Die Wahl in Amerika ist gelaufen, aber der amerikanische Wahlkampf bietet weiter Material, um über die Möglichkeiten von Datenauswertungen zu schreiben. So zum Beispiel in einem aktuellen Blogbeitrag des future blog der BBC, der sich erneut mit der Prognoseleistung von Datenauswertungen beschäftigt. Oder auch im Innovationsblog von NESTA, in dem sich Ruth Puttick fragt, was social innovation von der Obama-Kampagne lernen kann.
Soziale Innovation ist hier vor allem als sozialpolitische Innovation verstanden, während andere Definitionen Politikfeld-übergreifend die verhaltensändernde Wirkung von neuen – insb. digitalen -Technologien in den Mittelpunkt stellen. Nicht selten funktioniert das über digitale Vernetzung, die zu einer Dezentralisierung bislang vermittelter Prozesse führt. Cloud Funding lässt jeden von uns zum Risikokapitalgeber werden, Online-Portale machen uns alle zu potenziellen Mikro-Kreditgebern. Damit steigt die Partizipationsmöglichkeit des einzelnen, Filterfunktionen von Mittlern fallen weg, ganz neue Entscheidungskriterien führen zu Erfolg oder Misserfolg beim Spenden- oder Kreditsammeln. Entmachtet werden nicht nur die früheren Mittler, tendenziell machtloser wird auch der Staat, wenn er sich nicht selbst der neuen digitalen Möglichkeiten zur Gestaltung sozialer Innovationen bedient.
Manchmal stehen aber auch die veränderten Verhaltensweisen selbst im Mittelpunkt des Interesses für bestimmte soziale, technikinduzierte Innovationen. Gerade hat ZEIT-Online sich mit der sogenannten Tausch-Ökonomie auseinandergesetzt. Anlass sind eine aktuelle Studie im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung und des NABU sowie die Themensetzung der nächsten CeBIT 2013. In Deutschland sind die ersten Schritte demnach noch sehr zögerlich, bekannt sind vor allem Car-Sharing-Modelle. In den USA ist man jedoch bereits schon viel weiter und tauscht so ziemlich alles und jeden, vom Parkplatz bis zum Hundesitter. Damit entstehen möglicherweise ganz neue Dienstleistungskonzepte, die traditionelle Anbieter verdrängen. Aus ökologischer Perspektive liegt die Hoffnung auf vermindertem Konsum dank Tauschoption. Wie der ZEIT-Artikel richtig bemerkt, steht und fällt der Erfolg der neuen Angebote (und Anbieter) aber auch mit einer Kultur des Tausches.
Dies ist auch einer der schwachen Punkte des Konzepts der sozialen Innovation. Ob technische Innovationen nun zu gewünschten Verhaltensänderungen führen oder soziale Veränderungen ihrerseits Voraussetzungen für den Erfolg spezifischer Technologien sind, ist zumeist nicht zu entwirren. Vermutlich ist hier von einer komplexen Wechselwirkung auszugehen. Dies bedeutet aber auch, dass steuernde Interventionen in die komplexen Systeme der sozio-technischen Innovation eine gelinde gesagt erhebliche Herausforderung darstellen.