Samstag, 23. Juni 2018

Innovationsprotektionismus

Protektionistische Töne aus dem Weißen Haus sind in diesen Tagen nichts ungewöhnliches. Präsident Trump ist in vielen Bereichen der festen Auffassung, dass Amerikas Unternehmen unfair behandelt werden und amerikanische Verbraucher leiden. Während des meist um den Import ausländischer Waren in die USA geht, entzündet sich der neueste Streit am Export amerikanischer waren, genauer gesagt amerikanischer Medikamente. Diese unterliegen, wie alle Medikamente, in vielen Ländern einer Preisregulierung. Gesundheitsbehörden oder Krankenkassen schließen Verträge und legen fest Komma zu welchen Preisen bestimmte Medikamente zu haben sind. Diese Praxis ist nach Ansicht des Weißen Hauses dafür verantwortlich, dass die Preise für Medikamente in den USA im Vergleich deutlich höher sind. Amerikanische Pharmaunternehmen müssten ihre hohen Forschungs- und Entwicklungskosten über diese hohen Preise in den USA refinanzieren, weil sie zu billig im Ausland verkaufen müssten.

Natürlich liegt es durchaus nahe und wird auch in einigen Artikeln so beschrieben, dass die amerikanische PharmaBranche hier erhebliches Lobbying betreibt. Wirklich erstaunlich ist aber das eigentliche Argument: die Kosten für Forschung und Entwicklung eines neuen Produktes sollten gleichmäßig über alle Kunden verteilt werden, und andere Länder profitieren unverhältnismäßig von dem Forschungsanstrengungen in einem Land.

Viele Kommentatoren sind sich sicher, dass der Grund für unverhältnismäßig hohe Kosten für Medikamente in den USA aber an anderen Faktoren hängen. So ist es z.b. in den USA möglich, direkt für Medikamente zu werden, was in vielen anderen Ländern verboten ist. Auch ist das amerikanische Gesundheitssystem so strukturiert, dass es wenig Verhandlungsmacht gegenüber Pharmakonzernen besetzt.

Der europäische Gesundheitskommissar Andriukaitis hat jetzt die Vorwürfe aus den USA zurückgewiesen und unter anderem darauf hingewiesen, dass Pharmaforschung heute multinational funktioniert, dass die großen Pharmakonzerne ihre Forschungsabteilungen überall auf der Welt haben und in enger Kooperation mit unterschiedlichsten Forschungseinrichtungen an neuen Medikamenten arbeiten. Auch europäische Forschungsgelder fließen in großen Mengen in diese Anstrengungen. Es gibt nicht das eine Medikament, das in Amerika erforscht und entwickelt wurde.

Gesundheitsforschung wird auch deshalb mit hohen öffentlichen Mitteln unterstützt, weil sie am Ende in Produkte mündenden soll, die allen Menschen zur Verfügung stehen. Es geht nicht, oder zumindest nicht nur, um wirtschaftliche Ziele, sondern um übergreifende gesundheitspolitische Ziele, die mit der öffentlich finanzierten Pharmaforschung erreicht werden sollen.

Die NZZ übrigens hat in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Daten veröffentlicht, die einmal deutlich machen, dass in den USA die Ausgaben für Medikamente tatsächlich am höchsten sind, die aber auch zeigen, dass auch in Deutschland deutlich mehr pro Kopf für Medikamente ausgegeben wird als z.b. in den Niederlanden. Und die NZZ weist auch darauf hin, dass natürlich amerikanische Konzerne und die amerikanische Volkswirtschaft erheblich davon profitieren, dass die globale Pharmaforschung in den USA konzentriert ist.

Es gibt auch ganz andere Vorschläge, zu hohe Arzneimittelpreise zu bekämpfen. Auf dem World Economic Forum wurde dieses Jahr z.b. einen Vorschlag vorgestellt, der eine zweigeteilte Finanzierung vorsieht. Die eigentliche Forschung wird separat finanziert, z.b. aus einem Fonds, der insbesondere den Mehrwert für Patienten als Grundlage für die Kostenerstattung der Forschung heranzieht. Und dann wird das eigentliche Medikament eher wie ein Generika bezahlt, da die hohen Forschungs- und Entwicklungskosten ja nicht mehr durch Patentabsicherungen und hohe Preise refinanziert werden müssen.

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