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Montag, 29. Dezember 2014

International offen

Weihnachten 2014, und Deutschland diskutiert PEGIDA. Da hatte ich doch noch kürzlich in meinem Blog ganz optimistisch davon geschrieben, wie offen doch das Land und seine Gesellschaft geworden sind, und promt scheint PEGIDA und Co das Gegenteil zu beweisen.Im Moment ist das Phänomen noch auf Dresden beschränkt, und alle lokalen Ableger kümmern - gottseidank - noch eher vor sich hin. Ganz überraschend ist der Anti-Islamismus derDeomonstranten übrigens nicht, schon die von mir zuletzt zitierte Studie hatte die ausgeprägteIslam-Angst als einen der wenigen Schatten im sonst deutlich aufgehellten Bild der deutschen Weltoffenheit beschrieben. Ich persönlich hoffe ja, dass die Anti-PEGIDA Petition schnell zeigt, dass es sich hier um ein Minderheitenproblem handelt, also eine Minderheit der Deutschen hier glaubt, ein Problem zu haben.

Die Anzahl der Feuilleton-Artikel zu PEGIDA wächst geradezu exponentiell, darum will ich mich hier lieber auf das Nebengleis der Innovationspolitik bewegen und noch ein paar Linktips weitergeben. Bruegel Blog schreibt zu den Auswirkungen der Eurokrise auf einen schleichenden Brain Drain. Interessant ist vorallem die Graphik zur Korrelation zwischen FuE-Ausgaben und "high educated immigration"  bzw. emigration rate. Leider sind die Zahlen von 2010, damit scheinen mir auch die Daten für Deutschland etwas alt, weil hier gerade in jüngster Zeit eine ziemliche Dyynamik entstanden ist. Dieses Problem mit etwas alten Daten stellt sich auch für den nachfolgenden Tip auf einen Blogbeitrag desselben Autors (Alessio Terzi), diesmal im Blog des World Economic Forum. Schön ist die die Darstellung, in wieweit sich zuziehende und wegziehende Wissenschafttlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Qualität und Quantität die Waage halten. Besonders gut gefällt mir der Satz:

"Conditional on this, a country should also prefer a larger rather than smaller bubble, representing a sizeable flow of scientists and indicating a full exploitation of synergies gained from international cooperation."

Auch hier sind die Daten wieder relativ alt (1996 bis 2011), so dass Deutschland eher als unattraktives Auswanderungsland darsteht.Das war übrigens auch der Tenor im Schwerpunktthema "Forschermobilität" der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), die hier große Defizite sahen und auch genau den Zeitraum 1996 - 2011 betrachteten. Das BMBF hat auf das EFI-Gutachten mit einer Replik reagiert und voor allem auf die schwache und veraltete Datenlage hingewiesen.

Bleibt unterm Strich, dass Deutschland attraktiver wird - wenn die Deppen von PEGIDA die mühevoll aufgebaute Reputation im Ausland nicht wieder ebenso schnell  wieder mit ihrem dicken Hintern einreißen, wie sie gerade erst aufgebaut wurde.

Autos und Roboter

Warum eigentlich tauchen an Berliner Straßenbahnhaltstellen zurzeit Werbeplakate einer bekannten Autofirma auf, die für Industrieroboter werben und nicht für Autos? Genauer gesagt handelt es sich um kollaborative Roboter, die das Arbeitsleben leichter machen sollen, und dies "ohne Folgen". Mit Folgen sind übrigens Gsundheitsfolgen für die älter werdende Belegschaft gemeint, wie ein Blick auf die Website des Unternehmens deutlich macht, nicht etwa Folgen für das Arbeitsplatzangebot bzw. die Arbeitsplatzsicherheit in Deutschland.
 


BMW hat in den letzten Monaten in seinem Werk in Sparanburg erstmals eine gemeinsame Fertigung von Menschen und Robotern ohne schützende Zäune ausprobiert. Entsprechende Berichte sind auch in deutschen Medien mit Interesse aufgenommen worden. Und gerade arbeitet die Branche an Standards, um die Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menchen besser zu regeln. Ein schöner längerer Bericht ist nun auf der Mediathek des Deutschlandfunk zu hören.

Lustig finde ich es trotzedm, wenn Autobauer für Robter werben. Schließlich zielt dieseWerbung ja nicht auf die eigene Belegschaft, sondern die potenziellen Autokäufer. Die sollen wohl von der Modernität der Marke überzeugt werden - und möglicherweise dann doch auch ein wenig beruhigt werden, dass die nächste Welle der Automatisierung keine Folgen hat. Was auch immer damit gemeint sein kann ...

Sonntag, 28. Dezember 2014

Schöne Daten

Manchmal muss ich einfach staunen über die gelungene und ästhetisch perfekte Darstellung von Daten, so z.B. über die tollen NESTA-Graphiken zur britischen Kreativindustrie (hier mein Blogbeitrag zur deutschen Kreativindustrie). Unbedingt draufklicken und rumspielen!

Auch Flowing Data, der Blog zu Daten und Datenvisualisierung, hat die schönsten Datengraphiken 2014 gewählt. Eine Vorzeigebeispiel beschäftigt sich mit den Berufen, die während der Krise 2014 gewonnen oder verloren haben (siehe z.B. auch meinen Blogbeitrag hier).

Wirklich schöne Grpahiken gibt es ja in Deutschland eher selten, eine echte Ausnahm ist zum Beispiel die Seite zum Bundeshaushalt. Mein Wunsch für 2015: Macht mehr schöne Graphiken in Deutschland!

Dienstag, 23. Dezember 2014

Voraussagen

Ja, der Jahreswechsel schleicht sich an, die Zeit der Voraussagen rückt an, das neue Jahr 2015 - oder gleich die Zukunft -will geweissagt werden. Dieses Gefühl beschleicht mich, wenn ich die wachsende Zahl der Artikel sehe, die sich mit Voraussagen beschäftigen.

Mc Kinsey sorgt sich um dieZukunft Chinas im nächsten Jahr. Chinesische Arbeitnehmer werde merken, dass auch ihre Jobs ziemlich gut durch Maschinen zu ersetzen sind, zumal die Automatisierung noch ein gutes Stück vom Automatisierungsgrad Europas oder den USA entfernt ist. Da wird auch der ccchinesische Staat versuchen, mit entsrechenden Maßnahmen neue Jobs zu schaffen, um soziale Verwerfungen und entsprechende Unruhen vorzubeugen. Die anhaltende Luftverschmutzung wird mehr Geld in eine immer stärkere chinesische Erneuerbare-Energien-Industrie lenken. Außerdem wird China seine Stellung als Anbieter von Hchgeschwindigkeitszügen ausbauen.

Natürlich ist der Jahreswechsel auch die Hochzeit der Jahresrückblicke. Zum Beispiel dieser Rückblick über die Treffsicherheit der Konjunkturprognosen der vergangenen Jahre. Es hängt wohl viel von einzelnen Personan ab,zum Beispiel lag die Bank of America ganz gut, solange ihr Europa-Chefökonom Holger Schmiedling für die Prognosen verantwortlich war.Die Bundesregierung ist mit ihren Prognosen nur mittelmäßig gewesen, am schlechtesten schnitten Internationaler Währungsfonds und EU-Kommission ab.

Da fragt man sich schon, was aus schlechten Voraussagen zu lernen ist. NESTA schreibt passender Weise über die Prognosefähigkeit zu politischen Ereignissen. Ausgangspunkt des Artikels ist ein amerikanisches Forschungsprojekt zu "good jugement". Jeremy Kingsley von NESTA diskutiert dann die Prognosekraft von sogenannten Prognosemärkten, also Tools, die viele Menschen über ein mögliches Ereignis abstimmen lassen (bekannt in Deutschland sind die Wahlprognosen z.B.von Wahlstreet). Er kommt zu dem Schluss, dass Prognosen "aus dem Labor" heute noch meist bessere Ergebnisse liefern, die Prognsemärkte aber eine große Zukunft haben.

Eher aus dem Labor kommen dann NESTAS eigene Prognosen für 2015:  Neue Parteien in vielen europäischen Ländern, die ganz anders arbeiten als die traditionellen Parteien, erste größere Pleiten fürCrowdfunding-Projekte oder auch Werbeplakate it personalisiertem Content à la Minority Report. eine guteTradition von NESTA ist übrigens auch, sich die eigenen Voraussagen des letzten Jahres nch einmal kritisch anzuschauen

Ach ja, Vorausschau und Minority Report, da fehlt natürlich noch der Hinweis auf die Vorhersage von Verbrechen und die vorausschauende polizeiliche Verhinderung (predictive policing), diesmal mit einem Artikel zur Niedersächsischen Polizei. Meine Voraussage für 2015: noch mehr Aufregung über solche Prognosen ...

PS. Und von wegen Rückschau, hier der TED Rückblick 2014

Sonntag, 21. Dezember 2014

Regierungen Innovativ

Innovation - Stein der Weisen, Schlüssel zum Erfolg. Kaum ein Begriff wird häufiger verwendet, wenn es um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, um gute Politik geht. Alle sollen innovieren, Unternehmen, Universitäten, Forschungseinrichtungen... umd auch der Staat? Ich persönich muss zugeben, dass mir die staatliche Verwaltung spontan nicht als erstes in den Sinn kommt, wenn ich an innovationsoffene Akteure denke. Sichere Prozesse, dass kan die Administration gut, aber risikoffen neues wagen?

Ein Artikel des Schumpeter-Blogs des Economistberichtet davon, dass es durchaus staatliche Stellen gibt, die sich innovativen Ansätzen verschrieben haben. Und die das Risiko kennen, die etabliertren Verwaltungsstrukturen innewohnen. Letztlich haben sie ja das selbe Probllem wi große Unternehmen, die ebenfalls eher träge, behäbig und konservativ sind und die Offenheit und Flexibilität von kleinen  und jungen Firmen durch neue Einheiten simulieren müssen. Genause gehen die Beispielverwaltungen des Economist vor - sie schaffen s etwas wie Labore, unabhängige kleine Einheiten, manchaml sogar direkt beraten von Unternehmen oder Unternehmern, die wissen, wie man so ws macht. Diese Innovationslabore der Verwaltung setzen auf Co-Creation, also gemeinsames Entwickeln neuer Dienstleistungen und Prdukte zusammen mit ihren Kunden (den Bürgern), auf open innovation und auf die sharing economy. Die Labore investieren in junge Unternehmen mit kreativen Ideen und Lösungen. Natürlich sind das alle kleine, geschütze Freiräume des Experimentierens, mit vergleichsweise kleinen Budgets und einer beschränkten Hebelwirkung. Der Economist meint jedoch, dass hier die Keimstätten für eine neue Verwaltungskultur, vor allem auf lokaler Verwaltungsebene,  liegen. Er verweist vor allem auf die Aktivitäten und Berichte von NESTA.

Auf der Website von NESAT findet sich z.B. ein Bericht von NESTA zu 20 sogenannter i-Teams (also Innovationseinheiten) und eine eigene Internetseite zu diesem Projekt.  Der Bericht macht 4 Typen der Innovationslabore aus: Sie konzentrieren sich auch 1) die Lösung spezifisher Probleme, sie wollen 2) Bürger und Wirtschaft besser einbinden, sie 3) sollen Verwaltungsabläufe, Kompetenzen der Verwaltung und Kultur verändern oder sie haben 4) sehr breite Zielsetzungen (als Beispiel genannt: Mordraten senken, Wirtschaftswachstum ankurbeln etc.). Eine NESTA-Studie  widemt sich übergreifend der Frage, wie öffentliche Institutionen innovaiver werden können.

Aber NESTA ist nicht die einzige Institution, die sich mit innovativer öffentlicher Verwaltung auseinandersetzt. Die OECD hat gerade erst eine Konferenz zm Thema organisiert, eine Website eingerichtet und ein Observatory zum Thema freigeschaltet (das Länderprofil Deutschland beschränkt sich weitgehend auf e-government), dass auf dem OECD-Blog OECDInsights vorgestellt wurde.

Ich möchte mich heute aber nicht weiter mit dem Aspekt der Digitalisierung beschäftigen, zumal auch e-gvernment in Deutschland eher kein Top-Beispiel für innovatives staliches Handeln ist. Als ein Beispiel im zitierten NESTA-Report wurde allerdings das Behavioural Insights Team aus London genannt, dass schon für einen nachhaltigen Eindruck in Deutschland gesorgt hat. Es hat als Vorbild für das deutsche Kanzleramt gedient, um auch hierzulande verhaltensökonomische Ansätze für ein besseres Regieren auszuprobieren. Zuletzt wurde dazu auch auf einer Veranstaltung des Bundesjustizministeriums diskutiert, wie das Verfassungsblog berichtet (um sich dann der Frage nach der Ethik des Nuging zuzuwenden).

Nugingscheint ein richtiges Modeknzept geworden zu sein, wofür nicht nur das Interesse des Kanzleramts spricht, sonder z.B. auch, dass Nuging eine große Rolle im neuen Weltentwicklungsbericht 2015 spielt. Der Blog des World Economic Forum ist enthusiastisch bis begeistert. Kritisch setzt sich der Oxfam-Blog von Duncan Green damit auseinander, der ebenfalls einen übermäßigen Paternalismus fürchtet oder zumindest keine kritische Auseinandersetzung im Weltentwicklungsbericht.

Auch ja, NESTA hat sich auch mit der Frage der richtigen Motivation der staatlichen Verwaltung beschäftigt, um eine Kultur der Innovation zu fördern. Da schließt sich dan derKreis vn Nudging zu innovativen Verwaltungen, wenn diese Prinzipien auf die innovationsorientierten Prozese selbst angewendet werden.

Zu guter Letzt der Hinweis auf einen eher kritischen Artikel zu Innovationen als Allheilmittel. Vielleicht sollte esdie Verwaltung also nicht übertreiben?

P.S. Nuging im Entwicklungskontext zieht eiter seine Kreise, hier ein ergänzender Artikel auf SciDevNet, in dem ein ganz konkretes Beispiel aus Kenia ausgeführt wird. 

Freitag, 19. Dezember 2014

Innovatives Ländle

Das statistische Landesamt Baden-Württemberg hat gerade seinen Innovationsindex 2014 vorgestellt, in dem es europäische Regionen auf ihr Innovationspotenzial hin vergleicht. Und die große Überraschung: Baden-Württemberg ist ganz vorne auf Platz 1!


Nicht dass ich das nicht erwartet hätte vom Musterländle. Aber kurios ist es schon, dass vergleichbare Metropolregionen wie London deutlich schlechter abschneiden (London Platz 34), siehe auch diese Karte). Mein erster Verdacht: hier werden Indikatoren genutzt, die dem Standort BW entgegenkommen. Der Statistik-Anhang zeigt: gewertet werden FuE-Ausgaben, FuE-Personal, Erwerbstätige in innovativen Branchen und Patentanmeldungen. Damit ist dieser Indikator deutlich weniger komplex als z.B. die Indikatorensysteme anderer Innovationsstudien.


Auch in diesen schneidet BW gut ab. Eine Regionalauswertung nach Bundesländern stellte z.B. der letztjährige Innovationsindikator 2013 von BDI und Deutsche Telekom Stiftung vor. Die deutschen Bundesländer wurden hier untereinander, aber nicht mit anderen europäischen Regionen verglichen. BW lag innerhalb Deutschlands auch auf Platz 1. Und schließlich hat auch die EU ihr Regional Innovation Scoreboard 2014. Auch hier ist BW in der Grüppe der Innovationsführer (Innovation Leaders), ebenso wie Paris übrigens, aber auch hier ohne London (aber mit dem Londoner Umland). Hier gibt es allerdings keine Indexwerte für einzelne Regionen, sondern nur die Eingruppierung in vier Gruppen, oder aber die Detailwerte der Subindikatoren.


Im zum Ländle zurückzukommen. Baden-Württemberg ist stark - aber auch hier gibt es Wolken am Horizont, wie z.B. diese Studie von Fraunhofer ISI zur Metropolregion Stuttgart im Frühjahr aufzeigte. In der Pressemeldung der IHK Stuttgart hieß es entsprechend:


Im Vergleich zu den übrigen Metropolregionen laufen KMU der Metropolregion Stuttgart Gefahr, den Anschluss in Zukunfts- oder Hightech-Feldern wie neue Materialien, Optik, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik und Medizintechnik zu verlieren. Auch beim Einsatz neuer Verarbeitungstechnologien, wie beispielsweise für Leichtbau- oder Verbundwerkstoffe, liegen die KMU zurück.


Fazit:  Der Innovationsindex des statistischen Landesamtes scheint auf einer übergreifenden Ebene die Stärke Baden-Württembergs schon richtig wiederzugeben. Im Detail heißt das aber nicht, dass innovationsmäßig alles im Lot ist im Südwesten. Zumindest nicht, was die Zukunft angeht.  

Sonntag, 14. Dezember 2014

Standort D

Die Steueraffäre um Luxemburg hat die Diskussion um Steuerpolitik als Standortpolitik neu entfacht. Die Welle der Empörung in Deuschand geht hoch und richtet sich gegen das Land Luxemburg (und Jean-Claude Junker) ebenso wie gegen die Konzern, die es so erfolgreich schafften, ihre Steuerlast zu verringern. Dabei ist der Steuerwettbewerb nach Ansicht deutscher Politiker nicht grundsätzlich verwerflich. Selbst inneralb Deutschands wird Steuerpolitik als Standortpolitik genutzt, wenn Kommunen und Bundesländer Investitionen anlocken wollen und sich gegenseitig ausstechen. Aber irgendwann hören die Zugeständnisse an die Unternehmen scheinbar auf, nur Anreize zu sein, und werden zu unmoralischen Steuergeschenken. Und gerade die global agierenden, multinationalen Konzerne nutzen das sehr gezielt aus. Auf der Ankagebank sitzen dabei Unternehmen der "old economy" genauso wie die Mulis der Digitalisierung. Jedoch sind Google, Amazon und Co. unter verschärfter Beobachtung, weil ihnen nachgesagt wird, dass ihre Gründer und Geschäftsführer den großen Reibach machen, die Länder und ihe Gesellschaften aber kaum etwas herausziehen. Diese Geschäftsmodelle werden mit verantwortlich gemacht für eine steigende Ungleichheit der westlichen Welt. Digitalisierung und Automatisierung als Treiber der Verschiebung der Renditen von Arbeit zum Kapital.

Aber nun ist Schluss mit Lustig. Großbritannien möchte multinationale Konzerne jetzt ertragreicher besteuern und so die klammen Kassen füllen, von einer Lex Google ist sogar die Rede. Ds passt auch gut in eine Stimmung, in der das Eu-Parlament gerade die Zerschlagung Googles diskutiert. Aber der Voschlag von Osborne scheint entgegen seiner markigen Worte eher geringe Summen zu betreffen, so vermutet zumindest der Guardian und zitiert auch einen Experten, der nationale Allleingänge als wenig hilfreich einschätzt und auf einen Wandel des interationalen Steuerregimes setzt.

Für internatonale Diskussionen und Regime ist die Patentbox ein gutes Beispiel, die gerade auf OECD- und EU-Ebene diskutiert wird. Patentboxen sind Steuerregelungen für Unternehmen, um Investitionen in Forschung und Entwicklung steuerlich abschreiben zu können. Einige Länder haben hier sehr vorteilhafte Regelungen für große Konzerne geschaffen, andere wie Deutschland haben sich in den letzten Jahren zurückgehalten. Dies hat den Wettbewerb verschäft und Unmut in Deutschland hervorgerufen (z.B. bei der Expertenkommission Forschung und Innovation, aber auch im Finanzministerium). Im Sptember machten dann Meldungen die Runde, dass auch Schäuble die Einführung von Patentboxen plane, um in diesem Stuerwettbewerb um Forschungsstandorte wettbewerbsfähig zu bleiben. Vielleicht war dies ja auch ein Versuch des Finanzinisters, dem latenten Druck um Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung zumindest in Teilbereichen nachzugeben. 

Im November schließlich einigten sich Deutschand und Großbritannien auf ein gemeinsames Vorgehen bei den internationalen Verhandlungen auf G20 und OECD-Ebene. Es ging dabei nicht mehr um einen völligen Verzicht für Patentboxen, sondern um ein abgestimmtes und abgemildertes Vorgehen, um den Wettbewerb nicht allein zugunsten der Multis ausufern zu lassen. Mittlerweile hat die EU entschieden, wie ein neues Regime aussehen wird, ein Kompromiss auf der Grundlage eben dieser Übereinkunft von Deutschland und Großbritannien. Für Deutschland wird also der Druck etwas gemildert, und vielleicht kommt ja auch hier die deutsche Patentbox.

Im Moment ist Deutschland als Forschungsstandort übrigens noch sehr attraktiv. Die entsprechende EFI-Studie vom vergangenen Jahr kam zu dem Schluss, dass: "es keine „Verlagerung“ von FuE deutscher Unternehmen ins Ausland gab. Eher dürfte der deutsche FuE-Standort von der Internationalsisierung der FuE multinationaler Unternehmen profitiert haben."

Digital

Die Bundeskanzlerin legt sich gerade enorm ins Zeug,  um die von Jean-Claude Junker versprochenen Brüsseler Milliarden des Investitionspakets (auch) in Richtung Digitalisierung zu lenken. Aber wie sieht es eigentlich aus aktuell mit der digitalen Wirtschaft in Deutschland? Alles nur Breitbandstau, oder was? Gerade sind drei Berichte erschienen, die einen sehr gemischten Eindruck hinterlassen. 

Das BMWi hat den Monitoring-Report Digitale Wirtschaft vn TNS Infratest veröffentlicht, der in den unterschiedlichsten Feldern den Status hierzulande mit anderen Ländern vergleicht.Insgesamt kommt Deutschland dabei auf Platz 5. Untersucht wurde z.B. auch die Gründungsrate, die zwar mit 7,2 % höher ist als in jeder anderen Branche, aber nichtdestotrtz rückläufig wie in allen anderen Branchen. Die Innovationsausgaben sind 2012 (das ist das Bezugsjahr in dieem Falle) zurückgegangen sind, ebenso die Innovatorenquote.Die Handlungsempfehlungen fokussieren dannauch Breitbandausbau (Junker!), Industrie 4.0 sowie Big- und Smart Data, und schließlich den Ausbau von E-Government (Deutschland nur auf Platz 10).

Und wie sieht es mit einer der Speerpitzen der Digitalisierung aus, der Kultur- und Kreativwirtschaft, einer Branche, die von der Zahl der Beschäftigten genauso groß wie der Maschinenbau ist. Auch die hat gerade eine Studie des BMWi (durchgeführt von Fraunhofer ISI und ZEW) untersucht. Insgesamt schrumpft der Sektor nach einem beständigen Aufwuchs in den letzten Jahren erstmals (Beschäftigte 2013 zu 2012 minus 0,4%), der aus eher traditionellen Branchen wie Presseverlagen, Buchmarkt, Musikindustrie, und den sogenannten darstellenden Künsten (Schauspiel etc.) ebenso besteht wie aus der Softwarebranche. Dies ist durch den Rückgang der geringfügig Erwerbstätige begründet. Die Zahlen der Freiberufler und Selbständigen sowie der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigen hingegen an. Auch der Umsatz wächst nur verhalten. Das geht nicht unerheblich auf die wachsende Software- und Gamesbranche zurück, während Rundfunk-, Presse-, Werbe- und Buchmarkt nur wenig wachsen oder gar schrupnfen. Die absolute Zahl der eigentlichen Künstler und Kreativen nimmt zu, während die Distributoren, also Verlage,Einzelhandel und Co. zurückgehen. Die Digitalisierung verschiebt also die Gewichte innerhalb der Branche.

Die Kleinunternehmen in Deutschland scheinen die Digitalisierung allerdings zu verschlafen, zumindest legt dies diese neue Studie nahe. Es geht dabei vor allem um die typischen Handwerker und Gewerbetreibenden, die eher ein wenig konservativ den Sprung ins kalte Wasser der schönen neuen Digitalwelt scheuen. Die FAZ, die diese Studie zitiert, schreibt zusammenfassen: "Unternehmen, die ihren Digitalisierungsgrad in der Befragung als gut oder sehr gut einschätzten, verzeichnen deutlich häufiger ein Umsatzwachstum. So befindet sich fast jedes zweite dieser Unternehmen (44 Prozent) in einer Wachstumsphase." Die Digitale Agenda, die hier den digitalen Durchstart Deutschands bringen soll, ist übrigens nur mäßig bekannt (40% haben von ihr gehört).




 

Sonntag, 7. Dezember 2014

Einwanderung, Nationalgefühl und Diversity

Enwanderung ist gerade mal wieder eines der Top-Themen in Europa. Divid Camron hat in seine lang erwarteten Europa-Rede eine Begrenzung der europäischen Arbeitsmgration oder zumindest eine Begrenzung ihes Zugangs zum britischen Sozialsystem gefordet (hier ein Interview dazu mit Elmar Brok). Die Schweizer haben sich in einem Referendum gegen eine - fundamentalökologisch argumentierte -deutliche Beschränkung der Zuwanderung ausgesprochen, nachdem sie erst Anfang des Jahres einem ähnlichen Referendum zugestimmt hatten. In Deutschland ist es hingegen still, und das sogar, obwohl sich eine Menge tut:

Gerade hat die OECD eine neue Studie zur Einwanderung (OECD Migration Outlook 2014) vorgestellt. Demnach ist Deutschland jetzt (in absoluten Zahlen) Vizeweltmeister
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie erklärt ganz schön Thomas Liebig, einer der Autoren, in einem Interview des Deutschlandfunk. Im vergangenen Jahr erst hatte die OECD sich die deutschen Zuwanderungsregeln genauer angeschaut und ein ziemlich positives Resumée gezogen, aber auch eine ganze Reihe von Handlungsempfehlungen formuliert (z.B. Ausdehnung der Einwanderungsgenehmigungen auf Personen mit mittleren Bildungsabschlüssen, Öffnung für die berufliche Migration aus Nicht EU-Ländern).

Das sind die Fakten, aber waum ist das so, und wie gehen die Deutschen damit um? Die Attraktivität Deutschlands, gerade in Zeiten globaler Wirtschaftskrisen, dürften mit der stabilen wirtschaftlichen Lage sicher schon weitgehend erklärt sein, ähnlich geht es übrigens den beiden oben genannten Ländern Großbritannien und Schweiz.

Auch die Einstellung der Deutschen zu Einwanderung hat sch fundaental geändet, und dies macht das Land vielleicht auch attraktiver Eine Studie zeigt im Vergleich zu Großbritanien, wie drastisch sich die deutsche Bevölkerung geöffnet hat. Sie glaubt, dass ihre Regierung eine gute Arbeit in der Innovationspolitik gemacht hat und dass Einwanderung gut für die Wirtschaft ist.

Und schließlich hat sich das Bild der Deutschen von sich selbst verändert. Die Studie "Deutschland postmigrantisch" -ebenfalls dieserTage vom BIM vorgestellt, macht deutlich, dass sich die Deutschen nicht mhr vorrangig über Abstamung von deutschen Eltern, sondern eher über Kenntnisse der deutschen Sprache (das kann man lernen) und deutsche Staatsbürgerschaft (die kann man in Deutschland mittlerweile sogar auch beantragen) definieren. Eine moderne, offene Nation also? Gerade Muslimen gegenüber sind viele Deutsche dann doch nicht so offen.  Insgesamt aber ist das Ergebnis der Studie eher ermutigend, und so wurde sie auch von den Medien aufgegrffen.

Die Anerkennung Deutschlands als Einwanderungsland durch die Politik hat ziemich lange gedauert. Nun scheint auch die Gesellschaft dieses neue Verständnis verinnerlicht zu haben. Für uns alle ist das eine gute Nachricht, angesichts einer alternden Bevölkerung ist ein bisschen mehr Zustrom von außen ganz gut zu gebrauchen. Auch für den Innovationsstandort Deutschland wird sich das positiv auswirken. Wie eine gerade erschienene Studie am Beispiel Großbritaniens zeigt, fördert kulutrelle Diversität und Einwanderung Unternehmertum und Startup-Kultur, allerdings mit bestimmten Einschränkungen. Es sind eher die frisch Zugewanderten, die den Unternehmergeist mitbringen. Und die Qualifikationen der Zugewanderten haben natürlich auch einen Einfluss. In diesem Sinne ist die augenblicklicheSituation Deutschlands also ganz schön vielversprechend. Obwohl man die eingangs zitierten OECD-Zahlen nicht überbewerten darf. In Prozent der Bevölkerung ist dieZuwanderung nach Deutschland sogar unter dem OECD-Durchschnitt, und die Schweizer sind auf Platz 1....


Und zu guter Letzt noch ein Blick auf die Meinung deutscher Startups darüber, in wieweit ein steigender internationaler Zuzug die Gründungssituation in Deutschland verändert hat oder verändern wird. Im Rahmen des Trendbarometers junge IKT, das ich zusammen mit Kollegen jährlich erstelle und das auf eine Befragung junger IKT-Unternehmen beruht, haben wir uns auch das Thema Zuwanderung und ausländische Fachkräfte angeschaut. Demnach scheinen Gründer aus dem Ausland in Deutschland noch keine wirklich große Rolle zu spielen, internationale Fachkräfte hingegen werden schon jetzt von vielen Gründern in Deutschland gesucht.


P.S. Die Diskussion um Zuwanderung reißt auch angesichts von PEGIDA und CSU-Vorschlägen zum privaten Sprachgebrauch in Deutschland nicht ab. Das Thema Sprachgebrauch daheim wird aus linguistisches Sicht hier sehr schön vom Sprachlog aufgearbeitet. Da scheint die CSU ja ziemlich schief gewickelt zu sein. Das BMWi wiederum bringt aktuell ein Positivbeispiel mit seinem Unternehmenspreis "Mit Vielfalt zumErfolg" für Willkommenskultur in KMU, für den es aktuell wieder um Teilnehmer wirbt.

Samstag, 6. Dezember 2014

Zukunft der Finanzwelt und Zukunft der Arbeit

Wenn es um die Zukunft der Arbei geht, oder zumindest darüber geschrieben wird, wie sich die Arbeitswelt aufgrund der Digitalisierung verändert, werden immer die selben Dienstleistungsberuf als Beispie für einen Wandel genannt, der heute schon sehr sichtbar sei: Reisebüros (jetzt buchen übers Internet), Einzelhändler (jetzt kaufen bei Amazon und Co) und Bankmitarbeiter (Geld abheben jetzt am Automaten, Finanztransaktionen per Online-Banking).

Tatsächlich ist die Zahl der Bankfilialen in den letzten Jahren massiv zurückgegangen, und parallel dazu auch der Bankangestelten. Die These von Brynjolffson und McAfee vom Rennen gegen die Maschinen (den treuen Lesern meines Bogs bestes bekannt) scheint sich hier also bestens zu bewahrheiten. Doch scheint die Bankbranche nun das Rennen noch nicht verloren geben zu wollen. Wenn die Digitalisierung unser geschäftsmodell umkrepelt und unsere Arbeit auffrist, müssen wir halt besser und innovativer werden. If you can't beat them, join them!

Eine Studie der deutschen Bankzum Thema Fintech (also Finanzwirtschaft und Technologie) fasst die dramatischen Änderungen der Rahmenbedingungen (von der Share Economy über den digitalen Strukturwandel, zusammen. Musikindustrie und Verlagsbranche werden als abschrekende Beispiele genannt, die eine Mahnung für die Finanzbranche darstellen sollten. Die Studie wirbt schließlich für verstärkte Innovationen im Banksektor. Damit sind dann auch nicht die "innovativen" Finanzprodukte gemeint, die mit ein Auslöser für die weltweite Finanzkrise waren, sondern IT-Sicherheit, moderen Datenanalysemethoden oder Finanzdienste auf der Basis von Algorithmen (AlgoBanking). Schon jetzt ist die digitale Umwältzung der Finanzbranche an allen Ecken und Enden zu beobachten: Crowdfunding, mobile Zahlungsdienste oder Big Data im Finanzbereich sind bereits da und verändern das Geschäft der traditionellen Banken.

Die Studie eschien im September und fußte wohl auch uf internen Strategieprozessen der Deutschen Bank. Diese plant jetzt nämlich Bank zusammen mit Microsoft, IBM und HCL ein Innovationszentrum in Berlin, London und Palo Alto, um im Bereich Fintech "vorne mitzuspielen", wie die VDI-Nachrichten zitieren.

Die Finanzwelt hat dann ja wohl den Ruf der Zeit gehört und beeilt sich, nichts zu verpassen. Ob das für ihre Angestellten dann auch gilt, ob ihre Jobs gerettet oder zumindest in die neuen Forschungsabteilungen der Banken verlagert werden, steht nicht in der Studie und ist auch eher zu bezweifeln. Aber wir wollen Optimisten bleiben, wahrscheinlich kennen wir die tollen neuen berufe einfach noch nicht, die uns in Zukunft das nötige Klingeld für die Brtchen verdienen lassen. Die NZZ hat in einem Artikel mit dem schönen Titel "Für diese Berufe sind Sie zu alt" gerade eine Präsentation verlinkt, die die schönsten Berufe der Zukunft präsentiert, die heute noch gar nicht existieren. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Corporate Disorganizer, der Unruhe und Startup-Kultur in behäbige Unternehmen bringt? Oder der Alternative Currency Speculator? Wo wir dann wieder bei der Bankbranche wären...

Freitag, 28. November 2014

Zukunft der Industrie und Zukunft derArbeit

Gerade haben sich BMWi, BDI und IG Metall zu einem Bündniss "Zukunft der Industrie" zusammengeschlossen(hier die Meldung au der BMWi-Website mit Link zum "Gründungsdokument", hier ein Youtube Video zur entsprechenden Veanstaltung). Die Kommentatoren sind sich nicht einig. Einerseits ist das ein Erfolgsrezept Deutschlands, der Schulterschluss zwischen Sozialpartnern und Politik, die Kultur des Konsenses in wichtigen Fragen der Wirtschafts- und Innovationspolitik. Andererseits gab es auch schon viele sogenannte Bündnisse wie das Bündnis für Arbeit, die als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet sind.

Ich finde das Gründungsdokument gut geschrieben, es geht differenziert mit der Ausgangslage und ihren Herausforderungen um. Man muß jetzt sicher abwarten, was daraus wird. Ob die angekündigte Stiftung ihre Wirkung entfalten kann. Ich frage mich aber auch,  was aus den anderen Akteuren wird, die noch nicht eingebunden sind. Kern des Bündnissees zur Zukunft der Industrie ist ja das Thema Industrie 4.0, und das ist eigentlich ein Zukunftsprojekt der Hightech-Strategie, mit eigenen Plattformen. Müssen die sich jetzt unterordnen, läuft das einfach parallel weiter?

In der Auftaktveranstaltung hat die IG Metall übrigens gleich ein wichtiges Thema angesprochen, dass noch zu erheblichen Konflikten zwischen den neuen Partnern führen könnte. Wie wird sich die Automatisierung, die wohl mit Industrie 4.0 auch einhergeht, auf die Zahl und Qualität der industriellen Arbeitsplätze in Deutschland auswirken? 

Das ist dann die Diskussion um das Rennen gegen oder mit den Maschinen, das Race against the Machines von Brynjolfsson und Mcaffee, das meine Blogbeiträge immer wieder durchzieht. Dazu passt der neue Blogbeitrag des World Economic Forum mit der Frage, ob die von Brynjolfsson und Mcaffee vorausgesagte Aushöhlung der Mittelschicht schon messbar ist. Seine Antwort ist ja, und seine letzte Frage ist dann,  ob das die bildungspolitischen Versprechen - Studium garantiert höheres Einkommen - überhaupt noch gilt.

Und ist das dann nicht fast schon die deutsche Diskussion um Duale Ausbildung, Fachkräftemangel und falsche internationale Erwartungen (Stichwort OECD) nach noch mehr deutschen Studenten? Einer der sichtbarsten Diskutanten der aktuellen Diskussion ist Julian Nida-Rümelin, der gerade bei einer Veranstaltung der Böll-Stiftung zu Wort kam. Natürlich wurde auch in dieser Veranstaltung Qualifikation nicht als Hinderungsgrund für ein erfolgreiches Rennen gegen die Maschinen gesehen. An den strukturellen Effekten und einem möglichen Arbeitsplatzabbau wird das aber auch nichts ändern. Viel Spaß (und Erfolg) also bei Eurer Diskussion,  liebes Zukunftsbündnis Industrie.

Corporate Venture und veränderte Innovationssysteme

Investitionsstau allüberall. Keine Investitionen in Investitionsgüter und Anlagen, keine Investitionen in Infrastruktur, und leider auch keine Investitionen in Startups.

Der klassische Venture Capital Markt in Deutschland ist weiter eher scheintot, das zarte Pflänzchen Crowdinvesting könnte durch einen rigiden Kleinanlegerschutz gerade ausgetrocknet werden, nur eine Finanzierungsquelle für junge Unternehmen scheint eher größer zu werden: Corporate Venture, also die Investitionen von großen Konzeren in Gündungsideen.

Zumindest hat der Economist in einem gerade veröffentlichten Artikel die wachsende Zahl und Bedeutung von Corporate Venture Aktivitäten beschrieben (siehe auch hier) und den Eindruck hinterlassen, dass da richtig die Post abgeht. In Berlin muss man auch dieses Gefühl haben, wo doch ein Konzern nach dem anderen seinen Inkubator eröffnet.

Corporate Venture tut sich aber nicht unbedingt leicht mit der Gründungsunterstützung. In Gründerszene hat gerade Jan Beckers sechs Gründe aufgeführt, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Gründern und großen Unternehmen bisweilen schwierig machen:
  1. Fokus: Firmen sollten auf dem Gebiet bleiben, auf dem sie sich gut auskennen und wirklich stark sind. Sonst ist nicht möglich, den Gründern mit ihren Geschäftsmodellen weiterzuhelfen. Auch Synergien seien sonst nur schwer herzustellen.
  2. Team: Großen Firmen fällt es schwer, die besten und begabtesten Gründer und Gründerteams zu identifizieren. Wirklich starke Persönlichkeiten würden sich nur selten an die großen Unternehmen wenden, weil sie um ihre Unabhängigkeit fürchten.
  3. Incentives: Junge Firmen brauchen für den Start eine Menge Eigenkapital. Hier sind Firmeninkubatoren oft zu vorsichtig. Man will zu schnell Ergebnisse und Rendite sehen. Vorher gibt es nur wenig Geld. Oft zu wenig, um durchschlagenden Erfolg zu haben.
  4. Schnelle Entscheidungen: Für junge Unternehmen sind die Entscheidungswege in großen Firmen zu intransparent. Oft dauert es viel zu lange, bis wichtige Entscheidungen getroffen werden. Bei Neugründungen – gerade im digitalen Bereich – überlebt aber oft nur der schnellste.
  5. Synergien: Nur selten wird eine Verbindung zwischen dem traditionellen Geschäft der großen Firmen und ihren Neugründungen hergestellt. Dabei könnte man viel effektiver und erfolgreicher sein, wenn Synergien geschaffen würden.
  6. Kultur: Große Traditionsfirmen haben oft eine Unternehmenskultur, die sich nicht mit dem jungen, schnellen Gründergeist verträgt. Bei Startups will sich jeder Mitarbeiter als Mitinhaber fühlen. Und nicht nur als Angestellter eines unübersichtlichen Riesenkonzerns.
Die lange und nicht immer erfolgreiche Geschichte von Corporate Venture seit den 60er Jahren zeichnet aus US-amerikanischer Perspektive eine zweiteigige Artikelserie (Teil 1 hier und Teil 2 hier) nach. Sie sieht gute Chancen, dass Corporate Venture aus seinen Fehlern gelernt hat und heute besser gerüstet ist, um aus der Zusammenarbeit mit Startups auch wirklich alles herauszuholen.

Soviel also zur Rückbetrachtung und zur aktuellen Situation. Warum aber ist Corporate Venture wieder am Kommen und wohin führt das ganze? Meine Hypothese ist, der Trend liegt im sich fundamental verändernden Innovationsregimen begründet. Die Investitionsaufwendungen verschieben sich tendenziell zu den Großkonzernen, die eine noch zentralere Rolle im Innovationsprozess einnehmen, dabei aber ihr eigenes Innovationsverhalten ändern. Open Innovation und globalisierte Innovationsprozesse sind weitere Indizien für diese Veränderungsprozesse. Innovationsprozesse werden ausgelagert an Partner, danach aber wieder in die eigenen Prozesse integriert. Kleine und junge Unternehmen sind die krativen Werkbänke der Großen, sie werden erst unterstützt und dann einverleibt. Die Pharma-/Biotechbranche hat es vorgemacht, andere Branchen werden Stück für Stück folgen, wie z.B. die Zeitungsverlage - Beispiel Holtzbrinck Ventures, die so die Digitalisierung ihrer Branche zu überleben hoffen.

Was sich perspektivisch ändert, ist das Konzept des Unternehmens selber. Es ist keine klar definierte und nach außen abgegrenzte Organisation mehr, es hat offene Schnittstellen, Sateliten in seinem näheren Umfeld und des ist auch räumlich nicht mehr auf ein Land einzugrenzen. Somit ist die wachsende Bedeutung von Corporate Ventures zwar wichtig für die Gründerszene, aber viel eher ist es ein Indiz für sich verändernde Unternehmenslandschaften bei traditionellen Konzernen. Ein Krisensymptom sozusagen, oder ein weitererevolutionärer Schritt in der Entwicklung des Modells Unternehmen. 

P.S. Das Handelsblatt hat gerade einen kleinen Artikel veröffentlicht, in dem die zunächst etwas skurril klingende Idee beschrieben wird, dad Gründer als Retter der Nachfolgeprobleme von Familienunternehmen herbeieilen. Großunternehmen übernehmen Gründer, diese übernehmen Familienunternehmen...

Sonntag, 23. November 2014

sportliche Zukunft

Die Süddeutsche beichtet, dass der Versicherungskonzern Generali seinen Kunden neu Vergünstigungen gegen Datenvon Fitnessapps anbietet. Wer Sport treibt und seine Daten weiterleitet, bekommt Gutscheine und vielleicht auch Tarifnachlässe. Die Meldung hat ziemlich schnell zu einer Reihe von Artikeln geführt, die sich kritisch mit diesem Ansinnen auseinandersetzen. Der Tagesspiegel schreibt empört, dass die Verführung (reduzierter Beiträge..), der erste Weg in die Unfreiheit ist. Die Süddeutsche meint, das individualisierte Tarife eine große Gefahr bergen: Sie führen das Prinzip der Versicherung ad absurdum. Versicherer gleichen eigentlich verschiedene Risiken aus, zwischen vielen Kunden und auch über die Zeit.

Man kann das auch gelassener sehen, schließlich sind Versicherungen schon früher großzügig gewesen, wenn ihre Kunden sich um ihre Gesundheit kümmern. Sportkurse wurden anteilig mitfinanziert, Vorsorgeuntersuchungen honoriert. Jetzt untersützt halt eine neue Technologie diese Politik. Andere Versicherer machen dass übrigens schon länger, zum Beispiel die KFZ-Versicherungen mit Backboxes zum Fahrverhalten. Aber die Daten der Fitness Tracker sind schon deutlich intimer als die Anmeldebescheinigen zum Yoga Kurs. In einer Stimmung, in der Datensammelwut der Interetkonzerne als existentielle Bedrohung wahrgenommen wird, schlägt dann die Meldung zu Generale ein wie eine kleine Bombe.

Der gläserne Kunde und Internetsurfer bricht ein Versprechen der Moderne, die Anonymität der Masse. Jedes Individuum soll das Recht haben, sich selbst nach seinen eigenen Interessen und Vorlieben zu entfalten. Die soziale Kontrolle der engen Verhältnisse vormoderner Gesellschaft soll  zurückgedrängt werden, der Klatsch und Tratsch der Dorfkneipe aufhören. Es geht keinen an, was ich denke und tue. Den szialen Zwängen soll die individuelle Entfaltung folgen.

Damit ist es jetzt wieder vorbei. Google kennt mich, Facebook kennt mich, und jetzt auch noch mein Versicherer. Und während mir Google nur die am besten auf meine geheimen Wünsche abgestimmte Werbund verkaufen (oder das "beste" Suchergebnis präsentieren) kann, droht die Versicherung, gutes Verhalten zu belohnen und schlechtes zu bestrafen. Mich erinnert diese Diskussion auch an eine Debatte um die Individualisierte Medizin, die ich vor ein paar Jahren im Rahmen der Vorstellung eines Berichts des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag TAB zur Individualisierten Medizin miterlebt habe. Damals ging es unter andere darum, ob eine verbesserte Kenntnis der individuellen Dispositionen und Krankheitsrisiken nicht auch eine Verpflichtung deseinzelnen mitsich bringen würde, sich entsprechend verantwortungsvoll zu verhalten. Wer ein erhöhtes Risiko zu Herzgefäßerkrankungen hat und weiterhin frisst und säuft, muss der nicht wegen selbstschädigendem Verhalten (und damit auch erhöhten gesellschaftlichen Kosten) "bestraft werden, zum Beispiel durch andere Versicherungsprämien?

Das wäre ein sehr paternalistisches Staat und eine sehr erzieherische Gesellschaft. Vielleicht dann doch eher sanfter Zwang? Ist das nicht auch die Idee der vielen Fitnesstracker? Sich selbst zu konditionalisieren durch ein direktes Feedback? Nicht soziale Kontrolle, sondern eine elektrisch verstärkte Selbstkontrolle, eine digitales Überich sozusagen? Und die Entsprechung auf politischer Ebene, ist das nicht Nudging? Da scheint die Bundesregierung ja auf dem richtigen Weg zu sein (hier zum Beispiel geht es um Fettleibigkeit, liebe Krankenkassen), auch wenn hier die Empörungswellen wieder ähnlich hoch schlagen (hier zum Beispiel). Wobei der Spiegel einige kreative Ideen dazu parat hat, wie die Regierung selbst ein gutes Beispiel sein könnte...


Foresight mal anders

Beim Surfen auf der ARTE-Website bin ich neulich über einen hübschen Beitrag vom 10.11.  (wenn Fiktion zur Realität wird) gestolpert. Es geht um Science Fiction, die Realität wird. Haben Science Fction Autoren technologsche Entwicklungen und Produkte der Zukunft vorausgesagt? Wissen sie, was morgen kommt?

Der beste Verweis geht dabei auf den sogenannten Dystopia-Tracker, der konkrete Science Fiction Autoren behandelt. Sowas ist nicht ganz neu (siehe auch meinen älteren Blogbeitrag hier), das Interessante am Dystopia-Tracker ist vor allem der Tracker, also der Versuch, in der Crowd (oder etwas weniger patetisch mit Einträgen der Leser) auf einer Timeline die Schritte zur Umsetzung der Utopie (bzw. wie im Namen schon angekündigt in der Regel eher der Dystopie) zu tracken. Endunkt ist der fiktive Handlungszeitpunkt der jeweiligen Science Fiction Story.

Einer der Lesekommentare verweist darauf, dass sich die Autoren durch ihr Erfindung der Zukunft in die Entwickung der Zukunft einmischen. Sie geben Vorbilder, an denen sich spätere Technologieentwicklungen orientieren. Sie werden immer wieder rezipiert beeinflussen damit unsere Vorstellung der Möglichen und Wünschenswerten. Selbst die Ästhetik des Science Fiktion wird zum Teil zur Mode von Morgen. Nicht die Trainingsanzüge von Rauschiff Enterprice vielleicht....

Ich könnte jetzt mitmachen und einen Artikel auf Netzpolitik posten, in dem vom Einsatz einer Vorhersagesoftware durch die britische Polizei berichtet wird, die damit die Wahrscheinlichkeit von Straftaten von Gang-Mitgliedern bestimmen möchte. Aberob das tatsächlich etwas mit Minority Reprt zu tun hat?

Eine ganz andere Art von Future Tracker stellt Nesta vor. Hier werden im Vorfeld der komenden britischen Wahlen die Zukunftsdiskurse der Kandidaten und Parteien mithilfe von Textmining Software auf ihre Bezüge zur Zukunftsentwicklung analysiert. Es geht darum, in wieweit - und mit welchen Inhalten - sich die Vorwahldiskussion auf wichtige Zukunftsthemen richtet. Natürlich hat Nesat schon eine eigene Idee, was denn die wirklich wichtigen Themen wären, die Großbritaniens Zukunft prägen und diskutiert werden sollten. Na,wenn da mal nicht wieder die Beschreibung der Zukunft auch Einfuss auf die Zukunft hat...

Donnerstag, 13. November 2014

noch einmal the entrepreneurial state

Eigentlich wollte ich mich ja nicht beständig nur Modethemen widmen, aber heute muss ich doch noch einmal auf Mariana Mazzucato zurückkommen, die ich schon in meinem letzten Blogbeitrag thematisiert hatte. Gerade ist ein wirklich lesenswerter Artikle von Stian Westlake bei Nesta erschienen, der sich sehr lobend, aber vor allem deutlich kritisch mit Mazzucatos neuem Buch vom Entrepreneurial State auseinandersetzt. Auch in Deutschland wächst die Aufmerksamkweit für Mazzucato und ihre These. Über den Artikel im Manager Magazin und ihren Auftritt letzte Woche auf der Falling Walls Konferenz hatte ich berichtet, ARTE bringt am Samstag eine Diskussionssendung mit ihr, auch die Wirtschaftswoche portraitiert sie und ihr neues Buch in einem Artikel.

Doch zurück zum Nesta-Artikel. Der bejaht mit Nachdruck Mazzucatos Ausgangsthese, dass der Staat sich nicht aus der Innovationspolitik zurückziehen darf, sondern gerade durch seine Aktive Rolle bei der Förderung von Grundlagenforschung die wesentliche Voraussetzung für marktfähige Produkt schafft. Der Staat geht eher langfristige Risiken ein als private Investoren, und jede Forschung ist mit erheblichen Risiken verbunden. Drei Punkte stoßen Westlake allerdings gehörig auf.

Erstens sieht er Mazzucatos Definition von Innovation als viel zu eng an. Auch die Integration von Technologien in einem neuen, marktfähigen Produkt (also das E in FuE) ist eine innovative Leistung. Apple hat mit seinem iPhone geschafft, was andere Firmen zuvor nicht konnten, obwohl die grundlegende Forschung zu den technologischen Komponenten bereits lange abgeschlossen war. Und Firmen investieren einen Haufen Geld in diese Entwicklung, die auch nicht immer von Erfolg gekrönt ist und daher immer wieder sehr risikohaft für die Firmen ist. Letztlich zielt der Vorwurf von Mazzucato einer mangelnden Risikobereitschaft also eher auf das sogenannte Risikokapital als auf Technologieunternehmen. Im aktuellen Brand Eins (Schwerpunktthema Scheitern)  ist übrigens ein schöner Artikel zu Googles vielen fehlgeschlagenen Risikoinvestitionen in neue Technologien.

Zweitens sieht er auch den "Profit" staatlicher Investitionen weniger kümmerlich an als Mazzucato. Die Kunden der Produkte profitieren bei manchen Produkten erheblich, und damit indirekt auch wieder die Volkswirtschaft und der Staat. Er zitiert z.B: eine Studie, nachdem die frei verfügbare Google Suche pro Person und Jahr einen Wert von 500 hat.Unternehmenssteuern sind im übrigen (auch wenn einige multinationalen KOnzerne geschickt Steuern umgehen - und darauf zeilt Mazzucatos Argument insbesondere) eine wesentliche Einnahmequelle des Staates.

Ganz und gar unzufrieden ist er schließlich mit den Politikempfehlungen Mazzucatos, vor allem dem Vorschlag dass der Staat sich an Unternehmen beteiligen sollte. Das von Mazzucato angeführte israelische Beispiel Yosma sehe explizit vor, dass sich private Eigner von der staatlichen Beteiligung freikaufen könnten. Damit fließe keineswegs der erhebliche Gewinn ursprünglich staatlich finanzierter Forschung in größerem Maße wieder in die Staatskassen zurück. Auch andere Mechanismen eines Rückflusses der staatlich "investierten" Forschungsmittel hält Westlake für unausgegoren und kontraproduktiv. Am Ende darf der Staat nicht innovative Firmen gegenüber den nichtinnovativen bestrafen.

Am Schluss bringt Westlake eine Riehe von Beispielen, wo der Staat (z.B. auch die vielgelobte DARPA) vergeblich versucht hat, technologische Durchbrüche herbeizufinanzieren. Das allerdings wiederspricht meiner Meinung nach nicht Mazzucatos Grundidee. Es geht ja um Risiko, und damit auch um die Möglichkeit des Scheiterns. 


Sonntag, 9. November 2014

Innovationssplitter


Ein ganzer Monat ohne einen neuen Blog- Beitrag in Innovaionen-global, ist denn nichts berichtens- und kommentierungswürdiges passiert? Natürlich schon, und alles passt nicht einmal mit rotem Faden in einen Blogbeitrag, daher heute eher in loser Schüttung und unvollständig meine Hinweise und Anmerkungen zu aktuellen Innovationsgeschehen:

Heute findet die Falling Walls Konferenz in Berlin statt,auf der die wissenschaftlichen Durchbrüche der Zukunft in Kurzvorträgen präsentiert werden und ein zahlungskräftiges Publikum anlocken sollen - sozusagen die deutsche Antwort auf TED. Eine der Gäste ist Mariana Mazzucato, über die ich schon vor einiger Zeit gebloggt habe. Das Manager Magazin kürt sie zum Star der internationalen Ökonomenszene und portraitiert sie in einem netten Artikel. Eine ihrer zentralen Thesen ist ja, dass der Staat eine wichtige Rolle im Innovationsgeschehen spielt und in den neoliberalen Ländern wie GB und USA gegenüber der Rolle der Unternehmen unterschätzt wird.

Vor einer Woche ist derdiesjährige Innovationsindikator erschienen.Die Autoren schreiben unter anderem:

"Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Indikatorwert Deutschlands kaum verändert, auch die Rangplatzierung ist dieselbe. Im längerfristigen Vergleich konnte Deutschland seinen Aufholprozess, der 2005 startete, absichern, aber nicht fortführen. Nach 2010 fand keine Verbesserung der deutschen Innovationsleistung im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern statt."

und etwas später:

"Wesentliche Ursachen für die leichte Verschlechterung der Innovationsleistung der Wirtschaft sind vergleichsweise geringe Wagniskapitalinvestitionen, eine wenig dynamische Entwicklung der internationalen Patentanmeldungen, ein verhaltenes Wachstum der Beschäftigung in den wissensintensiven Dienstleistungen sowie ein langsamerer Zuwachs der FuE-­Ausgaben der Unternehmen."

Der Politik in Deutschland bescheinigen die Autoren allerdings ein zunehmendes Engagement (ganz im Sinne von Frau Mazzucato) und loben auch die Anstrengungen im Bildungssektor.


Rainer Frietsch vom Fraunhofer ISI kommentiert in diesem kurzen Video einige zentrale Ergebnisse

Weitere Highlights: Finnland hat seine Nokia-Kise villeicht nicht überwunden, aber doch eine Trendwende erreicht.

Und die absolute Überraschung für mich, angesichts des aktuellen Jammerns über Europas Investitionsschwäche und wirtschaftlichen Sbschwungs: Europa ist Vergleich zu Asien und Amerika stärker geworden.

"Im Vergleich der drei großen Wirtschaftsräume Asien, Europa und Nordamerika hat Europa seit dem Jahr 2000 seine Innovationsleistung langsam, aber stetig verbessert. 2010 hat der alte Kontinent das bis dahin führende Nordamerika als innovationsstärkste Region abgelöst."


Und zu guter letzt noch ein jahreszeitlicher Hinweis: Der Herbst ist gekommen, der Winter steht auch schon vor der Tür, und spätestens im Januar rollt die jährliche Grippewelle auch über die nördliche Hemisphäre. Da lohnt vielleicht der Blick auf den Google Fluw Trend, um die Wahrscheinlichkeit einer Infektionswelle abzuschätzen. Das Tool war zuletzt in die Kritik geraten, weil die Prognoseleistung doch geringer als zunächst erhofft war. Jetzt kündigt Google an, traditionelle Gesundheitsdaten in die Analyse zu integrieren und dmit einen Hybrid aus social network data Analyse und klassischen epidemologischen Daten zu schaffen. Dieser Artikel meint, dass ist die Zukunft von Big Data Analyse. Die Chancen von BigData für die Epidemologie sind sicher noch nicht ausgereizt. Ebola hat ja deutlich in der Medienaufmerksamkeit nachgelassen, aber ist als Gefahr sicher nicht gebannt. Dieser Artikel beschribt die neue Plattform HealthMap, die den Ebola-Ausbrch angeblich 9 Tage vor der Weltgesundheitsorganisation feststellte.  

À propos Prognose: NESTA stellt stellte diese Woch seinen Political Futures Tracker vor, der die Aussagen von Plitikern zur Zukunft per Textmining extrahieren soll. Ein Blog mit regelmäßigen Updates ist angekündigt, ich bin gespannt.

Freitag, 3. Oktober 2014

Evaluation und mechanische Türken

In einer der vielen Geschichten von Stanislaw Lem (ich erinnere mich leider nicht mehr an den Titel, wer kann mir helfen?) kommt ein Raumfahrer auf einen fremden Planeten, der von Robotern bevölkert ist. Da er ihre Gefährlichkeit nicht einschätzen kann, versteckt sich der Raumfahrer in einer leeren Roboterhülle und spielt, selbst Roboter zu sein. Erst nach einigen aufregenden Abenteuern erfährt er, dass auch alle anderen Roboter lediglich Hüllen sind, in denen Menschen stecken, die wiederum Roboter spielen, weil sie vor den anderen Robotern Angst haben.

Mechanische Apparate faszinierten schon immer die Menschen. Sie waren eine der Hauptattraktionen an den Fürstenhöfen Europas, aber nicht immer hielt die technische Fertigkeit Schritt mit den Fantasien und Erwartungen der Menschen. Manchmal bedurfte es dann doch eines kleinen Tricks, um tatsächlich raffinierte und intelligente Apparate zu präsentieren. Dann steckte man nicht selten einfach einen Menschen hinein in den Kasten, den man nicht sah.

Eines der bekanntesten Beispiele war der sogenannte mechanische Türke oder Schachtürke, der Namensgeber einer Dienstleistung, die Amazon seit 2005 anbietet und mit dem schönen Untertitel "artificial artifical intelligence" versehen hat. Es geht dabei um Crowdsourcing. Arbeitskraft wird in kleinen Häppchen und in der Cloud verteilt verfügbar gemacht, jeder kann sich als kleines digitales Helferlein zur Verfügung stellen, jeder kann auf eine quasi unbegrenzte Menge an Zuarbeit zurückgreifen

HYPERLAND beschreibt den MTurk unter der Überschrift "Wir sind die Roboter" als Zugang ins digitale Prekariat.

Letzte Woche war ich auf der Jahreskonferenz der Europäischen Evaluationsgesellschaft, auf der ich unter anderem zwei wirklich spannende und inspirierende Vorträge von Tarek Azzam zur Nutzung des MTurk für Evaluationstwecke hörte (hier ein älterer Beitrag von ihm zum Thema, hier ein weiterer Artikel zum Thema auf ResearchGate). Azzam beschreibt die Nutzung von MTurk-Mikrodienstleistern in der Evaluation in dreierlei Weise: Als Teilnehmer an einem sozialwissenschaftlichen Experiment,  als Befragungsteilnehmer oder auch als Kodierer bzw. Auswerter innerhalb eines Evaluationsteams.

Das mit der Teilnahme an einem Experiment scheinen ja mittlerweile auch Facebook-Kunden zu kennen, nur dass man die nie jemand gefragt hat. Das ist übrigens ein nicht unerhebliches ethisches Problem der sozialwissenschaftlichen Forschung unter Nutzung von Big Data. Diese Daten sind in der Regel nicht für diese Zwecke erhoben worden. Dann vielleicht doch lieber ehrliche Prekariatsarbeit vom mechanischen Türken?  Auch andere neue Dienste geben übrigens die Möglichkeit der bewussten und vor allem auch entlohnten Teilnahme. Hier z.B. zeigt ein aktueller Artikel,  wie Nutzer ihre eigenen Daten vermarkten können. Wenn unsere Daten schon das Gold des 21. Jahrhunderts sind und Konzerne wie Google, Facebook und Yahoo sich damit dumm und dusselig verdienen, dann wollen wir auch ein winziges Stück vom Kuchen abhaben...

Samstag, 27. September 2014

Blasen

Leise hört man sie an der Tür kratzen, die Angst vor der Technologieblase. Erste Zeitungs- und Blog-Artikel beschäftigen sich damit, ob der Kaufrausch der Technologiefirmen und ihr Börsenpreis nicht vollkommen aus dem Ruder geraten sind. Fließt hier einfach das billige Geld - eine Folge der Finanzkrise und der gesunkenen Zinsen - in absolut überbewertet Ideen und Technologien? Kommt vielleicht gar der Crash? Platz der Neue Markt, den wir ja noch gar nicht haben in Deutschland?

In der Blase weiß man in der Regel nicht, dass man in der Blase ist, sondern hält alles für einen unaufhaltsam Aufstieg. Das ist das große Rätsel - handelt es sich um einen langfristigen Trend oder nur um einen kurzen Ausreißer. Das hängt alles von der Perspektive ab, den Zeiträumen, die man sich anschaut.

So sieht es auch mit der Weltwirtschaft aus. Spätestens als Alibaba an die Börse ging, verwiesen viele Zeitungsartikel darauf, daß nun das Zeitalter der chinesischen Technologiedominanz und Wirtschaftskraft gekommen sei. Die Stärke der westlichen Industrieländern sei vielleicht bloß ein Ausrutscher gewesen. Wenn man längere Zeiträume, Jahrtausende gar in den Blick nähme, würde deutlich werden, daß China, Indien und andere Länder im weltwirtschaftlichen Vergleich immer ein viel größeres Gewicht gehabt hätten. Der starke Westen, alles nur eine Blase des achtzehnten bis zwanzigsten Jahrhunderts?

Oder ist doch die Aufholjagd der Schwellenländer die eigentliche Blase? Das legt zum Beispiel ein Artikel des Economist nahe, der einen Bericht der Weltbank von April zitiert und in anschaulichen Grafiken zeigt, daß die Aufholjagd viele Länder nur in den 2000er Jahren wirklich beeindruckend war und spätestens seit 2007 deutlich zurück geht. Bei dem Tempo könnte es noch ein paar hundert Jahre dauern, bis die Schwellenländer tatsächlich das Niveau von USA oder Deutschland erreicht haben. Also die Globalisierung auch nur eine Blase, zumindest wenn man die Angleichung der Lebensverhältnisse in den Blick nimmt?

Die OECD hat übrigens gerade ihre deutsche Ausgabe einer umfangreichen Studie zur Globalisierung vorgestellt.  Sie beschreibt die Ursprünge und Auswirklungen der Globalisierung, in einem letzten Kapitel geht sie auch auf eine mögliche Krise der Globalisierung ein, die durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst worden sein könnte.

Montag, 22. September 2014

Science 2.0

In der vergangenen Woche entschied der EuGH, dass öffentliche Bibliotheken Bücher digitalisieren und an elektronischen Leseplätzen für Ausdruck und Speicherung zur Verfügung stellen dürfen.
 
Das Urteil ist im Kontext der Diskussion um Open Access in der Wissenschaft zu sehen. Der freie Zugang zu wissenschaftliche Veröffentlichungen und Daten ist angesichts der zunehmenden digitalen Veröffentlichungspraxis und der gleichzeitigen Macht der großen Wissenschaftsverlage ein heiß umkämpftes Feld.
 
Digitalisierung hin oder her -  Wissenschaftsverlage sehen sich ganz anderen Rahmenbedingungen ausgesetzt als zum Beispiel Zeitungsverlage. Während die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder Libération gerade in großem Maße den Abbau von Arbeitsplätzen verkünden, scheint es den Wissenschaftsverlagen  - zumindest den großen unter ihnen - nicht schlecht zu gehen. Sie haben aber auch ein anderes Geschäftsmodells und müssen ihre Publikationen nicht über Anzeigen finanzieren. Vielmehr sind sie eher so etwas wie ein Marktplatz, da die Veröffentlichung in renommierten Journalen ein wesentliches soziales Kapital von Wissenschaftlern ist. Die Verlage selbst bieten vor allen Dingen die Serviceleistung einer qualifizierten Auswahl, die sie über peer review sicherstellen.
Open Access, der freie Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen ohne horrende Abonnementgebühren würde, so die Argumentation der Vertreter von Open Access, den Wissensfluss beschleunigen und demokratisieren. In ganz Europa und darüber hinaus haben sich Regierungen und Wissenschaftsorganisationen zum Ziel gesetzt, Open Access weiter zu fördern.
 
Letzte Woche war ich in Brüssel auf einem Workshop der Europäischen Kommission zum Thema Open Access und Open Data. Die Vielfalt der Bemühungen und Rahmenbedingungen in den Ländern Europas ist groß, aber viele Herausforderungen sind doch sehr ähnlich: mit den großen Verlagen wie Elsevier zu verhandeln, Publikationen zu suventionieren und Infrastrukturen für die dauerhafte Speicherung von digitalen Veröffentlichungen und Daten zu schaffen.
 
Die EU verlangt mit dem neuen Rahmenprogramm, dass Projektergebnisse, die öffentlich finanziert wurden, auch öffentlich zugänglich gemacht werden und zwar als Open Access. Sie fördert darüber hinaus eine Reihe von Projekten, die den Austausch zwischen nationalen Netzwerken verstärken, die Trainingsangebote für junge Wissenschaftler machen und die Infrastrukturen für die dauerhafte Speicherung stärken.
 
In Deutschland sind es vor allem die großen Wissenschaftsorganisationen wie DFG, die Max-Planck-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft oder Fraunhofer Gesellschaft, die Open Access mit konkreten Projekten und Regelungen vorantreiben und in einer Schwerpunktinitiative "Digitale Information" zusammenarbeiten . Die Bundesregierung hat in ihrer Digitalen Agenda vom August ihrerseits die Erarbeitung einer Open Access Strategie angekündigt. Federführend dafür wird das BMBF zuständig sein, das bereits zuvor - z. B, mit seiner Initiative zur Neuregelung des Zweitveröffentlichungsrechts - im Bereich open Access aktiv war.
 
Die EU geht das ganze Thema übrigens nun noch ein wenig breiter - als Science 2.0 - an und hat noch bis Ende September eine Konsultation zum Thema offen. Science 2.0 ist dabei mehr als open access:
 
‘Science 2.0’ as a holistic approach, therefore, is much more than only one of its features (such as Open Access) and represents a paradigm shift in the modus operandi of research and science impacting the entire scientific process.
 
Die EU versteht demnach unter Science 2.0 auch so etwas wie Bürgerforschung bzw. Citizen Science 8in Deutschland z.B. in den Portalen "Bürger schaffen Wissen" und "citizenscience"), wie Wissenschaftsblogs und Social Media wie ResearchGate.

Die Konsultationsverfahren selbst der EU sind übrigens gute Beispiele, wie man die Politik selbst interaktiver und partizipativer gestalten kann. Zwar ist der Prozess von außen betrachtet immer noch oft eine black box, der Einfluss der Teilnehmer auf die spätere Politikgestaltung ziemlich unklar. Für die EU sind die Konsultationen aber ein wichtiger Zugang zu den Stakeholdern einer 500 Millionen Einwohner-Demokratie. Und zumindest wir dadurch deutlich, an welchen Themen die Generaldirektionen gerade arbeiten und welche Probleme sie beschäftigen.

Die neue Hightech-Strategie der Bundesregierung hat sich mehr Partizipation ja auch auf ihre Fahnen geschrieben. Vielleicht ließe sich hier doch auch mal von der EU lernen?
 
 
 
 
 

Dienstag, 9. September 2014

OECD Bildung auf den zweiten Blick

9.9.2014
Alle Jahre wieder veröffentlicht die OECD ihren Bildungsbericht "education at a glance". Auch heute war es wieder soweit, und sogleich hat das BMBF die Chance genutzt und die Perlen - also die frohe Botschaft zum Bildungswunderland Deutschland - herausgearbeitet: hohe Bildungsausgaben, viel Frauen in Naturwissenschaften und eine steigende Studienanfängerquote. Alles paletti, wie es scheint.
 
Nur der Spiegel, der alte Miesepeter, hat einen bösen Bericht dazu veröffentlicht: "Die Mittelschicht droht abzurutschen" - der Artikel selbst ist dann deutlich differenzierter. Es geht vor allem um "Abwärts- und Aufwärtsmobilität", also über einen Bildungsabschluss sozial auf- oder abzusteigen. Als hätte man es im BMBF geahnt. Genau zu diesem Thema wird nämlich in einem Hintergrundpapier recht einleuchtend Methodenkritik geäußert und die dramatische Aussage deutlich relativiert (andere Kommentatoren wie die ZEIT singen übrigens ein Loblied auf die deutsche Leistung und werfen der OECD ein oberlehrerhaftes Kritteln vor).
 
Spannender als dieses Jammern auf hohem Niveau des Spiegel ist die internationale Rezeption des neuen OECD Berichts, zum Beispiel im OECD Blog selbst. Die zentrale These ist, dass Bildung heute nicht mehr, wie noch in den guten alten Zeiten des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, sozialen Aufstieg sichert, sondern vielleicht gar soziale Spaltung zementiert. Das sollte einem zu denken geben, zum Beispiel vor dem Hintergrund der These des Rennens gegen die Maschinen.
Der Guardian wiederum geht in seinem Blog auf die interessante Beobachtung ein, dass die Isländer am ältesten sind, wenn sie ihren tertiären Bildungsabschluss in der Tasche haben, und auch die anderen Skandinavier sind nicht viel jünger und dennoch Innovationsführer in Europa - sollte uns das bei der Diskussion um G8 oder G9 zu denken geben? Andererseits heißt lange studieren nicht zwangsläufig auch, lange Zuhause zu bleiben. Auch das zeigt der Artikel im Guardian. Bei diesem Indikator ist Deutschland übrigens wieder ganz gut platziert...

Montag, 8. September 2014

Meseberg und Hightech-Strategie

Vorgestern traf sich die Bundesregierung (oder zumindest ein Teil von ihr) auf Schloss Meseberg zum jährlichen "Zukunftsgespräch" mit Industrieverbänden und Gewerkschaften. Ein Hauptthema waren dabei Investitionen und Innovationen, unter anderem festgemacht am Beispiel Industrie 4.0. In ihrer Pressekonferenz betonte die Kanzlerin, es gehe darum, "privates Kapital durch unsere Definition der Herausforderungen in die richtigen Richtungen lenken". Das war natürlich der Verweis auf die neue Expertenkommission des BMWi (siehe auch mein letzter Blogbeitrag).
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann bemerkte in der abschließenden Pressekonferenz: "Ich habe darauf hingewiesen, dass es gerade in einer sozialen Marktwirtschaft ein Fehler wäre, wenn wir ausschließlich über Hightech-Strategien sprechen würden und nicht auch die soziale Dimension von Innovationen mit in den Blick nähmen."  Das wiederum war der Verweis auf die gestern im Kabinett verabschiedete Hightech-Strategie.
Hoffmanns Sorge um eine Hightech-Fixierung liegt vielleicht ein Missverständnis zugrunde, das eigentlich auf den großen Erfolg der Hightech-Strategie verweist. Tatsächlich ist ja die neue Hightech-Strategie noch stärker als die Version der letzten Legislaturperiode auf ein ganzheitliches Innovationsverständnis ausgerichtet, das weit über Hochtechnologien hinausgeht. Die Zukunft der Arbeit ist jetzt stärker in der neuen Hightech-Strategie verankert, genauso die Bürgerbeteiligung. Zumindest auf dem Papier, es handelt sich ja um eine Strategie, die erst noch umgesetzt werden muss.
Der Name bleibt aber verwirrend missverständlich. Er stammt noch aus der Zeit der ersten Hightech-Strategie von 2006, als tatsächlich vor allem Technologien im Fokus der Strategie lagen. Die Strategie hat sich weiterentwickelt und modernisiert, der Name ist geblieben - eben weil die Strategie ein Erfolg und unter diesem Namen bereits gut eingeführt war.
Drei Legislaturperioden Kontinuität für eine Innovationsstrategie, das ist das eigentlich bemerkenswerte. Es hängt mit einem zentralen Erfolgsfaktor des deutschen Innovationssystem zusammen: dem breiten,  parteiübergreifenden Konsens zu den wesentlichen Elementen der Innovationspolitik und der Notwendigkeit staatlicher Investitionen in FuE. Nur so konnte die Hightech-Strategie drei Legislaturperioden überdauern - und ihren missverständlichen Namen behalten.
Diesen Erfolg kann man auch an einem anderen Indikator ablesen, der gerade veröffentlicht wurde.  Im Global Competitiveness Report des World Economic Forum in der Dimension Innovation liegt Deutschland aktuell immerhin auf Platz 6. Das liegt natürlich nicht allein an der Hightech-Strategie, aber sicher am genannten Konsens über die grundsätzliche Richtung in der Innovationspolitik - egal wie sie heißt...
 

Freitag, 5. September 2014

höfliche, lügende und lachende Roboter

Ich habe ja schon öfters die These von Brynjolfsson (hier mit einem aktuellen Video-Mitschnitt) zitiert, wonach wir uns in einem Rennen gegen die Maschinen befinden. Brynjolfsson plädiert dafür, bei diesem Rennen auf Kooperation mit den Maschinen zu setzen. Um kooperative Roboter, die auch mal um Hilfe fragen, geht es auch in einem Block des World Economic Forum. Roboter müssen allerdings erst einmal lernen, zu kooperieren. Sie müssen verstehen, wann wir Menschen die Hilfe brauchen, und sie müssen selbst um Hilfe fragen, wenn sie nicht mehr weiter wissen.

Die Interaktion mit Menschen scheint immer menschenähnlicher Roboter zu verlangen. Gerade haben zum Beispiel die VDI-Nachrichten einen Artikel zu höflichen Roboter veröffentlicht. Fast zeitgleich hat die deutsche Ausgabe von Technology Review einen Artikel zu lügenden und betrügenden Robotern gebracht. Die FAZ in ihrer Kolumne "Silicon Demokratie" schreibt darüber, wie uns intelligente Umgebung zum Lachen bringen soll.

Höflich sein, lustig sein, betrügen - was fehlt uns noch? Echte Emotionen zum Beispiel. Im Verstehen von Emotionen werden Roboter schon immer besser, wie ein Artikel in Technology Review zeigt.

Einen Vorgeschmack auf das Internet of things und eine Welt voll lauter höflicher, emphatischer, launischer und betrügender Dinge hat uns vor vielen Jahren Douglas Adams mit seinem Meisterwerk "Per Anhalter durch die Galaxis" beschert. Meine Einstiegsdroge war damals das kongeniale Hörspiel in SWF3: manisch depressiver Roboter, ängstliche Fahrstühle - na das kann ja heiter werden...

Samstag, 30. August 2014

Infrastrukturinvestitionen

Deutschland zerbröselt: Brücken rosten, Straßen sind löchrig wie ein Schweizer Käse, die Infrastruktur des Landes pfeift aus dem letzten Loch. So klingt zumindest der Aufschrei aus Teilen der Politik und der Wirtschaft. Das BMWi hat nun eine Expertenkommission zu dem Thema berufen, deren Vorsitzender der DIW-Chef Fratzscher ist. Da sitzen nun die üblichen Verdächtigen aus Wirtschaft und Wissenschaft, auch Gewerkschaftsvertreter sind mit an Bord; aber auch - und da wird es interessant - Vertreter des Deutschen Städtetages und zweier großer Versicherungskonzerne. Der Umbau der Städte in smarte und nachhaltige Städte wird viel Geld kosten, welches die klammen deutschen Kommunen kaum selbst aufbringen werden können.
Dabei ist hier einiges an Bewegung - Berlin bastelt gerade an seinem Masterplan Smart City, die Nationale Plattform Zukunftsstadt wird Ende September ihre Ergebnisse zur Diskussion stellen. Für die Umsetzung dieser Konzepte, für den Aufbau intelligenter Strom- und Mobilitätsnetze die Ressourcen der Versicherungswirtschaft anzuzapfen, ist eine spannende Perspektive. Allerdings sind solchen public private partnerships nicht unumstritten. Die privaten Investoren erwarten natürlich langfristige Rückflüsse. Ob das auf Dauer billiger wird, als wenn der Staat investiert, ist eine offene Frage, wie auch der Beitrag im Blog Herdentrieb der ZEIT kommentiert. 
Zudem ist der deutsche Kapitalmarkt nicht so glücklich ausgestattet wie manch anderer. Wir haben keinen Zukunftsfonds wie die Norweger, die die Erlöse aus ihren Öl- und Gasüberschüssen so langfristig investieren können. Wir haben auch keine Pensionskassen wie die Schweizer, die gerade über einen Zukunftsfonds für verstärkte Investitionen in Start-ups und Zukunftstechnologien diskutieren. Und wir haben auch keine unermesslichen Überschüsse aus einem Handelsbilanzüberschuss wie die Chinesen,  die nun auf Shoppin gtour gehen (siehe die verstärkten chinesischen Investitionen in europäische Infrastrukturen).
In kleinem Maßstab ist Stadtentwicklung sogar manchmal von unten und crowdfinanziert möglich,  wie dieser aktuelle Artikel in der Zeit zu einem Schwimmbad im Hudson zeigt. Gibt's als Idee natürlich auch für die Spree....
P.S.: Zum Thema hat jetzt auch Spiegel Online einen Artikel veröffentlicht
...und jetzt auch ZEIT online

P.P.S. ...zum Thema Infrastrukturinvestitionen und erneuerbare Energien hat sich dann auch letzte Woche Rainer Baake vom BMWi geäußert..

Montag, 25. August 2014

Wissenschaftliche Politkberatung

Nach der Europawahl und dem Gerangel um den neuen Kommissionspräsidenten scheint das Interesse in Deutschland an Europa deutlich gesunken zu sein. Zumindest ignoriert (wie der Bogbeitrag bei Wissensküche zeigt) die deutsche Medienlandschaft weitgehend die aktuelle Auseinandersetzung um die Nachfolge der Chief Scientific Adviser Anne Glover, die bislang den scheidenden Kommissionspräsidenten Barroso beriet. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Deutschland (wie übrigens fast alle Länder Kontinentaleuropas) das angelsächsische System eines Chief Scientific Advisers nicht kennt und stattdessen auf Akademien und spezifische Beratungsgremien setzt. Für das Thema Innovationspolitik z.B. gibt es die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), die Forschungsunion und den Innovationsdialog. Vielleicht liegt es auch daran, dass Barroso bislang in Deutschland nicht als kraftvoller Kommissionspräsident wahrgenommen wurde.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wissenschaftliche Politikberatung in Deutschland kein besonders konfliktreiches Thema ist. Laut einer diesen Sommer veröffentlichten Umfrage von Wissenschaft im Dialog wird die Bedeutung und der Nutzen von Wissenschaft und Forschung für die Gesellschaft in Deutschland von einer großen Mehrheit der Befragten als hoch eingeschätzt. Allerdings ist der Einfluss der Wissenschaft auf die Politik für die Mehrheit der Befragten zu gering, knapp die Hälfte wünscht sich, dass die Öffentlichkeit stärker in Entscheidungen über Wissenschaft und Forschung einbezogen wird. Das spricht ja eigentlich für mehr wissenschaftliche Politikberatung.

Wie dem auch sei, Anne Glover ist auf jeden Fall in die Schusslinie der Kritik geraten, zumindest in de Schusslinie einiger NGOs. Vordergründig geht es um die Intransparenz ihrer Beratung und den fehlenden  Einfluss anderer gesellschaftlicher Kräfte, hintergründig möglicher Weise auch um ihre Haltung zu genmanipulierten Organismen. Der nachfolgende Artikel bringt die Diskussion um Anne Glover ganz gut auf den Punkt. 

Das Thema sollte eigentlich auch in Deutschland interessieren, denn die EU wird in allen Politikbereichen immer wichtiger, und damit auch die Entscheidungsgrundlage europäischer Institutionen relevant. Im Sinne einer evidence based policy sollte eine fundierte wissenschaftliche Politikberatung hier eine wichtige Rolle spielen. Und das tut sie im Prinzip natürlich auch. Eine breite Landschaft an Beratungsgremien mit wissenschaftlichen Mitgliedern unterstützt die Generaldirektionen des Kommission und das Parlament, mit dem IPTS hält sich die Kommission ein eigen4es Think Tank. Aber Wissenschaft ist nur ein Einflussfaktor in der Entscheidungsfindung. Dazu kommt die noch breitere Landschaft an Interessensgruppen, Lobbyvertretern und NGOs, die ihrerseits Vorschläge aufgrund eigener wissenschaftlicher Studien und Experten machen.

Europa ist also ein gutes Beispiel für den sich ändernden öffentlichen Diskurs über Politik, in dem auch Wissenschaft eine andere Rolle spielt, stärker Partei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird und sich dieser veränderten Rolle anpassen muss. Schön herausgearbeitet hat diesen Wandel die niederländische Rathenau-Stiftung in ihrem Bericht zu "Contested Science".

Noch komplexer wird das ganze dann bei Herausforderungen, deren Lösung internationale Zusammenarbeit erfordern. Hier ist neben einer engeren Abstimmung der entsprechenden Regierungen wohl auch eine engere Kooperation der wissenschaftlichen Berater notwendig. Mittlerweile existiert hierfür ja ein enges Geflecht an Institutionen wie das Global Science Forum der OECD oder der International Council for Science, das stetig erweitert wird. Hier wird auch Ende August eine Konferenz in Auckland zum Thema Wissenschaftliche Politikberatung mit beitragen. In diesen Gremien wird die veränderte Rolle von wissenschaftlicher Politikberatung zurzeit intensiv diskutiert, das Global Science Forum widmet sich in einem aktuellen Projekt z.B. " on Scientific advice for policymaking, and the consequences on the role and responsibility of scientists".

Genug Grund also, auch in Deutschland die Diskussion um Anne Glover nicht aus dem Blick zu verlieren.

P.S. hier noch der Link zu einem interessanten Dossier von EURACTIVE, in dem die Überarbeitung der Impact Assessment Leitlinien der EU Kommission vorgestellt wird - ein zentraler Ort, an dem tatsächlich wissenschaftliche Politikberatung mit weitreichenden Folgen stattfindet

P.P.S. und hier noch der Link auf einen sehr lesenswerten, aktuellen Artikel im Guardian, der auf die Situation in Japan (sinkendes Vertrauen in Wissenschaft nach Fukushima) und auf das oben genannte Projekt des Global Science Forum Bezug nimmt