Sonntag, 22. Juni 2014

startups vs. old economy

Letzte Woche war ich bei einer Veranstaltung der OECD zu Innovationpolitik. Ein Gastredner aus den USA las  dort unter anderem den Europäern die Leviten. Ohne mehr Dynamik, mehr junge Hightech-Firmen würde das nichts werden in Europa. Und damit bewegt sich der gute Mann ja ziemlich auf der Höhe der Zeit. Die OECD selbst beschäftigt sich intensiv mit den Voraussetzungen und Folgen einer intensiven Gründungskultur und hat z.B. jüngst eine Studie zur Finanzierung von kleinen und jungen Unternehmen in Zeiten der Krise veröffentlicht. Es steht im Koalitionsvertrag, jüngst hat sich eine "Allianz" für Venture Capital in Deutschland gegründet. Alle scheinen sich einig zu sein. Wir brauchen mehr Startups, wir brauchen mehr Risikokapital, alles muss so dynamisch wie in den USA werden. Das auch dort nicht alles zum besten steht, das hatte ich bereits in einem früheren Blog angesprochen. Und irgendwie wird das im Moment auch in Europa nichts mit den Startups. Berlin boomt im Moment und wird als Startup-Metropole mit internationaler Strahlkraft hochgejubelt, aber übers ganze Land gesehen sind die Statistiken für Technologiegründer kontinuierlich rückläufig.

Warum das so ist, dazu habe ich zwei mögliche Hypothesen. Entweder, wir befinden uns einfach in einem großen Wellental der Gründungsdynamik. Es gibt Gründerzeiten, die für junge Unternehmen besonders günstig sind, und eben auch Zeiten, wo sie sich besonders schwer tun. Irgendwie sie sind die Gründer halt noch durch die 2000er Blase geschädigt, aber irgendwann wird sich das wieder geben, sicher auch mit leichtem Anschub durch eine geeignete staatliche Politik. 

Oder die deutsche (oder kontinentaleuropäische?) Innovationskultur setzt doch langfristig eher auch tradierte Unternehmen, die sich weiterentwickeln, aber nicht durch neue Aufsteiger hinweggefegt werden. Also das Modell inkrementelle Innovation statt disruptive Innovation. Dazu gehört auch, neben eigenen Innovationen zu entwickeln gleich auch neue Konkurrenzten einfach aufzukaufen. Das ist sicher oft branchenspezifisch, die Pharmaunternehmen oraktizieren dieses Modell mit den Biotech-Gündern ja schon seit Jahren weltweit. Aber es könnte auch ein regionales Modell sein. Für Deutschland ist auf jeden Fall auffallend, wie seit einiger Zeit die Bindung zwischen etablierten und neuen Unternehmen immer enger wird. In Deutschland sind seit einiger sogenannte corporate ventures aktiv, also große, etablierte Unternehmen (Telekom, Springer, Otto etc.), die jetzt technologieorientierte Gründer mit eigenen Räumen, Geld und weiteren Unterstützungsleistungen helfen. Die Süddeutsche hat dazu gerade erst ein ganz schönes Feature veröffentlicht, auch das Handelsblatt hat sich dem Thema bereits wiederholt gewidmet. Damit stabilisieren die etablierten Unternehmen möglicherweise ihr altes Innovationsmodell einer kontinuierlichen inhouse Forschung und Entwicklung, indem sie die neuen Innovationsakteure früh eng an sich binden und im richtigen Moment dann übernehmen können.

In Berlin hatte kürzlich die Factory eröffnet, ein "Campus" für junge Unternehmen, den der Platzhirsch Google finanziert. Auch die neuen Technologieunternehmen werden in diesem Sinne schnell zu alten und halten die nachwachsende Konkurrenz so unter Kontrolle.

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