Die neue chinesische Staatsführung hat die weitere Urbanisierung Chinas als wichtiges Ziel erklärt. Außerdem will sie den Weg eines möglichst grünen Wachstums weitergehen, allein schon um die wachsende Unruhe der städtischen Bevölkerung über die massive Umweltverschmutzung der Städte aufzugreifen. Hierbei möchte China auch verstärkt mit europäischen Partnerländern zusammenarbeiten, die sich dem Thema Stadt und "Green Growth" ebenfalls, wenn auch mit komplett anderer Ausgangslage, gegenübersehen.
Deutschland und China kooperieren seit einiger Zeit im Bereich der Urbanisierung und haben mehrere gemeinsame Projekte begonnen. Auch die EU ist ein wichtiger Partner Chinas bei entsprechenden Projekten, die Zusammenarbeit wurde erst kürzlich bekräftigt und ausgebaut. Beim letzten europäisch-chinesischen Gipfeltreffen wurden neue Initiativen verkündet, ein Urbanisierungsforum begleitete den Gipfel.
Das Beijing-Humboldt Kolleg 2013 zum Thema "Green Economy and Urbanization", das Ende November 2013 stattfand, präsentierte unter anderem Forschungsergebnisse zur Energiewende in Deutschland.
Neue Technologien und Innovationen werden sicher eine wichtige Rolle spielen, um die Probleme der wachsenden chinesischen Städte in den Griff zu bekommen. "Smart Cities" werden aber nicht nur auf neuen Technologien, sondern auch auf verändertem Verhalten aufbauen müssen. Ob Car-Sharing in China eine Chance hat, wurde zum Beispiel erst jüngst sehr kontrovers diskutiert. Die verstärkte Urbanisierung wird auch den Druck in Richtung einer effektiveren Umweltpolitik erhöhen, wie erst vor kurzem eine Studie von Accenture und der chinesischen Akademie der Wissenschaft beschrieben hat.
Der Economist hatte bereits vor einiger Zeit einen großen Artikeln zu "Smart Cities" veröffentlicht und nun mit einer seiner Debates Anfang Dezember die Frage gestellt, ob das Konzept nur ein leeres Hypethema ist (die Mehrheit der Teilnehmer stimmte dafür, das smart cities kein leeres Hypethema ist...). Auf jeden Fall werden die smarten Städte in China und Deutschland für ihre Intelligenz smarte digitale Vernetzungen brauchen, die heute schon entwickelt werden müssen. Die hierfür dringend benötigten Startups entstehen in Deutschland wie in China zurzeit mit erhöhter Dynamik. Ein aktueller Artikel, der sich mit der Startup-Szene in Peking beschäftigt, fragt sogar, ob das chinesische Silicon Valley sein namensgebendes Vorbild bereits überholt hat. Für die smarte Stadt der Zukunft wäre das eher ein positives Signal...
P.S.: In einem Artikel skizzieren auch die VDI-Nachrichten aktuell die Anstrengungen Chinas zur Entwicklung von "Öko-Städten" und der Kooperation mit Deutschland in diesem Feld. Und auch Großbritannien verstärkt die Kooperation mit China im Bereich der grünen Städte, wie dieser Artikel zeigt.
P.P.S. Hier und hier noch zwei neue Artikel zum Thema Grünes Bauen im Chin.:
Seiten
▼
Sonntag, 29. Dezember 2013
Dienstag, 24. Dezember 2013
Google Roboter
Kurz vor Weihnachten schaffte es Google noch einmal in die deutschen Medien - mit seiner Roboter-Offensive (hier die Artikel von Zeit, Süddeutsche und FAZ). Sieben auf Robotik spezialisierte Firmen hat Google binnen kurzem erworben, und den Erfinder des Smartphone Systems Android, Andy Rubin, mit der Leitung der neuen Konzernsparte betraut. Der spricht von einem langfristigen Engagement und lässt die Ziele der neuen Google-Aktivität noch etwas im ungefähren. Herstellung von Elektronikprodukten, also Manufacturing, oder doch Handel (also Amazons Dronenansatz?), oder doch humanoide Roboter für ganz andere Anwendungen? Rubin vergleicht das Engagement des Software-Riesen mit den Aktivitäten rund ums autonome Fahren. Hier setzte Google auf einen Trend, der nun auch bei allen großen Automobilkonzernen angekommen ist. Mit Boston Dynamics ist übrigens auch ein Hersteller im neuen Google Portfolio, der vor allem über seine militärischen Prototypen von sich Reden machte (hier ein Video von WildCat, hier eins von BigDog, die Verwendung niedlicher Tiernamen für Kriegsgerät hat ja auch in Deutschland eine lange Tradition). Bei einem aktuellen Darpa-Robotik-Wettbewerb zeigt ein anderer Google-Neuling, Schaft auf Japan, dass er die Konkurrenz locker in die Tasche steckt (hier der Bericht von Spiegel Online). Die Kommentatoren wetten aber insgesamt eher auf eine Strategie, die auf die industrielle Fertigung zielt, hier wären dann auch deutsche Unternehmen wie Kuka direkt betroffen von einem sehr mächtigen Quereinsteiger.
Sonntag, 22. Dezember 2013
Innovative China
Vor einer Woche landete der Jadeshase, das erste chinesische Mondfahrzeug, auf dem Mond und löste in China Begeisterungsstürme aus. Die Landung wurde auch international stark diskutiert. Handelt es sich einfach nur um eine gute PR-Show der neuen Parteiführung oder ist sie der Beweis für die technologische Leistungsfähigkeit Chinas? Felix Lee beschrieb in seinem China-Blog recht anschaulich, dass China mit der Mondlandung insbesondere seine Fähigkeiten unter Beweis stellt, in der Luft- und Raumfahrt Spitzentechnologie zu entwickeln und mit den etablierten Technologienationen aus Europa und Amerika gleichzuziehen.
Im Schienenbereich hat China das bereits geschafft. Ebenfalls im ZEIT China-Blog wird Anfang Dezember geschildert, wie China heute seine Hochgeschwindigkeitszüge in alle Welt verkauft. Da deutsche Patente genutzt werden, verdienen auch Firmen wie Siemens und Bombardier.
Der Beitrag zeigt auch, wo neben technologischer Stärke ein wesentliches Erfolgsmoment des chinesischen Exports teurer Hochtechnologie liegt - im Finanzierungsmodell. Aufgrund ihrer riesigen Finanzreserven können die Chinesen die Anschaffung vorfinanzieren. Mit diesem neuen Geschäftmodell werden die traditionellen Technologienationen kaum mithalten können. Staatliche Kredite an Drittstaaten sind zwar auch in westlichen Ländern immer wieder genutzt worden, um heimischen Unternehmen den Markt international zu erschließen. In Zeiten knapper Kassen sind die Ressourcen hier allerdings höchst beschränkt.
Die chinesischen Geldreserven werden nicht nur für Finanzierungsmodelle zur Absatzstärkung genutzt, sondern auch ganz direkt, um in ausländische Unternehmen zu investieren. Hierzu gab es in den letzten Jahren in Deutschland immer wieder aufgeregte Artikel, diese Rolle war man in Deutschland nicht gewöhnt. Inzwischen hat sich diese Aufregung etwas gelegt, Erfolgsbeispiele wie der Fall Putzmeister haben die Gemüter etwas beruhigt, in Deutschland kann man mittlerweile sogar drüber lachen, wie der Film Global Player zeigt. Mal funktioniert es, mal nicht so richtig.
Bei allen Erfolgen ist China noch immer nicht vergleichbar mit den westlichen Industrieländern. China ist ein Schwellenland, der wirtschaftliche Aufstieg geht mit wachsender Ungleichheit einher, der Gini-Koeffizient wächst. Die Weltbank hat aktuell eine Studie zu Inclusive Innovation in China veröffentlicht, in der sie auf diese Gefahren hinweist und Handlungsempfehlungen für die Innovationsstrategie Chinas formuliert. Es bleibt spannend.
Im Schienenbereich hat China das bereits geschafft. Ebenfalls im ZEIT China-Blog wird Anfang Dezember geschildert, wie China heute seine Hochgeschwindigkeitszüge in alle Welt verkauft. Da deutsche Patente genutzt werden, verdienen auch Firmen wie Siemens und Bombardier.
Der Beitrag zeigt auch, wo neben technologischer Stärke ein wesentliches Erfolgsmoment des chinesischen Exports teurer Hochtechnologie liegt - im Finanzierungsmodell. Aufgrund ihrer riesigen Finanzreserven können die Chinesen die Anschaffung vorfinanzieren. Mit diesem neuen Geschäftmodell werden die traditionellen Technologienationen kaum mithalten können. Staatliche Kredite an Drittstaaten sind zwar auch in westlichen Ländern immer wieder genutzt worden, um heimischen Unternehmen den Markt international zu erschließen. In Zeiten knapper Kassen sind die Ressourcen hier allerdings höchst beschränkt.
Die chinesischen Geldreserven werden nicht nur für Finanzierungsmodelle zur Absatzstärkung genutzt, sondern auch ganz direkt, um in ausländische Unternehmen zu investieren. Hierzu gab es in den letzten Jahren in Deutschland immer wieder aufgeregte Artikel, diese Rolle war man in Deutschland nicht gewöhnt. Inzwischen hat sich diese Aufregung etwas gelegt, Erfolgsbeispiele wie der Fall Putzmeister haben die Gemüter etwas beruhigt, in Deutschland kann man mittlerweile sogar drüber lachen, wie der Film Global Player zeigt. Mal funktioniert es, mal nicht so richtig.
Bei allen Erfolgen ist China noch immer nicht vergleichbar mit den westlichen Industrieländern. China ist ein Schwellenland, der wirtschaftliche Aufstieg geht mit wachsender Ungleichheit einher, der Gini-Koeffizient wächst. Die Weltbank hat aktuell eine Studie zu Inclusive Innovation in China veröffentlicht, in der sie auf diese Gefahren hinweist und Handlungsempfehlungen für die Innovationsstrategie Chinas formuliert. Es bleibt spannend.
Sonntag, 15. Dezember 2013
Innovationspolitik 2014
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, in Berlin haben die Partner
der großen Koalition die Posten verteilt. Zeit für einen mutigen Ausblick, was
das Jahr 2014 für die Innovationspolitik bringen wird. Drei große Trends
scheinen mir recht wahrscheinlich zu sein: die Innovationspolitik wird
europäischer, internationaler und digitaler.
Im Dezember sind die finalen Entscheidungen für das große
neue Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der EU gefallen. Das
Budget wurde deutlich aufgestockt, der Fokus auf die Wirtschaft erweitert.
Schon heute sind deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen sehr
erfolgreich in Brüssel, dieser Erfolg dürfte sich eher noch verstärken und der
Druck daheim zunehmen, Forschungsprojekte mit europäischem Geld zu finanzieren.
Die große Koalition hat sich zum 3%-Ziel bekannt, welches Deutschland aber
schon jetzt erreicht hat. Vor diesem Hintergrund wird ein weiterer Anstieg des
nationalen Forschungsbudgets nur schwer gegenüber den Haushältern durchzusetzen
sein, eine alternative Finanzierung durch Brüssel also attraktiver. Auf der
anderen Seite sind viele Wettbewerber um die Forschungsförderung in Europa
zurzeit durch die Krise geschwächt. Einige Länder haben ihre Forschungsausgaben
eher zurückgefahren und damit ihr Forschungs- und Innovationssystem nachhaltig
geschwächt. Das letzte Innovation Union Scoreboard machte diesen Trend schon deutlich. Und zu guter Letzt wird die Strukturförderung jetzt auch stärker
auch Innovation ausgerichtet, der schon heute zu etwa 1/4 auf Innovationspolitik ausgerichtet ist.
Die internationale Ausrichtung deutscher Innovationsakteure
wird sich aber nicht nur auf den engeren europäischen Raum beschränken.
Wertschöpfungsketten und Forschungsvorhaben werden zunehmend in globalen
Netzwerken realisiert. Bislang zeigt sich Deutschland in vielen Indikatoren als
ausgesprochen national, aber diese Selbstbezogenheit könnte sich jetzt mit mehr
Dynamik ändern. Der weltweite Trend hin zu internationalen Ko-Publikationen, der ein guter Indikator für eine wachsende internationale Arbeitsteilung der Forschung ist, wird auch für Deutschland weiter ansteigen. Auch ausländische Direktinvestitionen werden weiter ansteigen, interessant wird sein, wie z,B. Partnern aus China verstärkt in deutsche Forschung investieren. Schließlich wird auch der Trend anhalten, dass Deutschland sich weiter öffnet für ausländische Akademiker, die dann auch in Deutschland bleiben. Die akademischen "Flüchtlinge" der Wirtschaftskrise Südeuropas, aber auch die wachsende Zahl asiatischer Studierender sind wohl ein erster Anzeichen.
Schließlich wird auch die flächendeckende Digitalisierung
aller Prozess der deutschen Innovationslandschaft diese ziemlich umkrempeln. Open Access und
Open Science werden durch die neue Regierung in Berlin weiter gefördert,
Crowdsourcing und Crowdfunding wird die Umsetzung innovativer Ideen in Produkte
stärken. In Horizont 2020 wird Open Access für geförderte Forschung verpflichten sein, die Bundesregierung plant laut Koalitionsvertrag eine nationale Strategie und ein entsprechendes Förderprogramm. Forscher vernetzen sich zunehmend über Portale wie ResearchGate. Industrie 4.0 ist ebenfalls ein Thema des Koalitionsvertrags und damit auch der nächsten Legislaturperiode ein Schwerpunkt der Innovationspolitik.
P.S. Als Lesetip für den Jahresauftakt hier noch der Links zu NESTAs Vorhersagen für 2014, einschließlich eines selbstkritischen Kommentars zur Treffsicherheit der letztjährigen Vorhersagen...
P.S. Als Lesetip für den Jahresauftakt hier noch der Links zu NESTAs Vorhersagen für 2014, einschließlich eines selbstkritischen Kommentars zur Treffsicherheit der letztjährigen Vorhersagen...
Donnerstag, 12. Dezember 2013
Updates
Die Zukunft holt ihre Voraussage manchmal schneller ein als gedacht. Hatte ich vor einem Monat noch begeistert vom neuen Roman "The Circle" geschrieben, so scheinen manche utopischen Aspekte schneller in der Gegenwart anzukommen als befürchtet. Im Circle arbeitete der allmächtige Internetgigant der nahen Zukunft unter anderem an einer Social-Network basierten Verbrechersuche. Nach einem aktuellen Artikel bei GOLEM, will auch die deutsche Polizei nun verstärkt auf Facebook-Fahndung setzen . Noch mit großer Zurückhaltung, ohne Einschränkung von Persönlichkeitsrechten und ohne "Hexenjagten" zu provozieren. Aber der Schritt geht in die Richtung der vor kurzem noch fiktiven Zukunft.
Auch die digitale Schulbuchreform kommt vielleicht schneller als gedacht und in meinem letzten Blog als zaghafter Versuch beschrieben. Die neue große Koalition hat jetzt in ihrem Koalitionsvertrag ein explizites Bekenntnis zu digitalen Lehrmaterialen abgegeben. Naht das Ende der Schulbuchverlage? So schnell sicher nicht, aber auch hier werden die Trippelschritte raumgreifender.
Auch die digitale Schulbuchreform kommt vielleicht schneller als gedacht und in meinem letzten Blog als zaghafter Versuch beschrieben. Die neue große Koalition hat jetzt in ihrem Koalitionsvertrag ein explizites Bekenntnis zu digitalen Lehrmaterialen abgegeben. Naht das Ende der Schulbuchverlage? So schnell sicher nicht, aber auch hier werden die Trippelschritte raumgreifender.
Sonntag, 24. November 2013
Digitale Bildungsrevolution?
In der letzten Woche berichtete die Zeit in ihrer gedruckten Ausgabe vom neuen Berliner Startup Schulbuch-O-Mat, nachdem sie bereits Ende 2012 erstmals auf ihrer Internetseite dazu schrieb. Die beiden Gründer Hans Hellfried Wedenig und Heiko Przyhodnik wollen in Deutschland eine neue Schulbuchkultur etablieren, die es so bislang nur in anderen Ländern gab. Nach dem Vorbild von Crowdsourcing-Plattformen wie Wkipedia wollen mit Hilfe von Gleichgesinnten ein digitales Schulbuch für Biologie und dann auch weitere Schulbücher für andere Klassen angehen. Ihr erstes Werk, das Schulbuch Biologie 7./8. Klasse liegt jetzt zum Download vor. Bislang sind ja digitale Schulbücher weitgehend ein exklusiver Markt der etablierten Schulbuchverlage geblieben, die den Zugriff auf ihr Monopol den Scülern, Lehrern und Eltern nur gegen Einwurf kleiner Münze gestatteten. Kündigt sich jetzt eine digitale Revolution an, die mit der Götterdämmerung der gedruckten Lexika zu vergleichen ist und die etablierten Verlage hinwegspülen wird?
Wohl kaum, Wikipedia war in dieser Hinsicht sicher einzigartig, da hier eine einheitliche Plattform alle Energien der Crowd bündeln konnte. Der neue Berliner Ansatz könnte die Landschaft gleichwohl nachhaltig verändern. Leidensdruck dürfte insbesonder auf Seiten der Lehrer und Schüler schon da sein. Erstere suchen sich immer mehr digitale Unterrichtsinhalte weiterhin in mühsame Kleinarbeit der Eigenrecherche zusammen. Auch Plattformen wie der Bildungsserver Berlin-Brandenburg ändern das nicht wirklich. Und Schüler schleppen jeden Morgen gefühlte Tonnen an Schulbüchern in ihren Ranzen durch die Gegend, während sie nachmittags immer häufiger für ihre Privatlektüre auf Ebooks und Tablets zurückgreifen. Hans Hellfried Wedenig und Heiko Przyhodnik haben auch schon erste Aktivitäten in Richtung Kulturveränderung gestartet und zu Schulbuch-Hacking-Tagen aufgerufen, auf denen sie insbesondere Schüler anregen und anleiten wollen, neue Inhalte zum wachsenden digitalen Schulbuch selbst zu formulieren.
Interessant ist auch die Finanzierung des Schulbuchprojekts. Hinter dem Schulbuch steht kein Geschäftsmodell, der Zugang soll ja gerade frei sein. Dennoch müssen natürlich Kosten refinanziert werde. Die Gründer haben ihr Geld erfolgreich auf der Crwodfunding-Plattrom Startnext gesammelt, einer Plattform, die vor allem kulturelle Projekte, aber auch soziale Innovationen umfasst. Gerade für Projekte, die nach Mittmachern suchen, ist eine Finanzierung über Startnext oder vergleichbare Plattformen ein doppelter Gewinn, da sie Geld und ideelle Unterstützung einwerben.
In der eingangs genannten Printausgabe der Zeit, in der zuletzt der Artikel zu Schulbuch-O-Mat erschien, war auf der nächsten Seite übrigens auch ein Artikel zur digitalen Hochschule (MOOCs etc.) zu lesen. Auch hier sind noch Quasi-Monopolisten - die Universitäten - am Werke. Vielleicht sehen wir auch hier demnächst neue Bündnisse, vielleicht tun sich ja die Hochschuldozenten eines Faches universitätsübergreifend zusammen und bündeln ihr Wissen und ihren Input zu gemeinsamen Angeboten für Studenten.
Im September fand in Berlin übrigens die erste deutsche Open Educational Ressources -Konferenz statt, über die die Werkstadt bpb und der Wikimedi-Blog der Macher von Wikipedia berichtete und die zum Beispiel einen Vergleich der Schulsituation und Deutschland und Großbritannien oder auch Beiträge zur Finanzierung umfasste.
Wohl kaum, Wikipedia war in dieser Hinsicht sicher einzigartig, da hier eine einheitliche Plattform alle Energien der Crowd bündeln konnte. Der neue Berliner Ansatz könnte die Landschaft gleichwohl nachhaltig verändern. Leidensdruck dürfte insbesonder auf Seiten der Lehrer und Schüler schon da sein. Erstere suchen sich immer mehr digitale Unterrichtsinhalte weiterhin in mühsame Kleinarbeit der Eigenrecherche zusammen. Auch Plattformen wie der Bildungsserver Berlin-Brandenburg ändern das nicht wirklich. Und Schüler schleppen jeden Morgen gefühlte Tonnen an Schulbüchern in ihren Ranzen durch die Gegend, während sie nachmittags immer häufiger für ihre Privatlektüre auf Ebooks und Tablets zurückgreifen. Hans Hellfried Wedenig und Heiko Przyhodnik haben auch schon erste Aktivitäten in Richtung Kulturveränderung gestartet und zu Schulbuch-Hacking-Tagen aufgerufen, auf denen sie insbesondere Schüler anregen und anleiten wollen, neue Inhalte zum wachsenden digitalen Schulbuch selbst zu formulieren.
Interessant ist auch die Finanzierung des Schulbuchprojekts. Hinter dem Schulbuch steht kein Geschäftsmodell, der Zugang soll ja gerade frei sein. Dennoch müssen natürlich Kosten refinanziert werde. Die Gründer haben ihr Geld erfolgreich auf der Crwodfunding-Plattrom Startnext gesammelt, einer Plattform, die vor allem kulturelle Projekte, aber auch soziale Innovationen umfasst. Gerade für Projekte, die nach Mittmachern suchen, ist eine Finanzierung über Startnext oder vergleichbare Plattformen ein doppelter Gewinn, da sie Geld und ideelle Unterstützung einwerben.
In der eingangs genannten Printausgabe der Zeit, in der zuletzt der Artikel zu Schulbuch-O-Mat erschien, war auf der nächsten Seite übrigens auch ein Artikel zur digitalen Hochschule (MOOCs etc.) zu lesen. Auch hier sind noch Quasi-Monopolisten - die Universitäten - am Werke. Vielleicht sehen wir auch hier demnächst neue Bündnisse, vielleicht tun sich ja die Hochschuldozenten eines Faches universitätsübergreifend zusammen und bündeln ihr Wissen und ihren Input zu gemeinsamen Angeboten für Studenten.
Im September fand in Berlin übrigens die erste deutsche Open Educational Ressources -Konferenz statt, über die die Werkstadt bpb und der Wikimedi-Blog der Macher von Wikipedia berichtete und die zum Beispiel einen Vergleich der Schulsituation und Deutschland und Großbritannien oder auch Beiträge zur Finanzierung umfasste.
Dienstag, 19. November 2013
The Circle und Foresight
Dave Eggers hat vor kurzem seinen neuen Roman "The Circle" herausgebracht (eine deutsche Ausgabe liegt noch nicht vor), in der er die Zukunft der Internetgiganten Gooogle, Facebook, Twitter und Co in einer herrlichen Dystopie beschreibt. Deutsche Rezensenten (z.B. der FAZ und der Süddeutschen) waren begeistert, und tatsächlich gelingt Eggers eine schöne Gradwanderung zwischen Science Fiktion und aktueller Gesellschaftskritik. Von der namensgebenden Firma und ihren neuen Features abgesehen spielt die Geschichte quasi in der Jetztzeit, Irakkrieg und Afghanistan sind auch den Romanfiguren aktueller politischer Hintergrund. Die allmächtige Internetfirma Circle hat die totale Transparenz zu ihrer Ideologie gemacht und beherrscht sie zunehmend technisch. Ihre Mitarbeiter sind die ersten, die den Segen und Fluch der Transparenzmanie erleben, aber auch die politische Landschaft wird erfolgreich bearbeitet. Laut Rezension der Süddeutschen reiht sich das Buch in einen wachsenden Chor an kritischen Intellektuellenäußerungen in den USA ein, für die mögliche soziale Folgen der neuesten Internettechnologien nicht nur erstrebenswert sind. Nach den ökonomischen Befürchtungen der Neo-Ludditen (siehe auch meinen Blogbeitrag hier) wachsen demnach sozialkritische Maschinenstürmer heran, die die Allmacht der Internetkonzerne sehr skeptisch sehen. In Europa wird man diese Skepsis nach den aktuellen NSA-Skandalen vermutlich eher teilen...
Letztlich reiht sich Eggers Roman aber ein in eine schöne Tradition der Science Fiction Literatur, die soziale Trends der Gegenwart, leicht verfremdet und zugespitzt, in einer nahen Zukunft auf den Punkt bringt. Einige der Technologien des Buchs scheinen auch gar nicht mehr so weit weg zu sein. Vielleicht lesen gerade die Entwickler von Google und Facebook die Technologiephantasien von Eggers mit großem Interesse und lassen sich eher anregen. Die Rolle des Science Fiction als Foresight-Instrument wäre nicht neu. Die Technology Review (und später auch die Süddeutsche) haben z.B. erst jüngst die Science-Fiction-Archiv in Wetzlar beschrieben, dass hieraus ein echtes Geschäftsmodell gemacht hat und den Blick in die Kristallkugel der Literatur an Unternehmen verkauft.
Zukunftsliteratur kann also zweifach die Zukunft mitbeeinflussen: als Ideengeber und als kritische Intervention gegenüber unerwünschten Entwicklungstrends. Ganz die Rolle, die das traditionelle Foresight letztlich auch übernimmt. Der Blick in die Zukunft ist kein Selbstzweck, sondern soll Handlungsanregungen für die Gegenwart bieten. Ein schönes und aktuelles Beispiel ist das Futurium der EU-Kommission, in dem aktuell (noch bis Ende November) 11 Zukünfte zur Wahl stehen. Der "hyperconnected human" ist übrigens auch mit dabei. Da schließt sich dann der Kreis zum Circle...
Letztlich reiht sich Eggers Roman aber ein in eine schöne Tradition der Science Fiction Literatur, die soziale Trends der Gegenwart, leicht verfremdet und zugespitzt, in einer nahen Zukunft auf den Punkt bringt. Einige der Technologien des Buchs scheinen auch gar nicht mehr so weit weg zu sein. Vielleicht lesen gerade die Entwickler von Google und Facebook die Technologiephantasien von Eggers mit großem Interesse und lassen sich eher anregen. Die Rolle des Science Fiction als Foresight-Instrument wäre nicht neu. Die Technology Review (und später auch die Süddeutsche) haben z.B. erst jüngst die Science-Fiction-Archiv in Wetzlar beschrieben, dass hieraus ein echtes Geschäftsmodell gemacht hat und den Blick in die Kristallkugel der Literatur an Unternehmen verkauft.
Zukunftsliteratur kann also zweifach die Zukunft mitbeeinflussen: als Ideengeber und als kritische Intervention gegenüber unerwünschten Entwicklungstrends. Ganz die Rolle, die das traditionelle Foresight letztlich auch übernimmt. Der Blick in die Zukunft ist kein Selbstzweck, sondern soll Handlungsanregungen für die Gegenwart bieten. Ein schönes und aktuelles Beispiel ist das Futurium der EU-Kommission, in dem aktuell (noch bis Ende November) 11 Zukünfte zur Wahl stehen. Der "hyperconnected human" ist übrigens auch mit dabei. Da schließt sich dann der Kreis zum Circle...
Donnerstag, 7. November 2013
Hellsehende Roboter
Japanische Forscher haben nach folgender Meldung einen Roboter gebaut, der Menschen immer bei Schere, Stein und Papier schlägt. Das Wunder erklärt sich aus der enorm schnellen Wahrnehmungsfähigkeit des Roboters, der schon erste Muskelbewegungen richtig interpretiert und entsprechend handelt. Er ist uns also immer ein kleines Schrittchen voraus.
Noch schneller könnte ein solcher Roboter nur sein, wenn er unseren Entscheidungsprozess schon beim entstehen beobachten und interpretieren könnte. Tatsächlich haben Wissenschaftler schon seit längerem diejenige Stelle im Gehirn identifiziert und auslesen können, in der eine Entscheidung gespeichert ist, bevor sie in die Tat umgesetzt wird. Wenn jetzt noch der Zeitvorteil genutzt würde, der zwischen dem Treffen der Entscheidung und der Bewusstseinswerdung derselben liegt (dazu der klassische Aufbau im Libet-Experiment), müsste dann der Roboter nicht quasi unsere Handlungen voraussehen und entsprechend reagieren können, bevor wir es selbst merken?
Und wenn unser Roboter dann noch alle verfügbaren Informationen über uns auswerten und uns damit fast besser kennen würde als wir uns selbst (hier der Link zur notwendigen App), wäre das nicht echt unheimlich? Aber eigentlich geht es ja den eingangs erwähnten japanischen Forschern nur darum, schnelle Reaktionen von Maschinen zum Beispiel zur Unfallvermeidung zu demonstrieren und keine Monster zu bauen. Es drohen also keine allwissenden Maschinenzombis, zumindest nicht allzu bald. Halloween war ja auch schon vor einer Woche. Wir haben noch fast ein Jahr Zeit...
Noch schneller könnte ein solcher Roboter nur sein, wenn er unseren Entscheidungsprozess schon beim entstehen beobachten und interpretieren könnte. Tatsächlich haben Wissenschaftler schon seit längerem diejenige Stelle im Gehirn identifiziert und auslesen können, in der eine Entscheidung gespeichert ist, bevor sie in die Tat umgesetzt wird. Wenn jetzt noch der Zeitvorteil genutzt würde, der zwischen dem Treffen der Entscheidung und der Bewusstseinswerdung derselben liegt (dazu der klassische Aufbau im Libet-Experiment), müsste dann der Roboter nicht quasi unsere Handlungen voraussehen und entsprechend reagieren können, bevor wir es selbst merken?
Und wenn unser Roboter dann noch alle verfügbaren Informationen über uns auswerten und uns damit fast besser kennen würde als wir uns selbst (hier der Link zur notwendigen App), wäre das nicht echt unheimlich? Aber eigentlich geht es ja den eingangs erwähnten japanischen Forschern nur darum, schnelle Reaktionen von Maschinen zum Beispiel zur Unfallvermeidung zu demonstrieren und keine Monster zu bauen. Es drohen also keine allwissenden Maschinenzombis, zumindest nicht allzu bald. Halloween war ja auch schon vor einer Woche. Wir haben noch fast ein Jahr Zeit...
Montag, 4. November 2013
Technologie, Produktivität und Arbeitsplätze
Die Bundesagentur für Arbeit hat letzte Woche ein neues Prognoseinstrument vorgestellt, mit der sie die Arbeitsmarktentwicklung der nächsten drei Monate abschätzen möchte. Es handelt sich dabei nicht um elaborierte oder abgedrehte Instrumente wie in der Wahlforschung (siehe auch meinen Blogbeitrag vom 6, September), sondern um eine eher schnöde Befragung der regionalen Agenturleiter. Die aktuelle Voraussage progonstiziert eine "Seitwärtsbewegung", mit anderen Worten, alles bleibt ungefähr so wie heute.
Spannender wäre sicher eine etwas langfristigere Voraussage. Angesichts des demographischen Wandels sprechen einige Forscher von einem drohenden zukünftigen Mangel an Arbeitskräften, dem es jetzt schon vorzubeugen gilt, durch eine forcierte Zuwanderung, durch Qualifizierungsmaßnahmen und durch eine Erschließung der stillen Reserve. Auch eine weitere Steigerung der Produktivität durch weiteren Technologieeinsatz, durch Rationalisierung und Automatisierung könnte uns vor dem wirtschaftlichen Kollaps aufgrund des demographischen Wandels bewahren.
Ganz anders wird zurzeit der Arbeitsmarkteffekt neuer Technologien in den USA diskutiert, die allerdings auch eher aus einer Krisenperspektive auf das Thema schauen. Diverse Wirtschaftswissenschaftler und Journalisten mahnen hier, dass uns die schöne neue Welt der Technologie langfristig alle Arbeit wegnehmen wird. Selbst die Kopfarbeit wird auf lange Sicht von intelligenten Systemen übernommen werden. Die Diskussion in den USA zusammengefasst und aus innovationsökonomischer Sicht äußerst kritisch kommentiert hat erst im September ITIF, ein innovationspolitischer Think-Tank aus Washington, in einem sehr lesenswerten Beitrag.
Die Diskussion kommt langsam auch in Deutschland an, allerdings mit einem deutlich ausgewogeneren Zungenschlag. Vor zwei Wochen erschien ein Buch von Constanze Kurz und Frank Rieger ("Arbeitsfrei"), in dem sie am Beispiele der Wertschöpfungskette vom Korn zum Brötchen die Folgen der Automatisierung der letzten hundert Jahre skizzieren und einen Blick in die Zukunft wagen (Rezensionen finden sich hier und hier). In dieser Zukunft werden noch mehr Menschen und ihre Arbeit durch Maschinen und Computer ersetzt, andere finden aber auch genau dadurch neue Arbeitsplätze.
Ob unterm Strich und auf lange Sicht das Rennen gegen die Maschinen gewonnen werden kann oder nicht, dafür brauchen wir dann vielleicht doch die Glaskugel statt der Kollegen von der Arbeitsagentur.
Spannender wäre sicher eine etwas langfristigere Voraussage. Angesichts des demographischen Wandels sprechen einige Forscher von einem drohenden zukünftigen Mangel an Arbeitskräften, dem es jetzt schon vorzubeugen gilt, durch eine forcierte Zuwanderung, durch Qualifizierungsmaßnahmen und durch eine Erschließung der stillen Reserve. Auch eine weitere Steigerung der Produktivität durch weiteren Technologieeinsatz, durch Rationalisierung und Automatisierung könnte uns vor dem wirtschaftlichen Kollaps aufgrund des demographischen Wandels bewahren.
Ganz anders wird zurzeit der Arbeitsmarkteffekt neuer Technologien in den USA diskutiert, die allerdings auch eher aus einer Krisenperspektive auf das Thema schauen. Diverse Wirtschaftswissenschaftler und Journalisten mahnen hier, dass uns die schöne neue Welt der Technologie langfristig alle Arbeit wegnehmen wird. Selbst die Kopfarbeit wird auf lange Sicht von intelligenten Systemen übernommen werden. Die Diskussion in den USA zusammengefasst und aus innovationsökonomischer Sicht äußerst kritisch kommentiert hat erst im September ITIF, ein innovationspolitischer Think-Tank aus Washington, in einem sehr lesenswerten Beitrag.
Die Diskussion kommt langsam auch in Deutschland an, allerdings mit einem deutlich ausgewogeneren Zungenschlag. Vor zwei Wochen erschien ein Buch von Constanze Kurz und Frank Rieger ("Arbeitsfrei"), in dem sie am Beispiele der Wertschöpfungskette vom Korn zum Brötchen die Folgen der Automatisierung der letzten hundert Jahre skizzieren und einen Blick in die Zukunft wagen (Rezensionen finden sich hier und hier). In dieser Zukunft werden noch mehr Menschen und ihre Arbeit durch Maschinen und Computer ersetzt, andere finden aber auch genau dadurch neue Arbeitsplätze.
Ob unterm Strich und auf lange Sicht das Rennen gegen die Maschinen gewonnen werden kann oder nicht, dafür brauchen wir dann vielleicht doch die Glaskugel statt der Kollegen von der Arbeitsagentur.
Donnerstag, 26. September 2013
flat world, 3dprinting und Internet
2005 veröffentlichte Thomas Friedmann einen Bestseller mit dem Buch "the world is flat", in dem er unter anderem die Auswirkungen neuer Technologien - insbesondere con Computer und Internet - auf die Weltwirtschaft beschrieb und als Treiber der Globalisierung bewertete. Das Konzept einer flachen Welt wurde in den darauffolgenden Jahren durchaus kritisch diskutiert (zum Beispiel hier oder von der OECD in einem Bericht von 2011 zu regionaler Politik hier). Als Zwischenfazit der Diskussion lasst sich festhalten, das die Internet-Revolution tatsächlich "demokratisierend" wirkte, indem sie den Zugang zur Ressource Wissen verbilligte und so für viele Weltregionen auch die Kosten eines aufholenden Wettbewerbs senkte.
Eine Reihe ganz materieller, an Ressourcen, Infrastruktur und Arbeitskosten geknüpfte Faktoren führen aber weiterhin zu einer ungleichen Verteilung von Einfluss und Wirtschaftskraft . Die Welt wird zwischen den Nationalstaaten flacher, innerhalb der Nationalstaaten bleiben die Ungleichgewichte aber bestehen oder werden sogar größer.
Auf der "materiellen" Ebene der Produktion könnte nun eine neue technische Innovation nivellierend wirken: 3D Printing. Ein aktueller Artikel des Economist umreist die potenziell weltverändernde Wirkung des 3D Printing anhand aktueller Beispiele. Viele Unternehmen setzen 3D Printing heute ergänzend zu traditioneller industrieller Fertigung ein. Gleichzeitig nutzen Schwellenländer wie China die Vorteile des 3D Printing in großem Maßstab (der aktuell größte 3D Printer steht heute in China), um Hochtechnologie zum Beispiel im Flugzeugbau preiswert zu fertigen.
Der Artikel des Economist verneint die zunächst postulierte Wirkung von 3D Printing, die Relevanz des Produktionsfaktors Arbeit zu reduzieren und damit zu einer Renaissance der traditonellen Fertigungsstandorte in den westlichen Industrieländern beizutragen. Zumindest Beschäftigungsaufbau in größerem Maßstab sei nicht zu erwarten, da Arbeit hierzulande immer noch vergleichsweise teuer bleibt.
Fertigung wird durch 3D Printing effizienter und kostengünstiger. Wenn die sich Technologie weiter verbreiter, werden viele Regionen potenziell davon profitieren können. Vielleicht wirkt der dann einsetzende nivellierende Trend diesmal zugunsten der alten Industrienationen - vielleicht auch nicht.
Eine Reihe ganz materieller, an Ressourcen, Infrastruktur und Arbeitskosten geknüpfte Faktoren führen aber weiterhin zu einer ungleichen Verteilung von Einfluss und Wirtschaftskraft . Die Welt wird zwischen den Nationalstaaten flacher, innerhalb der Nationalstaaten bleiben die Ungleichgewichte aber bestehen oder werden sogar größer.
Auf der "materiellen" Ebene der Produktion könnte nun eine neue technische Innovation nivellierend wirken: 3D Printing. Ein aktueller Artikel des Economist umreist die potenziell weltverändernde Wirkung des 3D Printing anhand aktueller Beispiele. Viele Unternehmen setzen 3D Printing heute ergänzend zu traditioneller industrieller Fertigung ein. Gleichzeitig nutzen Schwellenländer wie China die Vorteile des 3D Printing in großem Maßstab (der aktuell größte 3D Printer steht heute in China), um Hochtechnologie zum Beispiel im Flugzeugbau preiswert zu fertigen.
Der Artikel des Economist verneint die zunächst postulierte Wirkung von 3D Printing, die Relevanz des Produktionsfaktors Arbeit zu reduzieren und damit zu einer Renaissance der traditonellen Fertigungsstandorte in den westlichen Industrieländern beizutragen. Zumindest Beschäftigungsaufbau in größerem Maßstab sei nicht zu erwarten, da Arbeit hierzulande immer noch vergleichsweise teuer bleibt.
Fertigung wird durch 3D Printing effizienter und kostengünstiger. Wenn die sich Technologie weiter verbreiter, werden viele Regionen potenziell davon profitieren können. Vielleicht wirkt der dann einsetzende nivellierende Trend diesmal zugunsten der alten Industrienationen - vielleicht auch nicht.
Sonntag, 15. September 2013
systems innovation vs. entrepreneurial state
Vor zwei Wochen hat der Economist in seinem Blog Schumpeter über das (bereits vor einiger Zeit verfasste - aber erst jetzt erschienene) Buch "The Entrepreneurial State" von Mariana Mazzucato berichtet. Zentrale These von Frau Mazzucato ist, dass der Staat eine wichtige Rolle im Innovationssystem spielt, weil er langfristige, grundlagenorientierte Forschung finanziert, die privatwirtschaftlichen Unternehmen zu risikohaft ist. Frau Mazzucato würzt ihr Buch mit vielen Beispielen wie GPS, der Google-Suchalgorythmus und Sprachtechnologie, die aufgrund staatlicher Forschung entstanden, und erst sehr viel später in privatwirtschaftlich entwickelten Produkten zu erfolgen wurden.
Vor dem Hintergrund der angelsächsischen Auseinandersetzung um die Rolle des Staates allgemein argumentiert das Buch zurecht zugunsten einer wichtigen Funktion staatlicher Intervention im Innovationssystem. Der liberale Economist lässt es sich nicht nehmen, auch auf die weniger erfolgreichen Episoden staatlichen Interventionismus zu verweisen, zum Beispiel auf die vielen vergeblichen Versuche, ein Silicon Valley von oben aus dem Boden zu stampfen, oder auf das "leuchtende Vorbild" eine intervenierenden Staates wie Japan, dass gerade in den letzten Jahren deutlich entzaubert wurde. Gleichwohl konzediert auch der Economist, dass Frau Mazzucato eine wichtige Rolle des Staates angesprochen hat, die insbesondere vor dem Hintergrund angespannter Staatshaushalte nicht in Vergessenheit geraten darf. Nur staatliche Interventionen garantieren eine langfristige Perspektive, die über kurzfristig Gewinnerwartungen hinausgehen. Schon jetzt ist absehbar, dass der Graben zwischen den reicheren, noch weiter in FuE investierenden und den ärmeren, ihre Innovationsausgaben reduzierenden Staaten breiter wird.
Eine ganz andere Rolle des Staates hat NESTA in einem Diskussionspapier vom Januar 2013 angesprochen, dass mit Systems Innovation betitelt ist. Hier geht es um systemische Veränderungsprozesse, die auch von innovationspolitischen Erfolgen - neuen Produkten und Dienstleistungen - beeinflusst sind. Innovationspolitik ist zunehmend nicht allein von technischen Innovationen, sondern von gesellschaftlichen Herausforderungen getrieben, zu deren Bewältigung FuE-Politik beitragen kann. In Deutschland hat die Hightech-Strategie der Bundesregierung diesen Weg verfolgt. Die sogenannten Zukunftsprojekte der Hightech-Strategie sollen dazu dienen, Innovationsprozesse auf solche Themen zu fokussieren, in denen gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel zu bewältigen sind. Der Staat hat in solchen Vorhaben eine eher vermittelnden, moderierende Funktion in systemischen Veränderungsprozessen. Die OECD untersucht die entsprechenden Herausforderungen und ersten Erfahrungen seit 2012 in einem aktuellen Projekt zu "Systems Innovation". Ein erster Bericht ist für die zweite Hälfte 2014 zu erwarten.
Vor dem Hintergrund der angelsächsischen Auseinandersetzung um die Rolle des Staates allgemein argumentiert das Buch zurecht zugunsten einer wichtigen Funktion staatlicher Intervention im Innovationssystem. Der liberale Economist lässt es sich nicht nehmen, auch auf die weniger erfolgreichen Episoden staatlichen Interventionismus zu verweisen, zum Beispiel auf die vielen vergeblichen Versuche, ein Silicon Valley von oben aus dem Boden zu stampfen, oder auf das "leuchtende Vorbild" eine intervenierenden Staates wie Japan, dass gerade in den letzten Jahren deutlich entzaubert wurde. Gleichwohl konzediert auch der Economist, dass Frau Mazzucato eine wichtige Rolle des Staates angesprochen hat, die insbesondere vor dem Hintergrund angespannter Staatshaushalte nicht in Vergessenheit geraten darf. Nur staatliche Interventionen garantieren eine langfristige Perspektive, die über kurzfristig Gewinnerwartungen hinausgehen. Schon jetzt ist absehbar, dass der Graben zwischen den reicheren, noch weiter in FuE investierenden und den ärmeren, ihre Innovationsausgaben reduzierenden Staaten breiter wird.
Eine ganz andere Rolle des Staates hat NESTA in einem Diskussionspapier vom Januar 2013 angesprochen, dass mit Systems Innovation betitelt ist. Hier geht es um systemische Veränderungsprozesse, die auch von innovationspolitischen Erfolgen - neuen Produkten und Dienstleistungen - beeinflusst sind. Innovationspolitik ist zunehmend nicht allein von technischen Innovationen, sondern von gesellschaftlichen Herausforderungen getrieben, zu deren Bewältigung FuE-Politik beitragen kann. In Deutschland hat die Hightech-Strategie der Bundesregierung diesen Weg verfolgt. Die sogenannten Zukunftsprojekte der Hightech-Strategie sollen dazu dienen, Innovationsprozesse auf solche Themen zu fokussieren, in denen gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel zu bewältigen sind. Der Staat hat in solchen Vorhaben eine eher vermittelnden, moderierende Funktion in systemischen Veränderungsprozessen. Die OECD untersucht die entsprechenden Herausforderungen und ersten Erfahrungen seit 2012 in einem aktuellen Projekt zu "Systems Innovation". Ein erster Bericht ist für die zweite Hälfte 2014 zu erwarten.
Freitag, 6. September 2013
Bundestagswahl und Wahlforschung
Nur noch zwei Woche bis zur Bundestagswahl, da ist die Spannung ob der drohenden Wahlergebnisse für manchen kaum noch auszuhalten. Innovative Ansätze verkürzen uns die Wartezeit und versprechen schon heute die Ergebnisse von Übermorgen. Entweder ganz altmodisch auf Umfragedaten basierend (die aktuellesten aggregierten Daten finden sich zum Beispiel beim Economis oder in der Onlineausgabe der Süddeutschen, interessanterweise für den 5.9. (letzte verfügbare Ergebnisse) mit entscheidend abweichenden Ergebnissen zu einer schwarz-gelben Mehrheit), oder auch mit ganz neuen und abgefahrenden Ansätzen. Ein Artikel der Süddeutschen von Anfang August stellt eine Reihe neuer Prognoseinstrumente vor, zum Beispiel den
Wahl-O-Meter oder auch die Wahlwette. Eine Übersicht übersogenannte Prognosemärkte findet sich bei PollyVote. Auch ein Video der Onlineausgabe der ZEIT stellt neue Progonseinstrumente vor. Neu im Angebot hat die Süddeutsche seit kurzem einen Trendmonitor der Parteien für Sozial Media. Immer wieder spannend sind auch die statistischen Modelle, so z.B. ein neues statistisches Modell von Mark Kayser und Arndt Leininger und ein weiteres Modell von von Thomas Gschwend und Helmut Norpoth. Ein kombiniertes Modell ist PollyVote von der LMU München, welches ganz unterschiedliche Prognoseansätze zu einem gesamtmodell verbindet.
So richtig schlau wird man aus den ganzen Modellen aber auch nicht: Mark Kayser und Arndt Leininger berechnen einen Sieg der aktuellen Koalition mit 47,5%, Thomas Gschwend und Helmut Norpoth berechnen einen schwarz-gelben Sieg mit 49,7%, PollyVote sieht Schwarz-Gelb bei 45,5% und damit auch kanpp in der Mehrheit, bildet aber auch gnz gut die Bandbreite der Einschätzungen der verschiedenen Prognoseansätze ab. Es wird also vermutlich hauchdünn für Schwarz-Gelb, da werden dann auch Überhangmandate etc. eine wichtige Rolle spielen, womit wir mit unserer neugier so weit wie zuvor wären.
Das ZDF bricht mit einer Tradition und veröffentlicht Umfragedaten noch drei Tage vor der Wahl, was aber auf das Wahlverhalten Einfluss haben könnte oder auch nicht. Sind dann damit die oben genannten Prognosen hinfällig, wenn die (öffentliche) Beobachtung das beobachtete Objekt selbst verändert? Oder ist das sowieso alles Kaffesatzleserei? Weiß wenigesten der NSA, was wir wählen? Ich bleibe verwirrt, daher zum Abschluss noch ein Cartoonistischer Kommentar aus dem Spiegel zur Verlässlichkeit von (Wahl-) Statistiken...
Update:
Ein Blogbeitrag von Blick Log wagt heute noch einmal eine aktuelle Prognose und lob dabei Wahlbörsen als aussagekräftigstes Vorhersageinstrument. Interessant auch die früheren Blogartikel von Blick Log zum sogenannten Social Forecasting. Zur Bayernwahl kam allerdings auf ein eher schlechtes Abschneiden der Wahlbörsen
Wahl-O-Meter oder auch die Wahlwette. Eine Übersicht übersogenannte Prognosemärkte findet sich bei PollyVote. Auch ein Video der Onlineausgabe der ZEIT stellt neue Progonseinstrumente vor. Neu im Angebot hat die Süddeutsche seit kurzem einen Trendmonitor der Parteien für Sozial Media. Immer wieder spannend sind auch die statistischen Modelle, so z.B. ein neues statistisches Modell von Mark Kayser und Arndt Leininger und ein weiteres Modell von von Thomas Gschwend und Helmut Norpoth. Ein kombiniertes Modell ist PollyVote von der LMU München, welches ganz unterschiedliche Prognoseansätze zu einem gesamtmodell verbindet.
So richtig schlau wird man aus den ganzen Modellen aber auch nicht: Mark Kayser und Arndt Leininger berechnen einen Sieg der aktuellen Koalition mit 47,5%, Thomas Gschwend und Helmut Norpoth berechnen einen schwarz-gelben Sieg mit 49,7%, PollyVote sieht Schwarz-Gelb bei 45,5% und damit auch kanpp in der Mehrheit, bildet aber auch gnz gut die Bandbreite der Einschätzungen der verschiedenen Prognoseansätze ab. Es wird also vermutlich hauchdünn für Schwarz-Gelb, da werden dann auch Überhangmandate etc. eine wichtige Rolle spielen, womit wir mit unserer neugier so weit wie zuvor wären.
Das ZDF bricht mit einer Tradition und veröffentlicht Umfragedaten noch drei Tage vor der Wahl, was aber auf das Wahlverhalten Einfluss haben könnte oder auch nicht. Sind dann damit die oben genannten Prognosen hinfällig, wenn die (öffentliche) Beobachtung das beobachtete Objekt selbst verändert? Oder ist das sowieso alles Kaffesatzleserei? Weiß wenigesten der NSA, was wir wählen? Ich bleibe verwirrt, daher zum Abschluss noch ein Cartoonistischer Kommentar aus dem Spiegel zur Verlässlichkeit von (Wahl-) Statistiken...
Update:
Ein Blogbeitrag von Blick Log wagt heute noch einmal eine aktuelle Prognose und lob dabei Wahlbörsen als aussagekräftigstes Vorhersageinstrument. Interessant auch die früheren Blogartikel von Blick Log zum sogenannten Social Forecasting. Zur Bayernwahl kam allerdings auf ein eher schlechtes Abschneiden der Wahlbörsen
Donnerstag, 29. August 2013
Singularität
Massive Open Online Courses (MOOCs) sind zurzeit ein herrliches Modethema. Sie werden als gute Ergänzung zum klassischen "analogen" Lehrbetrieb gesehen (zum Beispiel ein Artikel in der ZEIT vom Juni), sie werden als mögliche Bedrohung wahrgnommen (MOOCs bedrohen kleinere US-Unis), oder auch als Geschäftsidee (MOOCs als Gründungsidee für Deutschland). Ganz aktuell wirbt zum beispiel das Hasso-Plattner Institut für sein Online-Angebot (Großer Erfolg des Hasso-Plattner Instituts). Aber eigentlich spielen sie noch keine Rolle.
Grundidee der MOOCs ist es, digitale Medien zu nutzen, um eine möglichst breite Onlinegemeinde an Lerneneden mit seinem Lehrangebot zu beglücken. Damit eröffenn sich ganz neue Gelegenheiten für Lernende, an sehr renomierten Hochschulen Kurse zu besuchen und Abschluss zu machen. Und für die Universitäten gibt es - so die Beführworter - die schöne Hoffnung, viel zusätzliches Geld zu machen.
Irgendjemand muss die ganzen Abschlüsse allerdings auch abnehmen, muss die Klausuren bewerten und die Aufsätze lesen. Mit automatisierten Multiple-Choice Test kommt man da - insbesondere in den Sozial- und Geisteswissenschaften - nicht immer weiter. Bei der sehr großen Zahl an Teilnehmern ist die individuelle Bewertung eine echte Herausforderung. In den USA, dem Mutterland der MOOCs, wird nun die automatische Benotung von Aufsätzen durch ein Computersystem ausprobiert, wie in einem aktuellen Beitrag des Deutschlandfunk beschrieben wird. Dabei ist das Vorgehen zweigleisig. Zum einen benoten sich die Lernenden als "Crowd" gegenseitig, zum anderen bewertet ein Computeralgorythmus und gleicht seine Note mit derjenigen der menschlichen Bewerter ab. Noch ist dieses System relativ "dumm", es lernt aber von der Crowd. Im Artikel wird aber auch gleich deutlich gemacht, dass sich Nutzer und Kommentatoren durchaus die Frage stellen, wie sie das System am besten betrügen können. Je länger der Aufsatz, je mehr Zitate, desto besser werden die Noten...
Lernprozesse im Anwendungsfeld Bildung sind für IKT-basierte Systeme keine Seltenheit mehr. Gerade bei Sprachtechnologie kommen Crowd-basierte Ansätze zu Einsatz, wie zum Beispiel ein Artikel zu Duolingo in BRAND EINS zeigt. Textcorpora wurden in der Sprachtechnologie schon lange genutzt, Systemlernen ebenfalls, wenn z.B. Spracherkennung vom Nutzer trainiert und so die Erkenngenauigkeit verbessert wurde. Auch bei Suchmaschienen spielen "lernende" Systeme eine immer größere Rolle, wenn zum Beispiel Suchallgorythmus unsere Vorlieben kennen lernen (über die Vor- und Nachteile habe ich bereits früher gebloggt).
Interessant wird diese Entwicklung, wenn man die lernenden Systeme weiter denkt und das Konzept der MOOCs und der "automatischen" Benotung auf die Spitze treibt. Irgendwann sind die Systeme so schlau, dass man Menschen (außer als Lernende, als Kursteilnehmer) kaum noch braucht. Wenn Menschen die künstliche Intelligenz nicht mehr betrügen können, dann ist vielleicht der Moment der Singularität gekommen. Das wäre so etwas wie ein umgekehrter Turing-Test. Dazu passt eine Meldung aus Japan, in der ein alternativer Turing Test (der sogenannte Tokyo-Test) KI-Systeme in Aufnahmeprüfungen einer berümten japanischen Universität schicken. Sollten sie diesen bestehen, wären sie wirklich intelligent. Sollten sie diesen Test kontrollieren, wären sie es womöglich auch. oder ist da möglicherweise gar kein Unterschied?
Donnerstag, 22. August 2013
Wissenschaft vs. Politikberatung
Liegt es daran, dass Wahlkampf ist in Deutschland? Die Rolle der Wissenschaft in der Politikberatung ist zumindest wieder in der Diskussion, seit die ZEIT die Rolle der Auftragsforschung thematisiert, als Aufmacher mit einem provokanten Kaninchenpärchen in eindeutiger Pose. Die unterschwellige Botschaft war: die Wissenschaft prostitutiert sich für Politik und Wirtschaft und liefert Gefälligkeitsgutachten.
Nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes scheint es tatsächlich für jedes politische Statement ein passendes wissenschaftliches Gutachten (und das entsprechende Gegengutachten zu geben). Die Zeit argumentierte in ihrem Artikel insbesondere strukturell und prangerte Stiftungsprofessuren und ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse an. In einer Replik in der FAZ vom 14.8. argumentierte hingegen Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband, dass das Verhältnis von Grundfinanzierung und Drittmitteln ausbalanciert sei und Stiftungsprofessuren nur einen sehr kleinen Teil der Hochschullandschaft ausmachten.
Von einer anderesn Seite her näherte sich dann die ZEIT in einem Onlineartikel vom 18.8. erneut dem Thema, diesmal mit einem Interview mit dem Armutsforscher Ernst-Ulrich Huster, der von seinen Erfahrungen bei der Erarbeitung von Auftragsstudien für die Politik berichtete. Grundsätzlich verteidigte er die Auftragsforschung, die einen notwendigen Beitrag in der wissenschaftlichen Politikberatung spielt. Er schilderte aber auch, wie durch die Auswahl der richtigen Datenquelle, der passenden Beobachtungszeitraumes oder der geeigneten Interviewpartner Daten und Aussagen generiert werden, die mehr oder weniger die jeweiluige politische Botschaft stützen.
Die Berlin-Branendburgische Akademie der Wissenschaften hatte sich in einem Projekt bereits zwischen 2004 und 2008 ausführlich mit dem Thema und der Problematik der wissenschaftlichen Politikberatung aueinandergesetzt. Ziel des Projektes war es, einen Leitfaden mit Kriterien „guter Politikberatung“ sowie weitergehende konkrete Vorschläge für gesetzliche Regelungen zu erarbeiten.
Letztlich geht es um die Grundlagen einer evidenzbasierten Politikgestaltung, die auf wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnissen über die Gestaltungsräume und Wirkungen politischen handlens basieren soll. Hierzu gehören Regeln zu einer qualifizierten, möglichst objektiven Politikberatung ebenso wie die Fähigkeit der Politikgestalter, entsprechenden rat zu suchen und zu verwerten. Die EU hatte ein eigenes Forschungsprojekt initiert, um die Politik bei der Nutzung von wissenschaftlichen Egebnissen für die Politikgestaltung mit geeigneten Tools zu unterstützen.
Für die breite Öffentlichkeit bleibt allerdings allzu oft die verwirrende Tatsache, das sich wiedersprechende Aussagen von entsprechenden wissenschaftlichen Gutachten und Studien belegt werden. Nicht weit ist dann zum vermeindlichen Churchill-Zitat von den Statistiken, denen er nur glaube, wenn man sie auch selbst gefälscht habe. Das Zitat ist nicht echt, es belegt eher das Vorurteil gegenüber dem Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen im politischen Raum als das tatsächliche Handeln. Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel...
Nachtrag:
Mittlerweile ist ein interessanter Blogbeitrag erschienen, der sich mit den Wirtschaftswissenschaften und Politikberatung auseinandersetzt. Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ja ein durchaus naheliegendes Thema. Eine Studie hatte gezeigt, dass Spitzenforschung und Politikberatung in den Wirtschaftswissenschaften in der Regel eher nicht zusammenfallen...
Nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes scheint es tatsächlich für jedes politische Statement ein passendes wissenschaftliches Gutachten (und das entsprechende Gegengutachten zu geben). Die Zeit argumentierte in ihrem Artikel insbesondere strukturell und prangerte Stiftungsprofessuren und ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse an. In einer Replik in der FAZ vom 14.8. argumentierte hingegen Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband, dass das Verhältnis von Grundfinanzierung und Drittmitteln ausbalanciert sei und Stiftungsprofessuren nur einen sehr kleinen Teil der Hochschullandschaft ausmachten.
Von einer anderesn Seite her näherte sich dann die ZEIT in einem Onlineartikel vom 18.8. erneut dem Thema, diesmal mit einem Interview mit dem Armutsforscher Ernst-Ulrich Huster, der von seinen Erfahrungen bei der Erarbeitung von Auftragsstudien für die Politik berichtete. Grundsätzlich verteidigte er die Auftragsforschung, die einen notwendigen Beitrag in der wissenschaftlichen Politikberatung spielt. Er schilderte aber auch, wie durch die Auswahl der richtigen Datenquelle, der passenden Beobachtungszeitraumes oder der geeigneten Interviewpartner Daten und Aussagen generiert werden, die mehr oder weniger die jeweiluige politische Botschaft stützen.
Die Berlin-Branendburgische Akademie der Wissenschaften hatte sich in einem Projekt bereits zwischen 2004 und 2008 ausführlich mit dem Thema und der Problematik der wissenschaftlichen Politikberatung aueinandergesetzt. Ziel des Projektes war es, einen Leitfaden mit Kriterien „guter Politikberatung“ sowie weitergehende konkrete Vorschläge für gesetzliche Regelungen zu erarbeiten.
Letztlich geht es um die Grundlagen einer evidenzbasierten Politikgestaltung, die auf wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnissen über die Gestaltungsräume und Wirkungen politischen handlens basieren soll. Hierzu gehören Regeln zu einer qualifizierten, möglichst objektiven Politikberatung ebenso wie die Fähigkeit der Politikgestalter, entsprechenden rat zu suchen und zu verwerten. Die EU hatte ein eigenes Forschungsprojekt initiert, um die Politik bei der Nutzung von wissenschaftlichen Egebnissen für die Politikgestaltung mit geeigneten Tools zu unterstützen.
Für die breite Öffentlichkeit bleibt allerdings allzu oft die verwirrende Tatsache, das sich wiedersprechende Aussagen von entsprechenden wissenschaftlichen Gutachten und Studien belegt werden. Nicht weit ist dann zum vermeindlichen Churchill-Zitat von den Statistiken, denen er nur glaube, wenn man sie auch selbst gefälscht habe. Das Zitat ist nicht echt, es belegt eher das Vorurteil gegenüber dem Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen im politischen Raum als das tatsächliche Handeln. Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel...
Nachtrag:
Mittlerweile ist ein interessanter Blogbeitrag erschienen, der sich mit den Wirtschaftswissenschaften und Politikberatung auseinandersetzt. Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ja ein durchaus naheliegendes Thema. Eine Studie hatte gezeigt, dass Spitzenforschung und Politikberatung in den Wirtschaftswissenschaften in der Regel eher nicht zusammenfallen...
Dienstag, 6. August 2013
Frankenburger und soylent green
Gestern erschienen die ersten Meldungen über künstliches Fleisch, das - aus Muskelzellen auf der Petrischale gewachsen - als Burger in London der staunenden Öffentlichkeit präsentiert wurde. Das Medienecho war eher geteilt, britische Medien sprachen unter anderem vom Frankenburger. Teil der Meldung - vielleicht sogar der Anlass für das große Medieninteresse - war die Mitfinanzierung des Projekts durch Google-Gründer Sergey Brin, sozusagen der Brückenheilige der Innovation.
Ernährung ist ja ein durchaus interessantes Feld der Innovation mit weitreichenden Folgen. Napoleon lobte einstmals einen Preis für neue Konservierungsmethoden aus und belegte damit die Wichtigkeit des Themas für die Kriegsführung. Natürlich spielten Ernährungsfragen auch immer schon für die Gesundheitsfürsorge eine zentrale Rolle - heute sucht die Lebensmittelindustrie diese "natürliche" Funktion mit functional food weiter zu bedienen. Ohne Kühlschrank und Kühlkette wäre der Welthandel mit Lebensmitteln in der heutigen Form nicht denkbar.
Insgesamt sind echte Nahrungsmittelinnovationen aber eher selten, eigentlich essen wir doch weitgehend das selbe wie unsere Großeltern. Der Anteil der Innovationsausgaben am Branchenumsatz betrug in der Lebensmittelindustrie zuletzt nur magere 1,4%. Vielleicht hatte die Molekularküche ja nur aus Mangel an echten Innovationen so einen durchschlagenden Erfolg - wenn auch nicht in jedermanns Küche (zu umständlich und Geräte-intensiv), aber doch in der Gourmetliteratur.
Auch andere Lebensmittelforschung auf der Suche nach dem Ersatz für das blutige Steak adaptiert eher Essgewohnheiten, die andernorts nicht neu sind. Insekten als Eiweißlieferanten sind uns Mitteleuropäern weiterhin fremd, in Afrika und Asien aber keineswegs exotisch. Aber auch bei dieser Innovation liegt der Teufel scheinbar im Detail....
Auf jeden Fall sind Ernährungsinnovationen mit viel Emotionen belegt, wie das Essen ja insgesamt. Künstliche Lebensmittel wie die sprichwörtliche Astronautenkost standen einmal für die Zukunft schlechthin, künstliche Aromastoffe hingegen sind heute eher der Beweiß, dass nichts mehr so ist wie in der guten alten Zeit. Eine ganze Bio-Branche lebt davon, sich von der Alltagslebensmittelerzeugung abzusetzen.
Angesichts des eingangs geschilderten künstlichen Fleisches fragte der Guardian gleich, in welchem Land den eigentlich am meisten Fleisch gegessen wird. Deutschland zieht da gleichauf mit Großbritannien. Den Fleischkonsum hinterfragte jüngst. auch der Fleischatlas der Böll-Stiftung. Den Wahlkampf bereicherte Renate Kühnast gestern in der Bildzeitung mit der Forderung nach einem Veggy-Day. Da stellt sich schon die Frage, ob Vegetarier das künstliche Fleisch essen dürfen oder nicht - Tiere sterben deshalb auf jeden Fall nicht.
Dazu muss der Frankenburger aber erst einmal massenmarkttauglich sein, und das scheint noch etwas zu dauern. Ich muss bei dem Frankenburger dann doch an einen Klassiker der Filmgeschichte denken, nämlich an soylent green ...
Ernährung ist ja ein durchaus interessantes Feld der Innovation mit weitreichenden Folgen. Napoleon lobte einstmals einen Preis für neue Konservierungsmethoden aus und belegte damit die Wichtigkeit des Themas für die Kriegsführung. Natürlich spielten Ernährungsfragen auch immer schon für die Gesundheitsfürsorge eine zentrale Rolle - heute sucht die Lebensmittelindustrie diese "natürliche" Funktion mit functional food weiter zu bedienen. Ohne Kühlschrank und Kühlkette wäre der Welthandel mit Lebensmitteln in der heutigen Form nicht denkbar.
Insgesamt sind echte Nahrungsmittelinnovationen aber eher selten, eigentlich essen wir doch weitgehend das selbe wie unsere Großeltern. Der Anteil der Innovationsausgaben am Branchenumsatz betrug in der Lebensmittelindustrie zuletzt nur magere 1,4%. Vielleicht hatte die Molekularküche ja nur aus Mangel an echten Innovationen so einen durchschlagenden Erfolg - wenn auch nicht in jedermanns Küche (zu umständlich und Geräte-intensiv), aber doch in der Gourmetliteratur.
Auch andere Lebensmittelforschung auf der Suche nach dem Ersatz für das blutige Steak adaptiert eher Essgewohnheiten, die andernorts nicht neu sind. Insekten als Eiweißlieferanten sind uns Mitteleuropäern weiterhin fremd, in Afrika und Asien aber keineswegs exotisch. Aber auch bei dieser Innovation liegt der Teufel scheinbar im Detail....
Auf jeden Fall sind Ernährungsinnovationen mit viel Emotionen belegt, wie das Essen ja insgesamt. Künstliche Lebensmittel wie die sprichwörtliche Astronautenkost standen einmal für die Zukunft schlechthin, künstliche Aromastoffe hingegen sind heute eher der Beweiß, dass nichts mehr so ist wie in der guten alten Zeit. Eine ganze Bio-Branche lebt davon, sich von der Alltagslebensmittelerzeugung abzusetzen.
Angesichts des eingangs geschilderten künstlichen Fleisches fragte der Guardian gleich, in welchem Land den eigentlich am meisten Fleisch gegessen wird. Deutschland zieht da gleichauf mit Großbritannien. Den Fleischkonsum hinterfragte jüngst. auch der Fleischatlas der Böll-Stiftung. Den Wahlkampf bereicherte Renate Kühnast gestern in der Bildzeitung mit der Forderung nach einem Veggy-Day. Da stellt sich schon die Frage, ob Vegetarier das künstliche Fleisch essen dürfen oder nicht - Tiere sterben deshalb auf jeden Fall nicht.
Dazu muss der Frankenburger aber erst einmal massenmarkttauglich sein, und das scheint noch etwas zu dauern. Ich muss bei dem Frankenburger dann doch an einen Klassiker der Filmgeschichte denken, nämlich an soylent green ...
Montag, 8. Juli 2013
Kreative künstliche Intelligenz
Maschinen können immer mehr, erst ersetzten sie unsere Muskelkraft, dann nahmen sie uns stupide Rechenaufgaben ab, und bald werden sie die anspruchsvollen Dienstleistungsjobs unserer postindustriellen Gesellschaft übernehmen. So zumindest behauptet es Erik Brynjolfsson, wie ich schon in früheren Blogbeiträgen berichtet hatte. Computer spielen mittlerweile auch besser Schach und Rateshows, sind aber bei manchen Aufgaben, die echtes Verstehen notwendig machen, immer noch etwas unbeholfen. Die Sprachtechnologie zum Beispiel machte in den letzten Jahren schöne Fortschritte, immer noch ist es aber lustig, sich in mehreren Schleifen Texte automatisch übersetzen und rückübersetzen zu lassen. Die letzten Bastionen des menschlichen Geistes geraten aber zunehmend unter Druck.
Kunst und Kreativität sind solche Rückzugsgebiete der menschlichen Einzigartigkeit. Das Beispiel der Affen, die bei unendlicher Zeit auch einen Shakespeares-Text schreiben könnten (das sogenannte Infinite-Monkey Theorem) soll gerade zeigen, dass zwar zufällig Kopien von Kunst entstehen können, aber keine "echte Kunst. Der Deutschlandfunk hat zuletzt in einer Sendung zu kreativen Computern schöne Beispiele angeführt, die einen zumindest zweifeln lassen. DRadio Wissen hatte sich schon vor zwei Jahren mit dem Thema beschäftigt. Schon jetzt machen Computer ja Zeitungen (zumindest die Sportberichterstattung), werden wir bald also nicht mehr wissen, welchen Ursprungs die künstlerischen Schöpfungen in den Museen, Bühnen und Unterhaltungsmedien sind? Solange wir es nicht wahrnehmen, sollten wir dann von künstlicher kreativer Intelligenz ausgehen? Alan Turing hatte einen Test beschrieben, um künstliche Intelligenz zu identifizieren (eine schöne Diskussion hierzu findet sich hier). Vielleicht brauchen wir auch einen Turing-Kreativ-Test...
Kunst und Kreativität sind solche Rückzugsgebiete der menschlichen Einzigartigkeit. Das Beispiel der Affen, die bei unendlicher Zeit auch einen Shakespeares-Text schreiben könnten (das sogenannte Infinite-Monkey Theorem) soll gerade zeigen, dass zwar zufällig Kopien von Kunst entstehen können, aber keine "echte Kunst. Der Deutschlandfunk hat zuletzt in einer Sendung zu kreativen Computern schöne Beispiele angeführt, die einen zumindest zweifeln lassen. DRadio Wissen hatte sich schon vor zwei Jahren mit dem Thema beschäftigt. Schon jetzt machen Computer ja Zeitungen (zumindest die Sportberichterstattung), werden wir bald also nicht mehr wissen, welchen Ursprungs die künstlerischen Schöpfungen in den Museen, Bühnen und Unterhaltungsmedien sind? Solange wir es nicht wahrnehmen, sollten wir dann von künstlicher kreativer Intelligenz ausgehen? Alan Turing hatte einen Test beschrieben, um künstliche Intelligenz zu identifizieren (eine schöne Diskussion hierzu findet sich hier). Vielleicht brauchen wir auch einen Turing-Kreativ-Test...
Donnerstag, 20. Juni 2013
disruptive technologies
Zu disruptiven Technologien hat McKinsey im Mai eine neue Studie vorgestellt. 10 Technologien werden vorgestellt, die auf kurz oder lang zu ökonomischen Umbrüchen führen könnten. Vom mobilen Internet und dem sogenannten Internet der Dinge bis zum autonomen Fahren, 3D Printing und Erneuerbaren Energien ist so ziemlich alles aufgeführt, was heute schon (fast) auf dem Markt erhältlich und heiß diskutiert wird. Echte Überraschungen sind also kaum zu erwarten, gleichwohl beeindrucken die Zahlen, mit denen McKinsey die wirtschaftlichen Effekte dieser technologien und damit ihren disruptiven Chakter unterstreicht. Das Konzept der disruptiven Technologien wurde vor allem durch die Publikationen von Clayton Christensen bekannt, in Deutschland hat sich jüngst der BDI dieser Terminologie bedient, um in seiner Studie Deutschland 2030 - Zukunftsperspektiven der Wertschöpfung Anfang 2012 technologiepolitische Strategien zu skizzieren.
Die McKinsey-Studie wiederum wurde vom Economist in seiner Schumpeter-Kolumne aufgegriffen, um einen der betrachteten Technologietrends etwas gegen den Strich zu bürsten. Für die Automatisierung der Wissensarbeit sieht McKinsey mit den größten wirtschaftlichen Effekt, da bis 2025 bis zu 140 Millionen Arbeitsplätze durch intelligente IKT ersetzt werden könnten. Die Rationalisierungsprozesse der Industrie würden sich damit auf die Wissensarbeit ausbreiten, mit ungeahnten Folgen. Während McKinsey vor allem die positiven Effekte (neue, preiswerte Wissensdienstleistungen, aufqualifizierung der verbleibenden und neu geschaffenen Arbeitsplätze) herausstellt, verweist der Economist zurecht auf die zunächst dramatischen Folgen und nimmt besonders bezug auf die Veröffentlichung von Erik Brynjolfsson and Andrew McAfee (Race Against the Machine, 2011). Den beiden Autoren geht es um ein Rennen, das die Menschheit gegen immer schlauere Maschinen antritt, und das wir - wenn wir uns nicht aufqualifizieren - möglicherweise auch verlieren könnten. Was natürlich nur übetragen gemeint ist ...
Die McKinsey-Studie wiederum wurde vom Economist in seiner Schumpeter-Kolumne aufgegriffen, um einen der betrachteten Technologietrends etwas gegen den Strich zu bürsten. Für die Automatisierung der Wissensarbeit sieht McKinsey mit den größten wirtschaftlichen Effekt, da bis 2025 bis zu 140 Millionen Arbeitsplätze durch intelligente IKT ersetzt werden könnten. Die Rationalisierungsprozesse der Industrie würden sich damit auf die Wissensarbeit ausbreiten, mit ungeahnten Folgen. Während McKinsey vor allem die positiven Effekte (neue, preiswerte Wissensdienstleistungen, aufqualifizierung der verbleibenden und neu geschaffenen Arbeitsplätze) herausstellt, verweist der Economist zurecht auf die zunächst dramatischen Folgen und nimmt besonders bezug auf die Veröffentlichung von Erik Brynjolfsson and Andrew McAfee (Race Against the Machine, 2011). Den beiden Autoren geht es um ein Rennen, das die Menschheit gegen immer schlauere Maschinen antritt, und das wir - wenn wir uns nicht aufqualifizieren - möglicherweise auch verlieren könnten. Was natürlich nur übetragen gemeint ist ...
Mittwoch, 19. Juni 2013
Digital Divide per Suchalgorythmus
Der Tagesspiegel hat in seiner Printausgabe vom 15.6.2013 einen interessanten Artikel zu neuen Ansätzen der Preisgestaltung im Internet berichtet. Basierend auf der Auswertung von Userprofilen, Suchverhalten und darauf aufbauend soziodemographische Schlussfolgerungen, prüfen Onlinehändler angeblich die Einführung individueller Preise. Wer wohlhabend ist, bekommt andere Produkte und Preise angezeigt als vermeindlich ärmere Kunden.
Andere Artikel, z.B. bei heise oder bei businessweek, gehen diesem Phänomen unter der Bezeichung Weblining nach. Die Praxis, in den USA der 30er Jahre als Redlining für die Benachteiligung für Bewohner aus sozal schwächeren bezirken beschrieben, ist zwar nicht neu, mithilfe der umfangreichen sozioökonomischen und persönlichen Daten aus sozialen Netzwerken und Suchhistorien aber mit ganz neuen Konsequenzen zu nutzen. Digitale Spaltung würde dann heißen, dass die existierenedn sozialen Grenzen und Benachteiligungen auf das Netz übetrtagen und weiter verstärkt würden.
Auch Suchergebnisse hängen schon heute von der Suchhistorie ab. Je nachdem, was mich bislang interessierte, wird mir auch die neue Auswahl an Fundstellen vorkonfiguriert. Damit erhöht sich zwar die Chance, dass meine "Suchanfrage" vor dem Hintegrund meiner bnsherigen Suchhistorien besser gedeutet wird und die Ergebnisse häufig präziser sind, gleichzeitig werden so aber auch Pfadabhängigkeiten geschaffen und Tunnelblicke erzeugt.
Noch kann man die personalisierte Suche ausschalten. Ob das auch für die "personalisierte" Onlinepreisbildung gilt?
P.S. Anlässlich der aktuellen Diskussion um staatliches Ausspionieren (PRISM und ähnliches) gibt es natürlich manigfache Querbezüge. Die Technik des Datenzugangs mag unterschiedlich sein, die Herausforderung bei der Datenanalyse - die Erstellung des Nutzerprofils und die Voraussage seines weiteren handelns - sind vergleichbar.
P.P.S. Im Zusammenhang mit den Pfadabhängigkeiten von Suchanfragen sollte der Hinweis auf Eli Pariser und seine "filter bubbles" nicht fehlen, die er im TED TALK und auf einer eigenen Webseite zu seinem Buch anschaulich dargestellt hat. Lesenswert auch ein Interview mit ihm in der Süddeutschen.
Andere Artikel, z.B. bei heise oder bei businessweek, gehen diesem Phänomen unter der Bezeichung Weblining nach. Die Praxis, in den USA der 30er Jahre als Redlining für die Benachteiligung für Bewohner aus sozal schwächeren bezirken beschrieben, ist zwar nicht neu, mithilfe der umfangreichen sozioökonomischen und persönlichen Daten aus sozialen Netzwerken und Suchhistorien aber mit ganz neuen Konsequenzen zu nutzen. Digitale Spaltung würde dann heißen, dass die existierenedn sozialen Grenzen und Benachteiligungen auf das Netz übetrtagen und weiter verstärkt würden.
Auch Suchergebnisse hängen schon heute von der Suchhistorie ab. Je nachdem, was mich bislang interessierte, wird mir auch die neue Auswahl an Fundstellen vorkonfiguriert. Damit erhöht sich zwar die Chance, dass meine "Suchanfrage" vor dem Hintegrund meiner bnsherigen Suchhistorien besser gedeutet wird und die Ergebnisse häufig präziser sind, gleichzeitig werden so aber auch Pfadabhängigkeiten geschaffen und Tunnelblicke erzeugt.
Noch kann man die personalisierte Suche ausschalten. Ob das auch für die "personalisierte" Onlinepreisbildung gilt?
P.S. Anlässlich der aktuellen Diskussion um staatliches Ausspionieren (PRISM und ähnliches) gibt es natürlich manigfache Querbezüge. Die Technik des Datenzugangs mag unterschiedlich sein, die Herausforderung bei der Datenanalyse - die Erstellung des Nutzerprofils und die Voraussage seines weiteren handelns - sind vergleichbar.
P.P.S. Im Zusammenhang mit den Pfadabhängigkeiten von Suchanfragen sollte der Hinweis auf Eli Pariser und seine "filter bubbles" nicht fehlen, die er im TED TALK und auf einer eigenen Webseite zu seinem Buch anschaulich dargestellt hat. Lesenswert auch ein Interview mit ihm in der Süddeutschen.
Samstag, 15. Juni 2013
Quantify yourself und tierische Innovationen
Quantify Yourself - das messen aller verfügbaren Bewegungs- und Körperparameter - ist angeblich eine echte Szenebewegung, die notwendige Tools und Gadgets sind via Smartphone heute für jeden erschwinglich zu haben. Neueren Datums, zumindest in der Medienberichterstattung, ist die quantitative Erfassung unserer Liebsten, ob Katz oder Hund. Bei Übermorgen gibt es hierzu nun einen schönen Artikel, der die entsprechende App (und das zugehörige Halsband) kurz vorstellt. Die Leserbriefe verweisen dann unter andere auf einen Artikel der BBC zum Tracking von Katzen. Das ist eigentlich nichts anderes als die Wildtierforschung, die ausgewilderten Luchsen oder Wölfen entsprechende Halsbänder umhängt. Nur das die preiswerte Verfügbarkeit nun jedermann zum (Haus-) Tierforscher werden lässt.
Welch perverse Formen Citizen Science mit Tierenallerdings auch annehmen kann, zeigt ein anderer aktueller Artikel von Neuerdings. Hier werden Küchenschaben per eingepflanzter Hardware zu Cyborgs gemacht, zumindest verspricht das ein Kickstarter-Crowdfunding-Projekt. Das hier mit zweifelhaftem wissenschaftlichem Nutzen ethische Grenzen überschritten werden, macht der Artikel nur allzu deutlich. Und weist zurecht darauf hin, das auch hier tierschutzrechtliche Vorgaben greifen, die Tierversuche regeln (und manchmal auch verbieten!).
Wo Frankenstein bei der Haustieroptimierung grüßen lässt, halten wir uns doch lieben an die virtuelle Realität und schauen Frankenweenie.
Welch perverse Formen Citizen Science mit Tierenallerdings auch annehmen kann, zeigt ein anderer aktueller Artikel von Neuerdings. Hier werden Küchenschaben per eingepflanzter Hardware zu Cyborgs gemacht, zumindest verspricht das ein Kickstarter-Crowdfunding-Projekt. Das hier mit zweifelhaftem wissenschaftlichem Nutzen ethische Grenzen überschritten werden, macht der Artikel nur allzu deutlich. Und weist zurecht darauf hin, das auch hier tierschutzrechtliche Vorgaben greifen, die Tierversuche regeln (und manchmal auch verbieten!).
Wo Frankenstein bei der Haustieroptimierung grüßen lässt, halten wir uns doch lieben an die virtuelle Realität und schauen Frankenweenie.
Sonntag, 2. Juni 2013
Globalisierung und Innovation
Diese Woche besuchte der chinesische Ministerpräsidente Li Keqiang Deutschland . Zeitgleich intensivierte sich auf der Streit um Strafzölle auf Solarmodule aus China, da die EU-Kommission eine entsprechende Empfehlung formuliert hat. Die Fronten zu diesem Streit verlaufen quer durch die Branche. Während der deutsche Hersteller Solarworld das Antidumpingverfahren angestoßen hatte, sprechen sich andere Branchenvertreter auch aus Deutschland gegen Strafzölle aus, nicht zuletzt, weil sie mit Vorprodukten und Maschinen weiterhin gut in China verdienen. Europaweit haben sich diese Vertreter zum AFASE (Allianz für Bezahlbare Solarenergie) zusammengeschlossen und argumentieren, dass Strafzölle europaweit über 240.000 Arbeitsplätze gefährden könnten. Dabei rekurrieren sie explizit auf eine globale Arbeitsteilung, nach der Vorprodukte und Maschinen aus Europa kommen, andernorts zu Solarmodulen werden und dann in Europa wieder zu Anlagen auf den Dächern montiert werden.
Die Diskussion zeigt die Komplexität globaler Wertschöpfungsketten und Abhängigkeiten gut auf. Wo wird die Wertschöpfung eigentlich realisiert, welchen Anteil haben Vorprodukte, Maschinen und Installation? Einige Kommentatoren (hier zum Beispiel die FAZ) kommen zum Schluss, dass auch für den deutschen Arbeitsmarkt preiswerte - auch chinesische - Module wertvoller als die noch in Deutschland angesiedelten Produktionsstätten für Module selbst sind.
Diese Diskussion ist typisch für die globalen Wertschöpfungsketten, in die gerade exportorientierte Länder wie Deutschland besonders stark integriert sind. Und der Vernetzungsaspekt ist auch das Charakteristikum und der Treiber selbst der Globalisierung, nicht mehr vorrangig die preiswerten Transportkosten (siehe auch diesen Blogbeitrag hierzu). Zur Geschichte der Globalisierung hat übrigens die OECD gerade einen schönen Reader zusammengestellt, der die Phasen anhand vieler Beispiele sehr übersichtlich herausarbeitet. Und zum Thema Global Value Chains hat sie auch ein aktuelle Studie fertiggestellt.
Politik mit Schwerpunkt auf gesellschaftlichen Herausforderungen macht das ganze noch komplexer, weil sie ggf. auf konfligierende Prioritäten setzt. China muss schnell erneuerbare Energien marktfähig machen und ist dabei auf sinkende Preise angewiesen. Ein Handelsblattartikel führt dies beispielhaft aus. Auch Indien braucht z.B. billige Module für Umstieg auf erneuerbare Energien und nutzt die aktuellen Tiefstpreise (siehe zum Beispiel den Hinweis hier). Auch deshalb nennt sich der Verband AFASE trickreich nicht Verband der Vorproduktehersteller für Solarenergie, sondern Allianz für Bezahlbare Solarenergie...
Die Diskussion zeigt die Komplexität globaler Wertschöpfungsketten und Abhängigkeiten gut auf. Wo wird die Wertschöpfung eigentlich realisiert, welchen Anteil haben Vorprodukte, Maschinen und Installation? Einige Kommentatoren (hier zum Beispiel die FAZ) kommen zum Schluss, dass auch für den deutschen Arbeitsmarkt preiswerte - auch chinesische - Module wertvoller als die noch in Deutschland angesiedelten Produktionsstätten für Module selbst sind.
Diese Diskussion ist typisch für die globalen Wertschöpfungsketten, in die gerade exportorientierte Länder wie Deutschland besonders stark integriert sind. Und der Vernetzungsaspekt ist auch das Charakteristikum und der Treiber selbst der Globalisierung, nicht mehr vorrangig die preiswerten Transportkosten (siehe auch diesen Blogbeitrag hierzu). Zur Geschichte der Globalisierung hat übrigens die OECD gerade einen schönen Reader zusammengestellt, der die Phasen anhand vieler Beispiele sehr übersichtlich herausarbeitet. Und zum Thema Global Value Chains hat sie auch ein aktuelle Studie fertiggestellt.
Politik mit Schwerpunkt auf gesellschaftlichen Herausforderungen macht das ganze noch komplexer, weil sie ggf. auf konfligierende Prioritäten setzt. China muss schnell erneuerbare Energien marktfähig machen und ist dabei auf sinkende Preise angewiesen. Ein Handelsblattartikel führt dies beispielhaft aus. Auch Indien braucht z.B. billige Module für Umstieg auf erneuerbare Energien und nutzt die aktuellen Tiefstpreise (siehe zum Beispiel den Hinweis hier). Auch deshalb nennt sich der Verband AFASE trickreich nicht Verband der Vorproduktehersteller für Solarenergie, sondern Allianz für Bezahlbare Solarenergie...
Samstag, 25. Mai 2013
Demographischer Wandel und Innovation
Am 14. Mai fand der Demografiegipfel der Bundesregierung statt, am 16. und 17. Mai die Veranstaltung "Innovationsfähigkeit im demographischen Wandel". 2013 wurde insgesamt zum Wissenschaftsjahr "Die demographische Chance" ausgerufen, mit vielen Veranstaltungen im ganzen Bundesgebiet.
Doch nicht nur in Deutschland dreht sich zurzeit die Diskussion um das Thema Demographie und Innovation. Der Economist hat gerade in einem Artikel seiner Kolumne Buttonwood die Herausforderungen des demographischen Wandels für die Produktivitätsentwicklung thematisiert und in einer ergänzenden Graphik einen deutlichen Zusammenhang zwischen kontinuierlich sinkenden Produktivitätssteigerungen und älter werdenden Belegschaften postuliert.
Deutschland wird zwar auch in diesem Artikel als besonders betroffenes Land skizziert, gleichwohl stehen auch andere Länder dieser Herausforderung gegenüber. Insbesondere für China (zum Beispiel in diesem Artikel vom Anfang des Jahres) und Indien (Artikel hier) wird angezweifelt, ob sie ihre Dividende rechtzeitig einzuholen, bevor auch ihre Gesellschaften sich dem Aufbau der meisten europäischen und der japanischen Gesellschaft angleichen. In einem aktuellen Artikel zitiert der Economist eine spannende Studie, die einen engeren Zusammenhang zwischen Bildungspolitik und realer demographischer Dividende postuliert und dies am Beispiel Korea (eine der am schnellsten alternden Gesellschaften) und Indien ausführt.
Die Zusammenhänge zwischen demographischem Wandel und Innovation sind vielfältig. Zum Beispiel verändert sich das Gründungsverhalten (schön analysiert in einer Studie des ZEW). Das Fraunhofer ISI hat bereits 2010 im Rahmen des eingangs vorgestellten Demographieprogramms des BMBF eine Studie zu demografiebezogenen Innovationsindikatoren erstellt.
Das Thema Demographie hat übrigens durchaus den Charakter eines Modethemas. Gibt man bei Google Trends den Begriff Demographie ein, so zeigt sich eine eher abnehmende Suchintensität - obwohl das Thema objektiv vermutlich an Relevanz gewinnen wird. Wer auf dem laufenden bleiben möchte, dem sei der Demographie-Blog von Björn Schwentker empfohlen.
Nachtrag:
Ganz anders setzt sich übrigens Dan Brown in seinem neuen Buch "Inferno" mit dem Thema Demographie und Innovation auseinander. Die weltweite demographische Entwicklung (Stichwort Überbevölkerung und Malthus) wird hier zum Weltuntergangsszenario, die Biotechnologie zum vermeindlichen Retter oder Verderber. Dann vielleich doch lieber seriöse Infos von Björn Schwentker?
Doch nicht nur in Deutschland dreht sich zurzeit die Diskussion um das Thema Demographie und Innovation. Der Economist hat gerade in einem Artikel seiner Kolumne Buttonwood die Herausforderungen des demographischen Wandels für die Produktivitätsentwicklung thematisiert und in einer ergänzenden Graphik einen deutlichen Zusammenhang zwischen kontinuierlich sinkenden Produktivitätssteigerungen und älter werdenden Belegschaften postuliert.
Deutschland wird zwar auch in diesem Artikel als besonders betroffenes Land skizziert, gleichwohl stehen auch andere Länder dieser Herausforderung gegenüber. Insbesondere für China (zum Beispiel in diesem Artikel vom Anfang des Jahres) und Indien (Artikel hier) wird angezweifelt, ob sie ihre Dividende rechtzeitig einzuholen, bevor auch ihre Gesellschaften sich dem Aufbau der meisten europäischen und der japanischen Gesellschaft angleichen. In einem aktuellen Artikel zitiert der Economist eine spannende Studie, die einen engeren Zusammenhang zwischen Bildungspolitik und realer demographischer Dividende postuliert und dies am Beispiel Korea (eine der am schnellsten alternden Gesellschaften) und Indien ausführt.
Die Zusammenhänge zwischen demographischem Wandel und Innovation sind vielfältig. Zum Beispiel verändert sich das Gründungsverhalten (schön analysiert in einer Studie des ZEW). Das Fraunhofer ISI hat bereits 2010 im Rahmen des eingangs vorgestellten Demographieprogramms des BMBF eine Studie zu demografiebezogenen Innovationsindikatoren erstellt.
Das Thema Demographie hat übrigens durchaus den Charakter eines Modethemas. Gibt man bei Google Trends den Begriff Demographie ein, so zeigt sich eine eher abnehmende Suchintensität - obwohl das Thema objektiv vermutlich an Relevanz gewinnen wird. Wer auf dem laufenden bleiben möchte, dem sei der Demographie-Blog von Björn Schwentker empfohlen.
Nachtrag:
Ganz anders setzt sich übrigens Dan Brown in seinem neuen Buch "Inferno" mit dem Thema Demographie und Innovation auseinander. Die weltweite demographische Entwicklung (Stichwort Überbevölkerung und Malthus) wird hier zum Weltuntergangsszenario, die Biotechnologie zum vermeindlichen Retter oder Verderber. Dann vielleich doch lieber seriöse Infos von Björn Schwentker?
Samstag, 11. Mai 2013
Gamification und Serious Games
Vor knapp einer Woche meldete Hyperland in einem Blogbeitrag, dass alternativ zu den Aktivitäten der NASA nun private Marsmissionen als Reality Show und Crowdfinanzierungs-Projekte geplant werden. Mit dem Erfolg erster privater Dienstleister im Weltraumgeschäft - die NASA setzt nun explizit auf privatwirtschaftliche Unterstützung - rücken auch größere Visionen in den Bereich des Möglichen. Mars One zum Beispiel will Menschen rauf zum Roten Planeten schicken, zwar nur mit einem Oneway-Ticket, aber mit weltweiter multimedialer Aufmerksamkeit garantiert. Die Kandidaten sollen in einer Art Reality Show (und ergänzend nach Begutachtung durch "echte" Experten) ausgewählt werden, die wahrlich astronomischen Kosten durch Werbeeinnahmen etc. aufgebracht werden.
Eine Nummer kleiner im Weltraum unterwegs ist der schon etwas ältere Lunar X Prize von Google, der für die Landung auf dem Mond und den Einsatz eines Rover auf demselben zu gewinnen ist. Zurzeit sind noch 24 Teams registriert, darunter mit den Part Time Scientists auch ein Team aus Deutschland. Setzt Mars One insbesondere auf Werbung, um kostspielige Missionen zu finanzieren, so wird der Luna Prize zwar von Google ausgelobt (und finanziert), die jeweiligen Teams aber müssen eigene Geldmittel aufbringen oder Sponsoren suchen. Und erst vor kurzem gab es eine Sendung über neue Geschäftmodelle in der Raumfahrt beim Deutschlandfunk.
Der Wettbewerb als Motivationsquelle für wissenschaftliche Herausforderungen hat eine lange Geschichte, im 19. Jahrhundert sind nicht wenige Expeditionen im Rahmen eines solchen Wettbewerbs organisiert worden. Die Rolle von Innovationspreisen und -Wettbewerben wird immer wieder (auch jüngst in einem Artikel in "Reserach Policy") untersucht. Ein großer Gewinn ist das enorme öffentliche Interesse und die Begeisterung für technologische Lösungen, die solche Wettbewerbe im Idealfall ausstrahlen können. Ein ähnlicher Effekt wäre für das eingangs erwähnte Mars-Projekt zu erwarten.
Eine wichtige Rolle kommt auch dem spielerischen Element zu. Als Event inszeniert und mit entsprechenden Spannungsbögen versehen, wird selbst die drögeste Wissenschaft aufgepeppt. Mit einem ähnlich Rezept wartet auch die Mittmach-Wissenschaft des kleinen Mannes, die Citizen Science, auf. Die Macht der Vielen (oder modisch korrekter der Crowd) hilft Daten zu sammeln, die zentral nicht zu sammeln wären. Naturbeobachtungen sind hier das klassische, aber weiterhin moderne Beispiel (heute ist übrigens wieder Stunde der Gartenvögel). Eine andere Fähigkeit echter Menschen, die noch nicht in Gänze vom Computer übernommen werden kann, ist die Mustererkennung. Dieser Fähigkeit bedient sich das überaus populäre Citizen Science Portal Zooniverse mit einer Reihe von Mitmachprojekten aus Astronomie, Klimaforschung und Biologie.
Doch dass sind nur erste, in Deutschland übrigens eher unbekannte Beispiele für Serious Games. Wenn die Filme- und Spielindustrie die Gamifikation der Bildung noch stärker entdecken würde, wäre dies eine echte Bildungsrevolution, die möglicherweise stärkere Auswirkungen hätte als die Veränderungen der Universitätslandschaft, die durch Open Massive Courses anstehen.
Eine Nummer kleiner im Weltraum unterwegs ist der schon etwas ältere Lunar X Prize von Google, der für die Landung auf dem Mond und den Einsatz eines Rover auf demselben zu gewinnen ist. Zurzeit sind noch 24 Teams registriert, darunter mit den Part Time Scientists auch ein Team aus Deutschland. Setzt Mars One insbesondere auf Werbung, um kostspielige Missionen zu finanzieren, so wird der Luna Prize zwar von Google ausgelobt (und finanziert), die jeweiligen Teams aber müssen eigene Geldmittel aufbringen oder Sponsoren suchen. Und erst vor kurzem gab es eine Sendung über neue Geschäftmodelle in der Raumfahrt beim Deutschlandfunk.
Der Wettbewerb als Motivationsquelle für wissenschaftliche Herausforderungen hat eine lange Geschichte, im 19. Jahrhundert sind nicht wenige Expeditionen im Rahmen eines solchen Wettbewerbs organisiert worden. Die Rolle von Innovationspreisen und -Wettbewerben wird immer wieder (auch jüngst in einem Artikel in "Reserach Policy") untersucht. Ein großer Gewinn ist das enorme öffentliche Interesse und die Begeisterung für technologische Lösungen, die solche Wettbewerbe im Idealfall ausstrahlen können. Ein ähnlicher Effekt wäre für das eingangs erwähnte Mars-Projekt zu erwarten.
Eine wichtige Rolle kommt auch dem spielerischen Element zu. Als Event inszeniert und mit entsprechenden Spannungsbögen versehen, wird selbst die drögeste Wissenschaft aufgepeppt. Mit einem ähnlich Rezept wartet auch die Mittmach-Wissenschaft des kleinen Mannes, die Citizen Science, auf. Die Macht der Vielen (oder modisch korrekter der Crowd) hilft Daten zu sammeln, die zentral nicht zu sammeln wären. Naturbeobachtungen sind hier das klassische, aber weiterhin moderne Beispiel (heute ist übrigens wieder Stunde der Gartenvögel). Eine andere Fähigkeit echter Menschen, die noch nicht in Gänze vom Computer übernommen werden kann, ist die Mustererkennung. Dieser Fähigkeit bedient sich das überaus populäre Citizen Science Portal Zooniverse mit einer Reihe von Mitmachprojekten aus Astronomie, Klimaforschung und Biologie.
Doch dass sind nur erste, in Deutschland übrigens eher unbekannte Beispiele für Serious Games. Wenn die Filme- und Spielindustrie die Gamifikation der Bildung noch stärker entdecken würde, wäre dies eine echte Bildungsrevolution, die möglicherweise stärkere Auswirkungen hätte als die Veränderungen der Universitätslandschaft, die durch Open Massive Courses anstehen.
Mittwoch, 8. Mai 2013
Bio Punks
In der vergangenen Woche erschien ein neuer Artiekl in der Print-Ausgabe der ZEIT zu Bio-Punks oder Bio-Hackern, der sich geradezu liebevoll dieses Szene widmete und ihren Bemühungen um Innovationen von unten, gegen die großen Konzerne, durchaus Chancen einräumte. Beim Lesen überkam mich bei aller Faszination doch ein komisches Gefühl. Nanu, dachte ich mir, Biotechnologie hatte ich doch für eher teuer gehalten. Interessanter Weise hatte ZEIT ONLINE bereits vor einiger Zeit einen Artikel von ZEIT WISSEN abgedruckt, in dem die Biotech-Subkultur eher mit einem - fast bedrohlichen - Hacker-Image geschildert wurde. Und hier hatten die Leserbriefe sich sehr kritisch mit der Relevanz dieser Szene und insbesondere auch mit den hohen Kosten echter Biotechnologie beschäftigt. Die sind so hoch (und die Rekapitalisierung so langfristig), dass die "normalen" Biotechnologie-Firmen echte Schwierigkeiten haben, überhaupt an Geld zu kommen. In den VDI-Nachrichten wurde daher vor kurzen mit Bezug auf eine Studie von Ernst & Young sogar das komplette Gechäftsmodell einer VC-finanzierten Biotechnologie in Frage gestellt.
Die Verwirrung legt sich ein wenig, wenn man bedengt, dass Biotechnologie nicht gleich Biotechnologie ist. Im aktuellen ZEIT-Artikel geht es vor allem um die Vernetzung von Biologie und IKT. Hier wirken Trends wie Miniaturisierung, Verbilligung von Speichern und anderen Bauteilen, der Zugang über das Internet auf das weltweit verfügbare Wissen und ein lukrativer Endkundenmarkt dahingehend, dass tatsächlich auch kleine Gruppen von Biotechnologien innovative Durchbrüche und marktfähige Produkte schaffen können. Das große Interesse branchenfremder Unternehmen wie Google, Samsung und anderen zeigt, dass hier wirklich Goldgräberstimmung herscht. Die deutsche Gründer-Szene scheint allerdings im Vergleich zur amerikanischen noch nicht wirklich auf den zug aufgesprungen zu sein. Villeicht wirkt aber ein Artikel wie der aktuelle ZEIT-Bericht aber doch motivierend...
Die Verwirrung legt sich ein wenig, wenn man bedengt, dass Biotechnologie nicht gleich Biotechnologie ist. Im aktuellen ZEIT-Artikel geht es vor allem um die Vernetzung von Biologie und IKT. Hier wirken Trends wie Miniaturisierung, Verbilligung von Speichern und anderen Bauteilen, der Zugang über das Internet auf das weltweit verfügbare Wissen und ein lukrativer Endkundenmarkt dahingehend, dass tatsächlich auch kleine Gruppen von Biotechnologien innovative Durchbrüche und marktfähige Produkte schaffen können. Das große Interesse branchenfremder Unternehmen wie Google, Samsung und anderen zeigt, dass hier wirklich Goldgräberstimmung herscht. Die deutsche Gründer-Szene scheint allerdings im Vergleich zur amerikanischen noch nicht wirklich auf den zug aufgesprungen zu sein. Villeicht wirkt aber ein Artikel wie der aktuelle ZEIT-Bericht aber doch motivierend...
Mittwoch, 1. Mai 2013
Innovationsindikator
Der Deutschlandfunk berichtete nicht nur über Gehirnforschung (siehe meinen letzten Blog), sondern am 14. April auch über die Ergebnisse der Enquete-Kommission zu Wachstum und Wohlstand. Die Bilanz der zitierten Experten sieht eher verhalten aus, der "große Wurf" scheint nicht gelungen. Und ein Blick in die Abschlussberichte der Arbeitsgruppen legt nahe, das wir mit den bestehenden Berichten (z.B. dem Nachhaltigkeitsbericht der Bundesregierung) bereits ein recht gutes Berichtssystem haben. Vermutlich wird sich also am bestehenden (Berichts- und Indikator-) System nichts ändern. Warum manche Alternativen zum BIP aufgegriffen werden und andere nicht, untersucht eine aktuelle Studie, über die Duncan Green von Oxfam in seinem Blog berichtet. Ein Ergebnis ist, dass einfache, verdichtete Indikatoren wie der Human Development Index eher aufgegriffen werden als komplexe. Das gilt auch für Innovationsindikatoren, die als zusammengesetzte Indikatoren eine komplexe Wirklichkeit abbilden wollen, zumeist aber mit Blick auf ihr Länderranking in den Medien sind.
Je stärker die Innovationspolitik durch die Ausrichtung auf gesellschaftliche Herausforderungen legitimiert wird, desto näher rückt sie von den Erfolgsindikatoren auch an die "neuen" Wohlstandsindikatoren heran. Zum Teil wiederum ist die Innovationspolitik selbst, z.B. mit Blick auf die Investitionen in FuE, Teil der Nachhaltigkeitsindikatorik. Die bekanntesten Innovationsindikatoren (Innovationsindikator für Deutschland, Innovation Union Scoreboard) sind zusammengesetzte Indikatoren, die Input- wie Outputseite des Innovationssystems beleuchten wollen. Diese Indikatorenansätze haben jeweils einen relativ konkreten instrumentellen Anspruch, d.h. sie wollen auch politisches Handeln anleiten. Ihr Problem besteht darin, dass entscheidende Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit eines nationalen Innovationssystem struktureller Natur sind und nur langfristig - wenn überhaupt zu vertretbaren Kosten - geändert werden können. Der Innovationsindikator der Telekom-Stiftung beschreibt ganz explizit die erhebliche Zeitspanne, die günstigstenfalls zwischen veränderten Input und Outputindikatoren liegt. Bis sich die Effekte eine bestimmten Innovationspolitik konkret zeigen, vergeht also auf jeden Fall relativ viel Zeit.
Manche Phänomene sind aber so stark in grundlegende Strukturen eines Landes verwurzelt, dass kaum an substantielle Änderungen zu denken ist. Dazu gehört möglicher Weise die mangelnde Gründungskultur in Deutschland, die etwas mit dem Rentensystem (und den verfügbaren Kapitalmitteln), mit der Industriestruktur, der Bevölkerungsstruktur, der Migration und der eigentlichen Kultur zu tun hat. In der Politikwissenschaft hat die Forschung zur politischen Kultur und zu den politischen Strukturen eines Landes eine lange Tradition. In der Innovationsforschung sind vergleichbare "Kulturforschungen" eher selten und zumindest einflusslos. Spannend ist da der Ansatz von Acemoglu und Robinson, die global sogar von komplementären Innovationskulturen ausgehen, die sich gegenseitig bedingen.
Je stärker die Innovationspolitik durch die Ausrichtung auf gesellschaftliche Herausforderungen legitimiert wird, desto näher rückt sie von den Erfolgsindikatoren auch an die "neuen" Wohlstandsindikatoren heran. Zum Teil wiederum ist die Innovationspolitik selbst, z.B. mit Blick auf die Investitionen in FuE, Teil der Nachhaltigkeitsindikatorik. Die bekanntesten Innovationsindikatoren (Innovationsindikator für Deutschland, Innovation Union Scoreboard) sind zusammengesetzte Indikatoren, die Input- wie Outputseite des Innovationssystems beleuchten wollen. Diese Indikatorenansätze haben jeweils einen relativ konkreten instrumentellen Anspruch, d.h. sie wollen auch politisches Handeln anleiten. Ihr Problem besteht darin, dass entscheidende Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit eines nationalen Innovationssystem struktureller Natur sind und nur langfristig - wenn überhaupt zu vertretbaren Kosten - geändert werden können. Der Innovationsindikator der Telekom-Stiftung beschreibt ganz explizit die erhebliche Zeitspanne, die günstigstenfalls zwischen veränderten Input und Outputindikatoren liegt. Bis sich die Effekte eine bestimmten Innovationspolitik konkret zeigen, vergeht also auf jeden Fall relativ viel Zeit.
Manche Phänomene sind aber so stark in grundlegende Strukturen eines Landes verwurzelt, dass kaum an substantielle Änderungen zu denken ist. Dazu gehört möglicher Weise die mangelnde Gründungskultur in Deutschland, die etwas mit dem Rentensystem (und den verfügbaren Kapitalmitteln), mit der Industriestruktur, der Bevölkerungsstruktur, der Migration und der eigentlichen Kultur zu tun hat. In der Politikwissenschaft hat die Forschung zur politischen Kultur und zu den politischen Strukturen eines Landes eine lange Tradition. In der Innovationsforschung sind vergleichbare "Kulturforschungen" eher selten und zumindest einflusslos. Spannend ist da der Ansatz von Acemoglu und Robinson, die global sogar von komplementären Innovationskulturen ausgehen, die sich gegenseitig bedingen.
Samstag, 27. April 2013
Hauptgewinn für Forscher
Die echten Menschen in der ARTE-Fernsehserie (siehe mein letzter Blogeintrag hier) geraten langsam in die Defensive. Die Hubots (Humanoiden Roboter) erweisen sich als schlaue Wesen, die den Menschen eigentlich haushoch überlegen wären, wenn ihnen nicht ab Werk eine Sperre einprogrammiert worden wäre.
Mit der Frage, ob uns in Zukunft künstliche Hirne drohen, die den menschlichen tatsächlich überlegen sind, damit beschäftigte sich letzte Woche auch eine Sendung des Deutschlandfunks. Eigentlich ging es um das Human Brain Project, die neue Flagschiff-Initiative der Europäischen Kommission. Der Radiobeitrag beschreibt diese im Wettbewerb vergebene Fördermaßnahme als Jackpot für Forscher, mit 1 Milliarde Euro dotiert. Die Neurowissenschaftler-Community scheint gespalten ob der Erfolgsaussichten zu sein, ein menschliches Hirn in seinen wesentlichen Funktionen auf einem Supercomputer zu simulieren. Dabei ist der Bau eines künstlichen Hirns nicht Ziel und Zweck der Forschung, das Projekt ist also nicht der Start zum Bau erster Hubots. Vielmehr geht es um ein tieferes Verständnis des Gehirns, um zum Beispiel Krankheiten besser therapieren zu können. Dennoch fasziniert natürlich die Frankenstein-Phantasie eines nachgebauten Gehirns, oder zumindest einer echten Mensch-Maschine-Schnittstelle zum Hirn.
So ein Wettbewerb kennt Gewinner und Verlierer. Die EU finanzierte zunächst sechs Pilotmaßnahmen für 12 Monate, bevor sie zwei Gewinner kürte. Einer der Verlierer war das Projekt FuturICT, im Kern ein Projekt zur Auswertung großer Datenmengen aus allen Lebensbereichen. Ziel des Projekt war es nach eigenen Worten, "komplexe globale, sozial interaktive Systeme mit einem Schwerpunkt auf den Themen Nachhaltigkeit und Resilienz zu verstehen und zu managen". Die Nutzung von Big Data für die Sozialwissenschaften, ein eigentlich ebenso faszinierendes Thema wie eine Simulation des menschlichen Gehirns. Aber natürlich geht die Forschung auch hier weiter, egal ob als FET-Projekt der EU oder in anderen Kontexten. Der Guardian berichtet aktuell zum Beispiel über GDELT, Global Data on Events, Location and Tone, und bezeichnet es als Big Data -Geschichte über das Leben, das Universum und alles andere. Das Projekt von Kalev Leetaru an der Universität Illinois hat eine sehr historische Ausrichtung, wird aber auch zur Vorhersage, zum Beispiel von Gewalt in Afghanistan, eingesetzt. Da wären wir dann wieder beim klassischen Science Fiction, nun bei Minority Report...
Mit der Frage, ob uns in Zukunft künstliche Hirne drohen, die den menschlichen tatsächlich überlegen sind, damit beschäftigte sich letzte Woche auch eine Sendung des Deutschlandfunks. Eigentlich ging es um das Human Brain Project, die neue Flagschiff-Initiative der Europäischen Kommission. Der Radiobeitrag beschreibt diese im Wettbewerb vergebene Fördermaßnahme als Jackpot für Forscher, mit 1 Milliarde Euro dotiert. Die Neurowissenschaftler-Community scheint gespalten ob der Erfolgsaussichten zu sein, ein menschliches Hirn in seinen wesentlichen Funktionen auf einem Supercomputer zu simulieren. Dabei ist der Bau eines künstlichen Hirns nicht Ziel und Zweck der Forschung, das Projekt ist also nicht der Start zum Bau erster Hubots. Vielmehr geht es um ein tieferes Verständnis des Gehirns, um zum Beispiel Krankheiten besser therapieren zu können. Dennoch fasziniert natürlich die Frankenstein-Phantasie eines nachgebauten Gehirns, oder zumindest einer echten Mensch-Maschine-Schnittstelle zum Hirn.
So ein Wettbewerb kennt Gewinner und Verlierer. Die EU finanzierte zunächst sechs Pilotmaßnahmen für 12 Monate, bevor sie zwei Gewinner kürte. Einer der Verlierer war das Projekt FuturICT, im Kern ein Projekt zur Auswertung großer Datenmengen aus allen Lebensbereichen. Ziel des Projekt war es nach eigenen Worten, "komplexe globale, sozial interaktive Systeme mit einem Schwerpunkt auf den Themen Nachhaltigkeit und Resilienz zu verstehen und zu managen". Die Nutzung von Big Data für die Sozialwissenschaften, ein eigentlich ebenso faszinierendes Thema wie eine Simulation des menschlichen Gehirns. Aber natürlich geht die Forschung auch hier weiter, egal ob als FET-Projekt der EU oder in anderen Kontexten. Der Guardian berichtet aktuell zum Beispiel über GDELT, Global Data on Events, Location and Tone, und bezeichnet es als Big Data -Geschichte über das Leben, das Universum und alles andere. Das Projekt von Kalev Leetaru an der Universität Illinois hat eine sehr historische Ausrichtung, wird aber auch zur Vorhersage, zum Beispiel von Gewalt in Afghanistan, eingesetzt. Da wären wir dann wieder beim klassischen Science Fiction, nun bei Minority Report...
Freitag, 12. April 2013
Echte Menschen
Echte Menschen, so heißt eine neue Science-Fiction-Fernsehserie auf ARTE, die seit letzter Woche angelaufen ist und bereits in FAZ oder FREITAG für überaus positive Kritiken gesorgt hat. Wie bereits zuvor von Frankenstein über Blade Runner bis zu i-robot durchgespielt, wird einerseits die Frage nach der Schöpfung menschlichen Lebens in der Maschine gestellt und andererseits die Nacht der lebenden Toten beschworen. Welche Gefühle werden humanoide Roboter - im Film Hubots genannt - heraufbeschwören, wenn sie einmal wirklich menschenähnlich sind?
Vor zehn Jahren fragte sich das schon einmal die Firma Honda mit ihrem humanoiden Roboter Asimo, der vermutlich nicht umsonst ähnlich wie der große Asimov mit seinen Robotergesetzen hieß. In der schwedischen Fernsehserie auf Arte, die noch bis Mai läuft und auf Arte +7 auch sieben Tage nachgeschaut werden kann, nimmt man sich viel Zeit auch für die rechtlichen (können Roboterfreundinnen diskriminiert werden?) und menschlichen (taugen Roboter als Liebespartner) Fragen. Schöner können innovationspolitische Szenarien kaum dargestellt werden.
Ganz anders schaut die BBC auf die Welt von Morgen, mit einer Perspektive bis 2150. BBC fragte Experten -Wissenschaftler, Politiker, Journalisten und Blogger - nach 40 Voraussagen für die Zukunft, und ließ diese anschließend von Wettexperten ganz britisch auf ihre Wahrscheinlichkeit hin bewerten. Zwei Mal Foresight einmal anders...
Vor zehn Jahren fragte sich das schon einmal die Firma Honda mit ihrem humanoiden Roboter Asimo, der vermutlich nicht umsonst ähnlich wie der große Asimov mit seinen Robotergesetzen hieß. In der schwedischen Fernsehserie auf Arte, die noch bis Mai läuft und auf Arte +7 auch sieben Tage nachgeschaut werden kann, nimmt man sich viel Zeit auch für die rechtlichen (können Roboterfreundinnen diskriminiert werden?) und menschlichen (taugen Roboter als Liebespartner) Fragen. Schöner können innovationspolitische Szenarien kaum dargestellt werden.
Ganz anders schaut die BBC auf die Welt von Morgen, mit einer Perspektive bis 2150. BBC fragte Experten -Wissenschaftler, Politiker, Journalisten und Blogger - nach 40 Voraussagen für die Zukunft, und ließ diese anschließend von Wettexperten ganz britisch auf ihre Wahrscheinlichkeit hin bewerten. Zwei Mal Foresight einmal anders...
Samstag, 6. April 2013
3D Print
In den vergangenen Tagen hat die Entscheidung eines indischen Gerichts gegen die Patentierung eines neuen Medikaments von Novartis zu einer breiten Medienberichterstattung geführt. Während die Gegner des Urteils die Zukunft der Pharmaforschung aufgrund nicht mehr realisierbarer Gewinne in Frage stellen, sehen die Beführworter eine indische Generikaindustrie gestärkt, die nicht nur in Indien, sondern weltweit preiswerte Medikamente für die Armen anbietet.
Mit dem Urteil sind eine Reihe grundsätzlicherer Fragen verbunden. Führt erst die schnelle Diffusion von Innovationen zu einer größtmöglichen Wohlfahrt für möglichst viele? Sind in diesem Sinne die Patentsysteme möglicherweise antiquiert und behindern moderne Innovationsprozesse? Zeigt nicht der Patentkampf in der Smartphone-Branche, dass Patente nur noch zur Gewinnmaximierung und Marktabschottung genutzt werden (siehe dazu auch das aktuelle deutsche Urteil als neuer Etappenstand)? Bauen nicht gerade viele deutsche Internet- Start Ups als Copy Cats auf die Kopie erfolgreicher Geschäftsmodelle in den USA?
Welche Rolle spielen eigentlich Innovationen, die gerade den schnellen Wissenstransfer und damit die schnelle Weitergabe, Vervielfältigung und Veränderung von Innovationen befördern? Ein wichtiger Innovationsschub war sicher der Buchdruck und dann im 19. Jahrhundert die entstehende moderne Kommunikationsinfrastruktur. Ein weiterer Schub wurde durch die digitale Revolution ausgelöst. Das Urheberrechte nun schneller gebrochen werden, wird in der Öffentlichkeit breit diskutiert. Vermutlich läuft die Innovationsdiffussion jetzt schneller und Innovationen kommen daher schneller allen zugute.
Ein noch anstehender Innovationsschub könnte durch preiswerte 3D-Drucker ausgelöst werden. Bislang war mir der Hype um diese Geräte nicht verständlich, nachdem ich selbst die aktuelle Technik mehrfach begutachten konnte. Was soll sich damit schon ernsthaft lohnen nachzudrucken? Ein aktueller Artikel bei Hyperland hat mich jetzt nachdenklich gemacht. Es geht darin um Generatoren für Windräder, die speziell für den 3D-Druck entwickelt werden und dann für die Entwicklung ärmerer Regionen genutzt werden können. Die Grundidee geht in Richtung frugale Innovation, sie macht bei allen Einschränkungen (was ist mit der notwendigen Infrastruktur, warum nicht importieren oder preiswert in einer Fabrik herstellen?) erahnen, dass aus 3D-Druckern doch mächtige Instrumente zur Weitergabe von Innovationen werden könnten einschließlich der ganzen Diskussion um die Vor und Nachteile des Urheberrechts.
Mit dem Urteil sind eine Reihe grundsätzlicherer Fragen verbunden. Führt erst die schnelle Diffusion von Innovationen zu einer größtmöglichen Wohlfahrt für möglichst viele? Sind in diesem Sinne die Patentsysteme möglicherweise antiquiert und behindern moderne Innovationsprozesse? Zeigt nicht der Patentkampf in der Smartphone-Branche, dass Patente nur noch zur Gewinnmaximierung und Marktabschottung genutzt werden (siehe dazu auch das aktuelle deutsche Urteil als neuer Etappenstand)? Bauen nicht gerade viele deutsche Internet- Start Ups als Copy Cats auf die Kopie erfolgreicher Geschäftsmodelle in den USA?
Welche Rolle spielen eigentlich Innovationen, die gerade den schnellen Wissenstransfer und damit die schnelle Weitergabe, Vervielfältigung und Veränderung von Innovationen befördern? Ein wichtiger Innovationsschub war sicher der Buchdruck und dann im 19. Jahrhundert die entstehende moderne Kommunikationsinfrastruktur. Ein weiterer Schub wurde durch die digitale Revolution ausgelöst. Das Urheberrechte nun schneller gebrochen werden, wird in der Öffentlichkeit breit diskutiert. Vermutlich läuft die Innovationsdiffussion jetzt schneller und Innovationen kommen daher schneller allen zugute.
Ein noch anstehender Innovationsschub könnte durch preiswerte 3D-Drucker ausgelöst werden. Bislang war mir der Hype um diese Geräte nicht verständlich, nachdem ich selbst die aktuelle Technik mehrfach begutachten konnte. Was soll sich damit schon ernsthaft lohnen nachzudrucken? Ein aktueller Artikel bei Hyperland hat mich jetzt nachdenklich gemacht. Es geht darin um Generatoren für Windräder, die speziell für den 3D-Druck entwickelt werden und dann für die Entwicklung ärmerer Regionen genutzt werden können. Die Grundidee geht in Richtung frugale Innovation, sie macht bei allen Einschränkungen (was ist mit der notwendigen Infrastruktur, warum nicht importieren oder preiswert in einer Fabrik herstellen?) erahnen, dass aus 3D-Druckern doch mächtige Instrumente zur Weitergabe von Innovationen werden könnten einschließlich der ganzen Diskussion um die Vor und Nachteile des Urheberrechts.
Freitag, 29. März 2013
Utopien
Weihnachten und Ostern finden sich in deutschen Zeitungen gern eher besinnliche Artikel, so auch in der aktuellen Printausgabe der ZEIT. Unter dem Stichwort Utopien wird die mögliche, zugeschriebene oder behauptete Rolle neuer Technologie, Technologieunternehmen und Technologiegurus für die Gestaltung einer schönen neuen Zukunft assoziationsreich und ironisch angerissen: Einerseits die Glücksversprechungen der Technologieunternehmen, die Probleme der Zukunft mi neuen Produktion schon in den Griff zu bekommen, andererseits auch ihr - vermeintlicher - Anspruch, die Zukunft besser als staatliche Akteure (oder gar die Religion) richten zu können.
Mal davon abgesehen, dass hier Akteure(Unternehmen - Staat) gegenübergestellt werden, die ganz unterschiedliche Funktionen ausüben. Die suggestive Kraft, die die Heilsversprechen aus den Marketingabteilungen der Unternehmen begleitet, ist aber in der Tat ein wirkmächtiger Faktor auf die Gesellschaft, auf ihre Vorstellung von wichtig und unwichtig, von segensreich und unheilvoll. Die Technologieunternehmen schaffen mit überwältigenden Bildern und überzeugenden Geschichten diejenigen Bedürfnisse, die sie dann mit ihren Produkten befriedigen wollen. Im Diskurs der Gesellschaft um ihre Prioritäten sind Unternehmen ein wichtiger Diskutant. Dergleichen gilt im übrigen auch für die Seite der Wissenschaft, in der ebenso eine jede Disziplin nicht ungern ihr zentrales Problem zum gesellschaftlich relevanten Problem erklärt. Dies hat durchaus Implikationen für eine Innovationspolitik, die sich zusehens als an gesellschaftlichen Herausforderungen orientiert zeigt.
Die ZEIT beschäftigt sich in einem zweiten Artikel auch mit Raymond Kurzweil und seiner Utopie der Singularität. Im Artikel wird dies (zumindest in den Augen von Kurzweils Anhängern) als Verheißung beschrieben, in anderen Artikeln findet eine zunehmend intelligente Umwelt, die möglicherweise irgendwann die Kontrolle über unser Leben übernimmt und bestimmt, was richtig und falsch ist , eher als Drohzenario statt. Die lustigen Seiten der Anfänge einer solchen Technodiktatur hat vor kurzem der Technikblog der FAZ schön beschrieben. Da sind wir dann wieder - nein, nicht bei der Utopie, sondern der Dystopie.
Mal davon abgesehen, dass hier Akteure(Unternehmen - Staat) gegenübergestellt werden, die ganz unterschiedliche Funktionen ausüben. Die suggestive Kraft, die die Heilsversprechen aus den Marketingabteilungen der Unternehmen begleitet, ist aber in der Tat ein wirkmächtiger Faktor auf die Gesellschaft, auf ihre Vorstellung von wichtig und unwichtig, von segensreich und unheilvoll. Die Technologieunternehmen schaffen mit überwältigenden Bildern und überzeugenden Geschichten diejenigen Bedürfnisse, die sie dann mit ihren Produkten befriedigen wollen. Im Diskurs der Gesellschaft um ihre Prioritäten sind Unternehmen ein wichtiger Diskutant. Dergleichen gilt im übrigen auch für die Seite der Wissenschaft, in der ebenso eine jede Disziplin nicht ungern ihr zentrales Problem zum gesellschaftlich relevanten Problem erklärt. Dies hat durchaus Implikationen für eine Innovationspolitik, die sich zusehens als an gesellschaftlichen Herausforderungen orientiert zeigt.
Die ZEIT beschäftigt sich in einem zweiten Artikel auch mit Raymond Kurzweil und seiner Utopie der Singularität. Im Artikel wird dies (zumindest in den Augen von Kurzweils Anhängern) als Verheißung beschrieben, in anderen Artikeln findet eine zunehmend intelligente Umwelt, die möglicherweise irgendwann die Kontrolle über unser Leben übernimmt und bestimmt, was richtig und falsch ist , eher als Drohzenario statt. Die lustigen Seiten der Anfänge einer solchen Technodiktatur hat vor kurzem der Technikblog der FAZ schön beschrieben. Da sind wir dann wieder - nein, nicht bei der Utopie, sondern der Dystopie.
Dienstag, 12. März 2013
TED Talks
Der Feuilletonist der Süddeutschen hat am
vergangenen Samstag einen schönen Artikel zu den TED-Talks in den USA (einer alljährlich stattfindenen Konferenz zu Technologie, Unterhaltungsindustrie und Design) geschrieben, in dem ein aufkommender Technikskeptizismus durchschimmert,
der nicht zuletzt durch seinen Retro-Charme besticht.
Interessant klang für mich vor allem ein Streitgespräch zwischen Robert
Gordon und Erik Brynjolfsson zur Frage, ob es mir dem
innovationsinduzierten Wachstum zu Ende geht. Das Video zum
Streitgespräch ist leider noch nicht im Netz, nur eine kurze Zusammenfassung auf der TED-Seite.
Die amerikanische
Bloggerszene
hat aber bereits die wichtigsten Aussagen dokumentiert (zum Beispiel hier und hier). Zudem ist die
These von Gordon nicht neu und wurde bereits an anderer Stelle
ausführlich und kritisch diskutiert (z.B. hier, hier und hier, schön auch der Artikel im Economist). Er behauptet nämlich, dass die
zentralen Innovationen, die unseren Lebensstandard und
unseren Wohlstand entscheidend gehoben haben (fließend Wasser,
Elektrizität und andere) bereits hinter uns liegen und viel neues nicht
zu erwarten ist. Dies gilt seiner Meinung nach auch für die sogenannte
digitale Revolution. Brynjolfsson hingegen sieht gerade
hierin eine derart fundamentale Innovation, dass sie unser komplettes
Leben verändern wird. Auf Brynjolfsson bin ich bereits in einem früheren Post eingegangen.
Heute geht es mir um die These Gordons, die eine
entscheidende Frage stellt: Was macht eigentlich
echte Innovationen aus? Dabei zielt Gordon vor allem auf die wirtschaftlichen Wachstumseffekte von Innovationen, und hier gehen seine Kritiker hart mit ihm ins Gericht. Gleichzeitig argumentiert er aber auch normativ mit dem gesellschaftlichen Nutzen, den Innovationen stiften, und den ich von den in früheren Blogs von mir bereits genannten kompensierenden und positionalen Funktionen unterscheiden möchte. Eigentlich scheinen nur wenige Lebensbereiche für "echte" Innovationen in Frage zu kommen: die Steigerung der körperlichen und geistigen Gesundheit, die Befreiung von körperlicher (und geistiger?) Anstrengung (durch Maschinen zum Beispiel - auf dieser Ebene argumentiert ja Brynjolfsson) sowie die Erweiterung des geistigen Horizonts, um eine etwas altertümliche Dimension anzusprechen.
Aber gerade hier finde ich die Früchte der digitalen Revolution besonders bestechend. Das Wissen der Welt steht uns mit dem Internet heute in einer Weise zur Verfügung, welche die Intellektuellen vergangener Zeiten geradezu für ein Wunder gehalten hätten. Neugierde zu stillen, Einsichten zu vermitteln und die Welt zu verstehen schafft zutiefst Befriedigung. Wenn nun noch die Möglichkeiten einer digital unterstützen Bildung weiter ausgebaut werden, was steht da unserem Glück noch im Wege...? Wenn dann nur die materiellen Voraussetzungen gesichert wären. Und da kommt dann möglicherweise für viele von uns in Zukunft wieder Brynjolfsson ins Spiel...
Update vom 26. Mai : Die Videos von Brynjolsson und Gordon sind mittlerweile hier online zu finden
Update vom 26. Mai : Die Videos von Brynjolsson und Gordon sind mittlerweile hier online zu finden
Samstag, 9. März 2013
Chimerica
Zurzeit wird in China die neue Führung ins Amt gehoben, gleichzeitig besetzt auch die amerikanische Regierung ihre Spitzenposten neu. Nach den praktisch gleichzeitigen Wahlen im November bewegen sich die beiden Ländern erneut fast im Gleichschritt. Auch auf wirtschaftlicher Ebene nimmt die Verflechtung der beiden Volkswirtschaften weiter zu. Die Print-Ausgabe der Zeit brachte diese Woche in einem kleinen Artikel wieder das Konzept von Chimerica ins Spiel, eines durch Investitionen und Exporte eng verbundenen Staatengebildes, das die Weltwirtschaft beherrscht.
Dabei sind die Wirtschaftsbeziehung in der Realität keineswegs spannungsfrei. Insbesondere in den USA gibt es große Befürchtungen, dass China die USA dominieren könnte. Als Beispiel werden dabei immer wieder Spitzentechnologien wie die Photovoltaik angeführt, in denen China mit angeblich unlauteren Praktiken die amerikanischen Unternehmen an die Wand drückt. Dass dies zumindest heute noch anders ist, zeigt ein Blogartikel zur amerikanisch-chinesischen Handelsbilanz im Bereich erneuerbare Energien auf der Onlineseite des Economist, nachdem die Handelsbilanz wider erwarten deutlich positiv für die USA ausfällt. Grund ist die höhere Innovationsleistung amerikanischer Firmen (eine Zusammenfassung der Studie findet sich hier).
Aber China holt auch technologisch auf. Selbst steigende Löhne sind, wie ein aktuelle Beitrag von DB Research zeigt, eher Zeichen eines Strukturwandels in Richtung steigende Innovationsorientierung denn beruhigende Nachrichten für amerikanische oder europäische Wettbewerber. Bleibt also Chimerica eine Chimäre?
Dabei sind die Wirtschaftsbeziehung in der Realität keineswegs spannungsfrei. Insbesondere in den USA gibt es große Befürchtungen, dass China die USA dominieren könnte. Als Beispiel werden dabei immer wieder Spitzentechnologien wie die Photovoltaik angeführt, in denen China mit angeblich unlauteren Praktiken die amerikanischen Unternehmen an die Wand drückt. Dass dies zumindest heute noch anders ist, zeigt ein Blogartikel zur amerikanisch-chinesischen Handelsbilanz im Bereich erneuerbare Energien auf der Onlineseite des Economist, nachdem die Handelsbilanz wider erwarten deutlich positiv für die USA ausfällt. Grund ist die höhere Innovationsleistung amerikanischer Firmen (eine Zusammenfassung der Studie findet sich hier).
Aber China holt auch technologisch auf. Selbst steigende Löhne sind, wie ein aktuelle Beitrag von DB Research zeigt, eher Zeichen eines Strukturwandels in Richtung steigende Innovationsorientierung denn beruhigende Nachrichten für amerikanische oder europäische Wettbewerber. Bleibt also Chimerica eine Chimäre?
Montag, 25. Februar 2013
Gedanken zu Schirrmachers EGO
Gemeint ist natürlich das Buch von Frank Schirrmacher, das ich gerade lese Angeregt dazu hat mich eine wirklich sehr positive Rezension vor 8 Tagen in der Süddeutschen Zeitung. Mittlerweile häufen sich auch die kritischeren Berichte, gerade die ökonomische Blogszene ist wenig erbaut (zum Beispiel hier). Ist aber auch kein Wunder, schließlich geht Schirrmacher ja gerade mit den ökonomischen Theoretikern zum Teil sehr scharf ins Gericht. Ich finde das Buch bis jetzt sehr kurzweilig, nehme es aber auch eher als feuilletonistischen Beitrag mit grandiosen Assoziationsketten.
In den Sinn kommt mir beim Lesen des Kapitels Android zum Beispiel die Meldung über zwei große Förderentscheidungen, die kurz nacheinander in den Medien zu lesen waren. Zum einen die neue Flagschiffinitiative Human Brain Project der EU im Bereich der Future and Emerging Technologie (FET), zum andern fats zeitgleich die Entscheidung der amerikanischen Regierung zu einem Human Brain Project. Während die Europäer das menschliche Gehirn praktisch digital simulieren wollen, sollen die amerikanischen Wissenschaftler eine supergenaue Karte des Gehirns entwerfen. Beide Projekte sind nur aufgrund der enormen Rechenleistung überhaupt denkbar, die uns heute zur Verfügung steht.
Und wo ist jetzt der Link zu Schirrmachers Buch? Im genannten Kapitel Android beschreibt Schirrmacher anschaulich, wie seit dem 18. Jahrhundert Automaten die Menschen verblüffen, die das Leben nachahmen (und dabei ein mechanistisches Weltbild propagieren). Das EU-Projekt klingt für mich wie der ultimative Automat. Und das amerikanische Projekt, das im zitierten Artikel der New York Times explizit als zweites Human Genome Project beschrieben wird, versucht sich am ultimativen Abbild des Gehirns. In ersten Blogbeiträgen zum amerikanischen Projekt werden nicht zufällig die Folgen für die Verknüpfung von Hirn und technischen Geräten (Stichwort "brain augmentation") ausgeführt...
Eine weitere Assoziation, gerade zum Kapitel der Automaten, betrifft den Film Hugo Cabret, den ich vor kurzem noch einmal geschaut habe (Vorlage für den Film ist übrigens dieses Buch). Der mechanische Schreibapparat des Uhrmachers spielt dort eine Schlüsselrolle, weil er die Botschaft des toten Uhrmachervaters an die Hauptfigur überbringen soll. Der Automat wird also zum Avatar seines (in dem Fall zweiten) Schöpfers. Der eigentliche Schöpfer Georges Méliès hat die technischen Möglichkeiten seiner Zeit dazu genutzt, die Ilusionsmaschine des 20. Jahrhunderts, eine Filmkamera zu schaffen und sein Publikum zu verzaubern. Da schließt sich dann in gewisser Weise wieder der Kreis zu Schirrmacher, der ebenfalls die Suggestionskraft als wesentlicher Triebfeder zur Veränderung der Wirklichkeit beschreibt. In seinem Fall allerdings die Suggestionskraft eines ökonomischen Modells.
Und jetzt lese ich weiter Schirrmacher...
In den Sinn kommt mir beim Lesen des Kapitels Android zum Beispiel die Meldung über zwei große Förderentscheidungen, die kurz nacheinander in den Medien zu lesen waren. Zum einen die neue Flagschiffinitiative Human Brain Project der EU im Bereich der Future and Emerging Technologie (FET), zum andern fats zeitgleich die Entscheidung der amerikanischen Regierung zu einem Human Brain Project. Während die Europäer das menschliche Gehirn praktisch digital simulieren wollen, sollen die amerikanischen Wissenschaftler eine supergenaue Karte des Gehirns entwerfen. Beide Projekte sind nur aufgrund der enormen Rechenleistung überhaupt denkbar, die uns heute zur Verfügung steht.
Und wo ist jetzt der Link zu Schirrmachers Buch? Im genannten Kapitel Android beschreibt Schirrmacher anschaulich, wie seit dem 18. Jahrhundert Automaten die Menschen verblüffen, die das Leben nachahmen (und dabei ein mechanistisches Weltbild propagieren). Das EU-Projekt klingt für mich wie der ultimative Automat. Und das amerikanische Projekt, das im zitierten Artikel der New York Times explizit als zweites Human Genome Project beschrieben wird, versucht sich am ultimativen Abbild des Gehirns. In ersten Blogbeiträgen zum amerikanischen Projekt werden nicht zufällig die Folgen für die Verknüpfung von Hirn und technischen Geräten (Stichwort "brain augmentation") ausgeführt...
Eine weitere Assoziation, gerade zum Kapitel der Automaten, betrifft den Film Hugo Cabret, den ich vor kurzem noch einmal geschaut habe (Vorlage für den Film ist übrigens dieses Buch). Der mechanische Schreibapparat des Uhrmachers spielt dort eine Schlüsselrolle, weil er die Botschaft des toten Uhrmachervaters an die Hauptfigur überbringen soll. Der Automat wird also zum Avatar seines (in dem Fall zweiten) Schöpfers. Der eigentliche Schöpfer Georges Méliès hat die technischen Möglichkeiten seiner Zeit dazu genutzt, die Ilusionsmaschine des 20. Jahrhunderts, eine Filmkamera zu schaffen und sein Publikum zu verzaubern. Da schließt sich dann in gewisser Weise wieder der Kreis zu Schirrmacher, der ebenfalls die Suggestionskraft als wesentlicher Triebfeder zur Veränderung der Wirklichkeit beschreibt. In seinem Fall allerdings die Suggestionskraft eines ökonomischen Modells.
Und jetzt lese ich weiter Schirrmacher...