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Samstag, 12. September 2015

Machen Männer Geschichte?

Große Männer - und Frauen - machen Geschichte! So zumindest dachte die Geschichtsschreibung des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Doch heute ist die Geschichtswissenschaft längst weiter. Es sind soziale und wirtschaftliche Faktoren, es sind sogar Umwelteinflüsse wie das Klima, die den Lauf der Geschichte stark beeinflussen. Natürlich hat auch menschliches Handeln seinen Anteil daran, und auch einzelne Personen können, wenn sie an einer entscheidenden Machtposition stehen, entscheidende Weichen stellen. Alles in allem aber wurde wohl der Einfluss einzelner Persönlichkeiten der Geschichte ziemlich überschätzt. Und das sicher auch deshalb, weil die Geschichtsschreibung selbst von den jeweiligen Machthabern beeinflusst und diktiert wurde.

Da sind wir nun weiter, dachte ich. Aber wenn es um das Geschehen in der Wirtschaft geht, scheint sich hartnäckig der Eindruck zu halten, das Firmenlenker entscheiden sind für das Wohl und Wehe ihrer Unternehmen. Da charismatische Personen wie Steve Jobs zu wahren Lichtgestalten hoch geschrieben wurden, wird jetzt auch von Startups erwartet, dass sie von entsprechend herausragenden Persönlichkeiten gegründet und aufgebaut werden. Gerade beklagte sich der Spiegel in einem Essay darüber, dass die deutsche Gründerszene langweilig sei, lauter BWLer, die an die charismatische Nerds des Silicon Valley lange nicht heranreichen könnten. Dabei hatte die Süddeutsche gerade erst die Erotik der BWL-Studenten entdeckt.

Aktuelle Studien zeigen zumindest, dass es kein Gründer-Gen gibt, sondern dass vor allem familiärer Hintergrund den Erfolg von Gründerinnen und Gründern erklärt. Und es gibt auch mehr als leise Zweifel daran, dass die 150 prozentigen Gründer, die Tag und Nacht durcharbeiten, tatsächlich effektiver oder effizienter sind als diejenigen, die sich an normale Arbeitsrythmen halten.

Und in der Gründungs-Forschung weiß man seit langem, dass gemischte Teams - Betriebswirtschaft und Techniker, Frauen und Männer, Alte und Junge, Deutsche und Menschen anderer Herkunft - zusammen besonders erfolgreich sind. Aber es ist halt so schön, an den genialen Steve Jobs zu glauben, der das nächste Apple gründen wird.

Da kann ich nur sagen: Leute, lest mehr Geschichtsbücher, wie zum Beispiel das ziemlich beeindruckende Buch zu Napoleons Feldzug nach Russland (Adam Zamoyski: 1812). Da werdet ihr sehen, welches tragische Kuddelmuddel große Männer anrichten können, vor allen Dingen, wenn sie nicht zusammenarbeiten.

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