Samstag, 15. Februar 2014

Innovation, Einwanderung und Gründer

Vor einer Woche haben sich die Bürger der Schweiz in einem Referendum für eine Beschränkung der Zuwanderung ausgesprochen. Seitdem wird auch in deutschen Zeitungen heftig über das Thema gestritten. Hingewiesen wird immer wieder darauf, das die Wirtschaft der Schweiz immer wieder vor einem positiven Referendum gewarnt hatte. Die Schweizer Volkswirtschaft habe massiv von der gestiegenen Zuwanderung der letzten Jahre profitiert. Und auch der Wissenschaft habe der Zuzug von hochkarätigen Wissenschaftlern an die attraktiven Schweizer Universitäten nicht geschadet.

Deutlich hatte sich der verstärkte Zuzug vielleicht auch in der Schweizer Gründungsszene niedergeschlagen. Seit 2000 ist der Anteil der Ausländer an den Schweizer Gründern von 22 auf 40% gestiegen (in Deutschland liegt der Anteil sogar bei 44,8%). Nach dem Referendum (und insbesondere wenn klar ist, wie dieses Ergebnis in tatsächliche Politik umgesetzt wird), wird sich zeigen, ob auch die Gründungsdynamik in der Schweiz unter einer stärkeren Begrenzung der Zuwanderung leiden wird.  

In jüngster Zeit haben sich einige Studien mit dem Thema Gründung durch Migranten in Deutschland beschäftigt, allerdings in der Regel ohne Fokus auf innovative Gründungen. Herausgearbeitet wurde dabei unter anderem, dass Migranten eher gründen, allerdings innerhalb spezifischer Rahmenbedingungen handeln, die ihnen erfolgreiche Gründungen erschweren. Das ZEW berechnete sogar den Wohlstandsverlust, der sich aus nicht realisierten Gründungen durch Ausländer in Schlüsselbranchen ergibt.  

Liest man die einschlägigen Beschreibungen von Startup-Zentren wie Berlin, dann wird immer wieder die Attraktivität für Kreative aus der ganzen Welt hervorgehoben, die in das hippe Berlin kommen und dann auch dort bleiben und gründen. Allerdings bleiben auch für sie hohe Hürden, über die sie sich bei entsprechenden Befragungen negativ äußern. 43% der Berliner Startups geben im Deutschen Startup Monitor an, dass sich die Regelungen zur Beschäftigung von Nicht-EU Ausländern negativ auf ihre Unternehmensperformance auswirken.

Gründernationen wie die USA oder Israel profitieren enorm von ihrem Status als Einwanderungsländer. In den USA wird gerade zu diesem Thema heftig debattiert, schon länger gibt es diverse Vorschläge, dieses Kapital als attraktives Einwanderungsland noch besser zu nutzen. Israel hat massiv vom Zuzug osteuropäischer Neubürger nach dem Zusammenbruch des Ostblocks profitiert, wie zum Beispiel im Buch "Startup Nation" ausgeführt wird.

Im aktuellen Koalitionsvertrag sind übrigens beide Themen - Gründung und Zuwanderung - prominent behandelt. Gründungen in Deutschland sollen weiterhin aktiv gefördert werden, der Zuzug ausländischer Fachkräfte erleichtert und eine Willkommenskultur geschaffen werden. Verknüpft werden die beiden Themen allerdings im Koalitionsvertrag noch nicht.

Samstag, 1. Februar 2014

Innovation und Zuwanderung

Schon vor einiger Zeit veröffentlichte das amerikanische Think-Tank ITIF einen Artikel, der sich mit der positiven Wirkung der Einwanderung auf das amerikanische Innovationssystem beschäftigt. Die Einwanderung bringen nicht nur hochqualifizierte in die USA, sie sorgt auch für eine beständige Aufbruchsdynamik, weil die Zuwanderer sich nicht auf ein gewachsenes soziales Netz verlassen können, sondern Erfolg und sozialen Aufstieg erarbeiten müssen. Die Gründerkultur der USA profitiert von dieser Dynamik nicht unerheblich.
 
Gerade ist ein interessanter Artikel in Foreign Policy zum ambivalenten Verhalten chinesischer Akademiker erschienen, die einerseits die Chance zu Ausbildung und Karrierestart im Ausland (vor allem den USA) suchen, dann aber zurückkehren. Eigentlich gelten die "Sea Turtels" als echte Vorbilder, die Erfolgsgeschichten chinesischer Privatfirmen sind nicht selten eng mit Rückkehrern verbunden. Entgegen der Bemühungen der chinesischen Regierung, mit attraktiven Angeboten chinesische Spitzenforscher zurückzuholen, bereuen allerdings nicht wenige Rückkehrer ihren Entschluss, weil sie die Vorteile ihrer Gastländer (weniger Einfluss persönlicher Beziehungen, saubere Luft, bezahlbare Kinderbetreuung und Wohnung ...) schätzen gelernt haben. Während die USA vom Brain Gain profitieren, sucht China weiterhin ein effektives Mittel gegen den Brain Drain.

Deutschland liegt irgendwo dazwischen. Die aktuelle Zuwanderungswelle aus den Krisenländern Europas wird das deutsche Innovationssystem tendenziell stärken (eine kurze ökonomische Analyse zur "Krisenzuwanderung" findet sich hier, eine eher journalistische Aufbereitung durch das Magazin Clavis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hier, und Arte hatte schon letzten Sommer eine Webdoku hier). Auch deutsche Auswanderer kommen im Moment verstärkt zurück, worunter Nachbarn wie die Schweiz, die bislang vom deutschen Brain Drain profitiert hatten, auf Dauer leiden könnten. Vor zwei Wochen stellte die Bundesregierung ihren neuesten Migrationsbericht vor und verwies auf den erfreulichen Trend eines verstärkten Fachkräftezuzugs. Die Freude war aber nicht überall ungetrübt, wie ein Artikel der FR zeigt. GAIN wiederum, ein staatlich gefördertes Netzwerk deutscher Wissenschaftler in den USA, versucht mit Vernetzungsaktivitäten und Informationen über die Attraktivität des deutschen Wissenschaftssystems deutschen Forschern eine Rückkehr zu erleichtern.