Montag, 7. August 2017

Big Data per Fahrrad

Eigentlich bin ich ja ein begeisterter Fahrradfahrer. Nicht bei Regen oder Schnee, oder wenn es dunkel ist, aber sonst ist das Fahrrad das perfekte Fortbewegungsmittel. Und Fahrradfahren liegt echt im Trend. Die Zahl der Fahrradfahrer scheint mir jährlich zuzunehmen, in Berlin sind es insbesondere Touristengruppen, die mittlerweile die Fahrradinfrastruktur verstopfen. Fahren Sie einmal nachmittags die Bernauer Straße an der Mauergedenkstätte vorbei, und Sie wissen, was ich meine. Nicht umsonst hat ein Volksentscheid zum Ausbau dieser Fahrradinfrastruktur so gute Chancen, und der neue Berliner Senat ist ja auch schon auf gute Wege, hier für Abhilfe zu sorgen. Allerdings wird das sicher noch Jahre dauern.

Interessant fand ich daher eine Nachricht, die in der neuen ZEIT erschienen ist. Chinesische Anbieter von Fahrradleihsystemen scheinen auf den europäischen und internationalen Markt zu drängen. Und das nicht zimperlich,  sondern in großem Maßstab. Einige chinesische und jetzt auch internationale Städte scheinen gerade vollgemüllt zu werden von konkurrierenden chinesischen Leihfahrrad-Anbietern.

Nun finde ich auch Leihfahrräder prinzipiell eine gute Idee. Ich habe das zwar noch nie genutzt, ich habe ja mein eigenes Fahrrad dabei, aber das Fahrradfahren möglichst einfach und zugänglich zu machen ist doch eigentlich prima, oder? In vielen europäischen Städten war der Boom der Leihfahrräder ein wichtiges Zeichen, dass sich die Städte zunehmend fahrradfreundlich verändert haben.

Aber warum drängen die Chinesen jetzt so massenhaft auf den europäischen Markt, welche Goldgrube scheinen sie mit Leihfahrräder entdeckt zu haben? Es sind sicher nicht die großen Gewinnmargen, die man mit dem Verleih von Fahrrädern verdienen kann. Der Artikel in der ZEIT und anderen Medien macht deutlich, es geht um Daten. Diese erheben die Firmen kontinuierlich, wenn ein Nutzer per App das Fahrrad leid. Wo fährt er hin, wo hält er sich länger auf, welche Einkaufsmöglichkeiten nutzt er?

Der Fahrradverleih ist nur noch Hilfsmittel, um an die Daten zu gelangen. So ist das ja bei Google auch. Eine Suche wird angeboten, um die Daten für Werbezwecke zu nutzen. Das, was wir eigentlich für die Dienstleistung halten, ist nur das Nebenprodukt. Ich bin gespannt, welche Services wir demnächst noch so alles umsonst nutzen werden können, wenn wir unsere Daten preisgeben. Gesundheitsdienstleistungen? Da bieten Krankenkassen ja schon die ersten Rabattmodelle an. Bei vielen anderen Produkten wissen wir gar nicht, dass die eigentlich Geschäftsmodelle auf Daten beruhen. So ist z.b. die Musikerkennungs-Software-Shazam besonders für Musikproduzenten interessant, weil sie aus den Daten ablesen können, welche Stücke gerade besonders oft und gerne gehört werden.

Ich bin auf jeden Fall gespannt, wann ich die ersten chinesischen Leihfahrräder in Berlin sehen werde. Angekündigt ist das ja schon. Und wann Situation vor Berliner Ampeln so ist wie auf den China -Bildern der 70er Jahre, 100 Fahrradfahrer vor der Ampel, und kein Auto weit und breit.

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