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Samstag, 29. März 2014

Untergang der Zivilisation

Zurzeit jagt das Gespenst des Untergang durch den deutschen Blätterwald, oder vielmehr Berichte über eine NASA-Studie zum Untergang der Zivilisation. Die Wirtschaftswoche berichtet zum Beispiel, dass aufgrund von Klimawandel, Ressourcenverbrauch und Bevölkerungswachstum unsere Zivilisation respektive die Menschheit bald am Ende sei. Auch technologischer Fortschritt könne uns dabei nicht retten, da er den Verbrauch von Ressourcen ankurbele. Die Wirtschaftswoche fühlte sich dabei an Oswald Sprenglers Untergang des Abendlandes erinnert, das ziemlich genau vor 100 Jahren erarbeitet wurde. Wer den im vorvergangenen Jahr erschienenen Bestseller "1913" von Florian Illies zum letzten Jahr vor Beginn des ersten Weltkriegs gelesen hat, weiß, dass Sprengler ein reichlich überspannter Zeitgenosse war.

Ich fühle mich ja bei dieser Meldung eher an "Kollaps" von Jared Diamond erinnert, in dem Diamond eine ganze Reihe von Kulturen untersucht, die aufgrund von Überbevölkerung, falschem Umgang mit begrenzten Ressourcen und aufgrund von Klimawandel und ökologischen Katastrophen kollabierten. Mit Diamond wiederum setzten sich intensiv Daron Acemoglu und James A. Robinson in ihrem Buch "Why Nations Fail" auseinander. Ihrer Meinung nach sind es insbesondere Institutionen, die über Erfolg oder Scheitern von Ländern entscheiden. Innovationen sind hier eher positive Faktoren, die durch entsprechende Institutionen gefördert oder behindert werden können.

Die eingangs genannt Studie nutzte das sogenannte HANDY Rechenmodell für seine Projektionen. Wie solche Modelle irren können, zeigte ja schon vor 40 Jahren die "Grenzen des Wachstums". Die lagen zwar ziemlich falsch, spielten aber eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der Öffentlichkeit für einen bewussteren Umgang mit endlichen Ressourcen.  

Die NASA hat sich übrigens von allen Meldungen distanziert, dass sie selbst die Studie in Auftrag gegeben habe, vielmehr habe sie den beteiligten Wissenschaftlern nur die Nutzung eines ihrer Rechenmodelle erlaubt. Wer jetzt mehr zur Studie, ihrer Beziehung zur NASA und ihrer Argumente lesen möchte, sollte am Ausgangspunkt des ganzen Medienrummels suchen, der nicht in Deutschland, sondern in Großbritannien, nämlich im Guardian liegt. Hier setzte sich der EarthInsight Blog sehr intensiv mit der Studie auseinander und provozierte eine rege Diskussion.

Selten finden Zukunftsstudie oder Foresight-Berichte öffentliche Aufmerksamkeit, wenn sie nicht mit Katastophen- oder Untergangsszenarien aufwarten können. Und "gerechnet" klingt auch immer seriöser als in Szenarioworkshops erarbeitet. Kann die Zukunft eigentlich vorausgesagt werden? Wirken hier deterministische Regeln und Mechanismen? Gibt es nicht immer mehrere mögliche Entwicklungspfade, und haben Szenarien nicht eher die Rolle, uns für die Ergebnisoffenheit unseres Handelns zu sensibilisieren und die Verantwortung für die Zukunft zu verdeutlichen?

Vielleicht aber haben die Sozialwissenschaften bislang nur zu wenige Daten gehabt, um mal wirklich solide rechnen zu können, und jetzt, mit "BIG DATA, eröffnen sich ganz neue Prognosemöglichkeiten?  

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