Freitag, 8. September 2017

Bundestagswshl 2017 und Innovationspolitik

In zwei Wochen sind schon Bundestagswahlen, und dafür ist es seltsam ruhig in diesem Land. Die großen Debatten sind mehr oder weniger ausgeblieben, das Kanzlerduell im Fernsehen hat sich weitgehend als Konsensgekuschel entpuppt. Ein paar Konflikte gibt es zur Außenpolitik (Stichwort Türkei) oder zur Sozialpolitik (Reichensteuer, Renteneintrittsalter), in den meisten Politikfeldern aber herrscht der große Konsens. Für eine gute Politik muss das nicht schlecht sein, wenn die entscheidenden Parteien am selben Strang ziehen, und das auch noch in dieselbe Richtung. Kurz vor einer Wahl allerdings macht es die Entscheidung für eine der Parteien nicht gerade einfacher.

Die Forschungs- und Innovationspolitik ist hierfür ein typisches Beispiel. Seit vielen Jahren sind sich die Parteien des Deutschen Bundestages weitgehend einig, dass das Politikfeld wichtig ist und z.B. zusätzlicher Mittel bedarf. Im Detail gibt es Unterschiede, aber im Grundsatz wird die Innovationspolitik von allen mitgetragen.

Aber halt, ein paar Anhaltspunkte gibt es vielleicht doch, um auch dieses Politikfeld als Ausgangspunkt für die Entscheidungsfindung vor der Wahl zu nutzen? In Anlehnung an den Wahl-oMat haben findige Geister ein Pendant im Bereich der Wissenschaftspolitik gebaut. Der Science-o-Mat hat die Wahlprogramme der wichtigsten Parteien ausgewertet und hilft bei der Suche nach "meiner" Partei. Tatsächlich gibt es Unterschiede bei den Fragen nach Tierversuchen, Gentechnik oder Dieselverbot, aber ein bisschen gemogelt ist es schon. Das sind nicht die großen Forschungs- oder Innovationspolitik Fragen, die hier durchgearbeitet werden.

Und ein paar Fehler haben sich auch hineingeschlichen. So lautet eine der Aussagen, zu denen man sich verhalten soll: "Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollten bis 2025 in Deutschland einen höheren Anteil am Bruttoinlandsproduktes (BIP) erzielen als im Rest der Welt." Das wären dann weit über 4%, über dem Wert von Südkorea. Hierfür tritt keine der Bundestagsparteien ein, es wäre auch vollkommen unrealistisch. Im Moment scheint der Konsens eher auf 3,5% hinauszulaufen, und auch das ist schon sehr ehrgeizig.

Auch hier wieder: der große Konsens. Und wohl eher zum Wohle des Landes. Deutlich wird das, wenn man z.B. den Blick des Auslands auf das deutsche Wissenschafts- und Innovationssystem einnimmt. Hier werden ganz andere Akzente gesetzt. Die amerikanische Wissenschaftszeitschrift Nature spricht sich z.B in einem Editorial für die Wahl Angela Merkels aus, da sie eine starke Wissenschafts- und Forschungspolitik betrieben habe, so berichtet zumindest das Wochenblatt die Zeit. Das muss man im Ergebnis nicht teilen, zeigt aber eher die großen Linien der Forschungs- und Innovationspolitik der letzten 10 Jahre auf.

Aber irgendwie ist so ein großer Konsens auch langweilig. So spricht sich die Zeit in einem anderen Artikel für eine mutige, vor allem aber innovative Politik selbst aus. Der Autor Uwe Jean Heuser beschreibt in dem Artikel "Bitte mehr Wumms" zunächst das langweilige Kanzlerduett (pardon: -duell) und beklagt dann, dass in den Wahlkämpfen "das Progressive, der neue Weltentwurf, ein sichtbarer Anlauf zur Verbesserung der durchaus verbesserungswürdige Welt" fehle. Er leitet dann über, dass es durchaus neue Möglichkeiten gibt, soziale Veränderungen herbeizuführen, durch die Nutzung neuer Daten und Technologien und sozialer Innovationen. Als herausragendes Beispiel für einen solchen Ansatz sieht er den britischen Thinktank Nesta, die "Innovationsstiftung". Tatsächlich ist Nesta sicher einer der ideenreichsten Akteure des britischen Innovationssystems, und dazu noch ein Akteur, der seinen Auftrag wahrlich global sieht. Entsprechend sind auch die Beispiele von Uwe Jean Heuser international gewählt, wie das Projekt in Südkorea. Ob Großbritannien aber als großes Vorbild für die deutsche Innovationspolitik taucht, da habe ich meine Zweifel. Zwar haben es die Briten im diesjährigen European Innovation Scoreboard tatsächlich in die Spitzengruppe geschafft, insgesamt scheint das deutsche Innovationssystem aber doch deutlich stärker zu sein. Und was die Wissenschaftslandschaft angeht, so sind natürlich hervorragende Universitäten zu nennen, aber in der Breite musste das britische Wissenschaftssystem deutliche Kürzungen in den letzten Jahren hinnehmen, das hat auch Deutschland für britische Wissenschaftler ziemlich attraktiv gemacht. Und jetzt kommt noch der Brexit, da werden die Prognosen dann ganz dunkel.

Zurück zum deutschen Bundestagswahlkampf. Worüber man natürlich immer spekulieren kann, ist das Personal. Und dementsprechend präsentierte die Zeit in ihrer neuen Ausgabe mögliche Kandidaten für die Spitze des BMBF. Die unterscheiden sich nach Partei Herkunft und individuellen Karriereoptionen, aber auch hier wieder nicht nach inhaltlichen Unterschieden.

Damit bleibt das Fazit, dass die Bundestagswahl 2017 aus Sicht der Forschungs- und Innovationspolitik nicht gerade weichenstellend sein wird. Das ist aber auch ganz beruhigend denkt man an andere Abstimmung in der letzten 12 Monate in anderen Weltgegenden...

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