartige Wesen, deren Verhalten wohl auf sehr mannigfaltige Art und Weise beeinflusst wird und nicht einfach zu steuern ist. Breit ist die Literaturlage z. B. In Hinblick auf Geschlechterunterschiede. Schon länger in Studien beschrieben ist die Beobachtung, dass weibliche Gründerinnen vorsichtiger agieren und eher auf ein nachhaltiges, langsames Wachstum setzen. Neu ist die Beobachtung, dass Frauen dabei scheinbar sehr erfolgreich sind und höhere Renditen erwirtschaften als männliche Gründer.

Bislang immer wieder aufgegriffen wurden die Annahme, dass insbesondere jüngere Menschen eher ein Unternehmen gründen. Der demografische Wandel würde in diesem Fall ein nicht unerheblicher Einflussfaktor auf die sinkende Gründungsneigung in Deutschland sein. Neu sind dann die Studien, die zeigen, dass ältere Gründer deutlich erfolgreicher sind. Gründungsneigung und Gründungserfolg sind eben doch nicht ein und dasselbe.

Jetzt würde mich interessieren, welche Korrelation ist zwischen Alter und Vorlieben für Katzen gibt.

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