Sonntag, 30. Juli 2017

Die Zukunft ist ein Video Game

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Und im Urlaub stolpert man manchmal über Dinge,  die einem sonst nie begegnen würden oder schlicht normalerweise nicht interessieren. An einem französischen Kiosk habe ich gestern die Zeitschrift Usbek & Rica  gekauft. Sie beschäftigt sich mit der Zukunft, und zwar politisch,  gesellschaftlich und technologisch. Gleich das Editorial diskutiert die französische Innenpolitik, die Zukunft (und die Zukunftshoffnungen) der Regierung Macron. Ein anderer Artikel beschreibt ein Szenario,  in dem Marc Zuckerberg zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden ist. Das Schwerpunktthema dreht sich darum,  ob wir eine Ökodiktatur brauchen, außerdem geht es um Übungen der NASA für einen Marsflug,  die Folgen der Abschaffung der Börsen, die technische Optimierung des Schlafs und vieles mehr.

Einer der ersten Artikel,  die ich gelesen habe,  skizzierte eine Zukunft, in der junge Menschen ihr kümmerliches Auskommen mit Nebeneinkünften aus Computerspielen finanzieren. Das ganze basiert auf einem Aufsatz von Edward Castronova, einem amerikanischen Wissenschaftler, der sich mit wirtschaftlichen Aspekten der Computerspiel-industrie beschäftigt. Das Magazin Slate brachte hierzu bereits im Februar einen Artikel mit dem Titel "Face it, meatsack, pro gamers will be the only job" heraus. Castronova legt mehrere Trends übereinander. Arbeitsplätze werden insbesondere für geringer Qualifizierte in Zeiten zunehmenderAutomatisierung weniger,  gleichzeitig hat sich die Games-industrie mit f2p (free to play) deutlich verändert. Für die meisten Spieler sind Videospiele praktisch kostenlos,  aber eine kleine Minderheit, die so genannten Wale, gibt regelmäßig enorme Summen aus,  die unterm Strich das Ganze finanzieren.  Für diese Wale muss das Spiel hinreichend interessant und mit vielen Mitspielern besetzt sein, um weiterhin das ganze am Laufen zu halten. Und das wiederum könnte in Zukunft die Rolle vieler junger Männer mit schlechter Bildung und schlechten Jobaussichten sein.

Vielleicht ist diese Zukunft für den ein oder anderen Betroffenen auch gar nicht so schreckend? Die Zeitschrift Slate veröffentlicht jüngst einen weiteren Artikel, in dem eine Studie zum zunehmenden Videospiel junger US-amerikanischer Männer berichtet wurde. Diese arbeiten immer weniger,  weil sie mehr Zeit vor dem Computer mit ihren Spielen verbringen wollen. Eine Welt,  die sie verstehen und beherrschen und in der sie regelmäßig Erfolgserlebnisse haben. Die perfekte Flucht vor einer überkomplexen Welt, in der die eigene Zukunft nicht planbar und scheinbar auch nicht positiv zu gestalten ist.

Die Flucht der "einfachen Bürger" ins Spiel, panem et circenses? Oder das (Video-) Spiel als die bessere Religion, als vorweggenommenes Paradies, oder als Opium fürs Volk? Oder doch nur abwegige Gedankenspielereien einer Generation,  die mit Computerspielen wenig anfangen kann und darum abwegigen Fantasien verfällt? Vielleicht auch die Angst,  bei einer zunehmend perfekten Simulation der realen Welt im Spiel diese Bodenhaftung zu verlieren und auch das reale Erwerbsleben hierhin auslagern zu müssen/ können.

Sonntag, 23. Juli 2017

Warum die Außerirdischen immer noch nicht da sind




Ein Lieblingsthema der Science Fiction Literatur und ihrer Verfilmung ist der Kontakt mit Außerirdischen. Entweder wir kommen durch die unendlichen Weiten des Weltraums zu ihnen, oder sie besuchen die Erde. Das geht dann meist unschön aus, aber aus Gründen eines notwendigen Happy End eher zu Lasten der Außerirdischen. Der Haken in der realen Welt ist nur, hier wurden bislang keine Außerirdischen gesichtet.

Milliarden und Abermilliarden werden in die planetare Raumfahrt gesteckt, vielleicht auch ein wenig in der Hoffnung, hier zumindest etwas Leben zu finden, wenn auch nicht echte Marsmenschen. Oder aber, man horcht mithilfe der Radioastronomie ins All und hofft auf Signale. Viele Menschen haben sich hier freiwillig im Rahmen des SETI-Projektes beteiligt, aber auch hier blieb der Erfolg aus, keine Botschaft, die Außerirdischen bleiben stumm. Vielleicht muss man ja auch nach ihnen rufen? So einige Botschaften wurden schon gesendet, von dem Pioneer-Sonden angefangen, die entsprechende Informationen über das Leben auf der Erde bei sich tragen, bis hin zu Botschaften per Radiofrequenz. Aktuell macht eine neue Diskussion hierzu die Runde. Astrophysiker wollen aufs Neue eine Nachricht hinaus ins All senden und rufen damit erhebliche Kritik hervor. Was ist, wenn wir gefährliche Wesen draußen im All damit auf uns aufmerksam machen, die dann schnell herein geflogen kommen, um die Menschheit zu versklaven oder gar auszulöschen? Dürfen Privatpersonen überhaupt ein solches Risiko für die Menschheit auf sich nehmen? Muss nicht die Menschheit als Ganzes entscheiden, und wer ist dann dafür verantwortlich, vielleicht die UNO? Naja, sei es drum, andere Wissenschaftler bezweifeln eher, dass das so überhaupt funktioniert mit dem Botschaften aussenden.

Manchmal ist die Kunst auch weiter als die Wissenschaft, der chinesische Roman Die drei Sonnen schaffte es Ende letzten Jahres auf die Bestenlisten, sogar Barack Obama habe ihn gelesen und wäre begeistert. Auch dort ging es darum, dass Menschen so leichtfertig sind, Außerirdischen eine Botschaft zu schicken und sie auf die Erde zu locken. In diesem Fall waren es frustrierte Chinesen, die traumatisiert durch die Kulturrevolution und die Umweltzerstörung von heute nur noch diesen Ausweg sahen.

Aber trotzdem bleibt die Frage, wo sind die Außerirdischen? Eine neue Theorie machte die letzten Tage die Runde. Demnach schlafen sie, und zwar nicht mehr als physische Lebewesen, sondern schon digital hochgeladen in die Cloud. Und die braucht Energie, und dafür wäre es schön, wenn das Weltall einfach schon ein wenig kälter wäre. Ein kleiner Winterschlaf, oder sollte man eher sagen Sommerschlaf, wäre da von Vorteil. Eine verrückte Theorie, dass geben sogar die Autoren zu, aber da wäre sie ja nicht die einzige. Vor einigen Jahren machte Nik Bostrom Schlagzeilen mit seinem Buch Superintelligence, und da ging es auch im Grunde um die Frage, warum wir von den Außerirdischen noch nichts gehört haben. Seine These war anders, nämlich: jede Zivilisation würde nicht lange überleben, weil sie zuvor schon die Box der Pandora geöffnet und künstlich Intelligenz geschaffen habe.

Da haben wir jetzt die Qual der Wahl. Die fiesen Außerirdischen rufen oder lieber von unseren eigenen digitalen Sklaven hingemeuchelt werden.

Samstag, 22. Juli 2017

Bildungsrevolution per Facebook?

Manchmal erscheint es geradezu zauberhaft, welche Segnungen uns die moderne Technologie verheißt. Sie kuriert uns von allen Krankheiten, sie bringt uns zum Mars, und auch Bildung für die Ärmsten der Armen wird plötzlich möglich. So zumindest erscheint es, wenn man den langen Artikel liest, den die Süddeutsche Zeitung heute früh veröffentlicht hat. Es geht um eine Bildungsrevolution in Afrika. Private Schulen, von Philanthropen aus dem Silicon Valley finanziert, mit Tablets ausgestattet und einer Standleitung nach Cambridge, USA, krempeln den Bildungsmarkt in den ärmsten Ländern Afrikas um und konkurrieren erfolgreich gegen das staatliche Schulsystem. Dahinter stecken Social Entrepreneurs, also Gründer, die sich sozialen Zielen verschrieben haben, gleichwohl aber auch ein bisschen Gewinn machen wollen. Der Erfolg dieser Schulen beruht auf mindestens vier Säulen: zum einen auf standardisierten Komponenten, gleiche Schuluniformen, gleiche Gebäude, gleiche Lernsoftware, das lässt sich gut skalieren und wird damit immer preiswerter. Zum zweiten eine bessere Organisation, die dafür sorgt, dass die Lehrer tatsächlich zum Unterricht erscheinen und nicht wie in den staatlichen Schulen oft zu Hause bleiben, weil sie nicht bezahlt werden. Hier schafft die internationale Organisation stabilere Strukturen, und die Schüler freut es. Zum dritten ist da die Software selbst, die eine individualisierte Lernbetreuung der Schüler möglich macht, und auch eine permanente Evaluation des Schulkonzepte selber. Und schließlich profitieren die Schuhe natürlich davon, dass sie potente Geldgeber im Rücken haben, Mark Zuckerberg von Facebook oder Bill Gates. Der Artikel der Süddeutschen Zeitung bleibt ambivalent, auf der einen Seite spricht der Erfolg der Schulen für sich, auf der anderen Seite werden auch Kritiker zitiert, die vor einer Privatisierung des Schulwesens warnen und sich Sorgen, dass die Silicon Valley -Größen jetzt auch die weltweite Bildung monopolisieren wollen.

Es mag ein Zufall sein, aber just diese Woche veröffentlichte auch der Economist einen langen Artikel zu der technologischen Revolution des Bildungsmarktes, in diesem Fall mit einem Schwerpunkt auf die USA, wo viele private Schulen mittlerweile entsprechende Software einsetzen, um ihren Schülern eine individualisierte Betreuung zu ermöglichen. Auch hier wird der Trend natürlich getrieben vom Silicon Valley, dort sind auch wieder die Schulen angesiedelt. Und auch hier verheißt die  technologiegetriebene Bildungsrevolution einen besseren Zugang insbesondere für die Armen und Vernachlässigten. Der Economist zitiert mehrere Studien, die den Erfolg dieser Technologien zu belegen scheinen. Und alle Verantwortlichen beteuern, dass die Zeit, die die Lehrkräfte durch ihre digitalen Assistenten sparen, selbstverständlich zu Wohle der Schüler und für eine individualisierte Betreuung derselben eingesetzt wird.

Von solchen Experimenten scheint Deutschland weit entfernt zu sein, hier stehen die meisten Verantwortlichen einem Einsatz digitaler Technologien in Schulen eher konservativ gegenüber. Gerade erst laufen erste Pilotprogramme zur Digitalisierung der Bildung in Schulen, aber über den Einsatz von Whiteboards oder der gelegentliche Nutzung des Handys sind die Schulen in der Regel nicht hinaus. Individualisiertes Training durch Lernalgorithmen? Zumindest nicht in staatlichen Schulen. Vielleicht hat ja der Misserfolg der Sprachlabore, die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts fast  flächendeckend installiert wurden, die Verantwortlichen derart abgeschreckt, dass sie nicht schon wieder in nutzlose Technologie investieren wollen.

Vielleicht ist das Ganze aber auch nur ein Hype, der bald wieder in sich zusammenfällt. So wie massiv open online courses (MOOCS) an Universitäten 2013 und 2014 das Trendthema waren, von dem heute kein Mensch mehr spricht. Und trotzdem hatte die Digitalisierung der universitären Lehre riesige Fortschritte gemacht Ähnlich wird es sicher auch im Schulbereich sein.

Und bis es soweit ist, wird sich Bildungssoftware wohl weitgehend auf den Privatmarkt konzentrieren. Und hier auch ganz erfolgreich sein, wie es das Beispiel der Berliner Firma Babble zeigt, die von Deutschland aus den Weltmarkt mit ihrem Sprachlernprogramm erobert.

Samstag, 15. Juli 2017

Amerikas Big Brother schaut auch auf Deine Daten

Vor kurzem hatte ich über das Social Credit System in China berichtet.  Eigentlich könnte ich jetzt schon wieder ein Update schreiben bei den vielen Meldungen, die es über China als großes Experiment im Feld der künstlichen Intelligenz gibt. Zum Beispiel Gesichtserkennung, die quasi überall und ständig eingesetzt wird, um Menschen zu identifizieren und ihnen Zugang zu geben, sie zu verhaften oder einfach um zu wissen, was sie machen. Ein bisschen frage ich mich schon, warum die Meldungen über China in dieser Größenordnung erscheinen. Einerseits sicher, weil China in Sachen künstliche Intelligenz zu einer Supermacht geworden ist. Andererseits aber auch, weil China im kollektiven Unterbewussten des Westens ein wenig die Rolle der alten Sowjetunion übernommen hat. Groß und mächtig, mit einem anderen politischen und gesellschaftlichen Systemen, bedrohlich und faszinierend. Aber dann doch ganz anders als die Sowjetunion, weil China vielleicht in vielem die Zukunft unserer eigenen Gesellschaft widerspiegelt.

Aber heute möchte ich nicht weiter über China schreiben, sondern über den Antipoden, über die USA. Mit der Wahl Donald Trumps schickt sich unser transatlantischer Partner ein wenig an, auch zu einem Gegenmodell zu werden. Und in Sachen künstliche Intelligenz und Überwachung ist die USA schon länger ein gern gesuchtes Thema in deutschen Medien.

Neulich hörte ich eine interessante Reportage im Radio über den Einsatz von Algorithmen bei der Bewertung von Strafmaßen im amerikanischen Justizsystem. Es ging darum, die Wahrscheinlichkeit für die Resozialisierung der Straftäter abzuschätzen und sich dabei nicht mehr auf ein menschliches Urteil, sondern auf die Auswertung von größeren Daten und typischen Merkmalen einzelner Personen zu verlassen. Während die Chinesen also das Sozialverhalten ihrer Bürger allumfassend messen und bewerten, versuchen die Amerikaner gleich, ist vorauszusagen, zumindest für diese spezielle Zielgruppe. Schon in der Vergangenheit hatten ähnliche Ansätze für ziemliche Aufregung gesorgt, man denke nur an predictive policing, also den Versuch, der Polizei bei ihrer Arbeit dadurch zu helfen, dass man Straftaten schon vorab identifiziert, oder zumindest ihre Wahrscheinlichkeit hinreichend gut ab schätzt. Da dies Thema in Hollywood spätestens mit Minority Report vorweggenommen wurde, hatte die Fantasie des geneigten Leser viel Stoff, um sich die unerwünschten Folgen eines solchen Systems vorzustellen.

Der Clou des Radiobeitrags war aber eigentlich ein ganz anderer, nämlich die Tendenz solche Algorithmen, menschliche Vorurteile aus den riesigen Datenmengen, die sie für ihre Arbeit nutzen, quasi unbemerkt in ihre Entscheidungsalgorithmen zu übernehmen und damit ebenso vortureilsbeladen zu urteilen, wie dies ein Mensch tun würde. Mittlerweile habe ich zu diesem Thema eine Reihe andere Artikel gefunden, es scheint sich hier eine Diskussion abzuzeichnen, die zumindest in den USA recht erheblich ist. Bekanntgeworden war vor einiger Zeit der Fall einer Bilderkennungssoftware, die Menschen mit dunkler Hautfarbe als Affen bezeichnete! Ein mehr als peinlicher Fehler, der aber aus genau diesem Problem resultiert, dass Vorurteile allgegenwärtig sind, und auch in den vielen Daten stecken, die Systeme zum Training brauchen.

Ja, der große Bruder schaut auf uns alle, aber noch scheint er nicht schlau genug zu sein, um das, was er sieht, auch richtig zu interpretieren. Bislang plappert er noch zuviel einfach nach.

Samstag, 8. Juli 2017

Sex als Motor des Innovationsgeschehens (?)

Gewöhnlich verbindet man mit Hightech ja Autos, Medizintechnik oder Maschine und ähnliches. Das sind die innovativen Wachstumsbranchen in Deutschland, auf die auch die Politik ihr Augenmerk richtet. Dabei liegen die Treiber innovativer Prozesse häufig ganz woanders. Es sind die enormen Rechenleistungen, die moderne Computerspiele erfordern, die eine Generation nach der anderen von Laptops und PCs hervorbringen. Nur für Textverarbeitung würde auch das Modell von 1995 reichen. Wer bringt das erste Produkt aus dem 3D Druck auf den Massenmarkt? Adidas mit einem Turnschuh. Und die Sicherheitstechnik findet sich in einem steten Rüstungs- und Technologie Wettlauf mit der organisierten Cyberkriminalität.
Eine der schon fast klassischen Geschichten ist in diesem Kontext auch die Rolle der Sexindustrie für Innovationsprozesse. Immer wieder erzählt wird z.b., wie die Pornoindustrie an der Entwicklung der Videokassette mitwirkte und ausschlaggebend für denSieg des VHS Formats war. Ähnliches scheint sich heute im Bereich der Virtual Reality zu wiederholen. Brand Eins hat dem Thema im letzten Sommer einen schönen Artikel gewidmet. Deutlich beschrieben wird daher auch, unter welch enormen Druck diese Industrie heute steht, um nicht dasselbe Schicksal wie die Musikindustrie nach Einführung kostenloser Musikstreams zu erleiden. Die Süddeutsche hat das Thema Anfang diesen Jahres ebenfalls in  einem langen Artikel ausgebreitet, mit denen schon im Brand Eins beschrieben Themen und anderen Details der Innovationsgeschichte der Pornografie. Erste Bezahlmöglichkeiten im Internet oder Video Chats im Netz, alles eingeführt von den Trendsettern dieser Branche. Ähnliche Artikel finden sich in allen großen Medien, aber bis zu einem gewissen Grad mag da auch eine Rolle spielen, dass sich solche Artikel eben auch besonders gut verkaufen. Sex sells!
Im Moment sind Robotik und Sex die großen Trendthemen. Die Zeit schreibt darüber, welche neuen ethischen Fragen moderne Sexroboter aufwerfen. Eine gerade veröffentlichte Studie aus London zur sexuellen Zukunft mit Robotern mit mit sich dem Thema eher abwägend, sieht Vorteile (für Schüchterne, Ältere ...), aber auch große Gefahren (Missbrauch, Verrohung) einer solchen Entwicklung. Filmisch umgesetzt könnte ein oder andere dieses Szenario z.b. aus Westworld, wo das Ausleben von rohen Trieben an Robotern ein zentrales Motiv ist und schreckliche Folgen nach sich zieht. Etwas näher am realen Alltag ist das Szenario von real humans, eine Serie, die vor vier Jahren auf Arte lief. Auch hier spielt der sehr körperliche Kontakt mit Robotern eine entscheidende Rolle bei Miteinander zwischen Mensch und Maschine. Schließlich spielte ein sehr verführerische weibliche Roboter die Hauptrolle in Ex Machina. Aber auch James Brown sieht sich als unsere Sex Machine.

Kommt das jetzt wirklich? Bei den genannten Preisen für einen solchen Roboter wohl eher nur für eine sehr kleine Käufergruppe, aber die Phantasie scheint es halt doch anzuregen. Mir scheinen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auch bei den Berichterstattung und diese echten Versuche von Sexrobotern doch weiterhin noch sehr unscharf.
Die Arte-Miniwebserie Cyberlove setzt das ganze Panoptikum der Wechselwirkungen von neuen Technologien und unserem Liebesleben in kurzen Filmen um, darunter auch zu Robotersex, aber ebenso zu Sextoys für die Fernbeziehung oder virtuellen Beziehungen in virtuellen Welten wie Second Life. Mit einem etwas anderen Dreh hat sich auch die re:publica, die große Konferenz zu den digitalen Themen von heute, mit Innovationen und ihrem Verhältnis zu Liebe und zwischenmenschlichen Beziehungen, auch auf einer sehr körperlichen Ebene, beschäftigt. Auch hier geht es darum, wie Dating Apps und Sexspielzeuge, unser aller Beziehungen verändern können. Hier scheint das Körperliche Phantasie,  Kreativität und Innovation durchaus anzuregen.
Vielleicht hat die etwas obsessive Beschäftigung der Technologie-Szene mit Sex aber auch etwas mit einer Kultur zu tun, die gerade eher durch Sexismus auffällt. Erst wurde der Uber Chef entlassen,  jetzt mehren sich die Meldungen über eine frauenfeindliche Technologie- und Gründerszene in den USA wie in Deutschland.
Kann denn Liebe Sünde sein?

Samstag, 1. Juli 2017

Ungleichheit II

Vor kurzem erst hatte ich mich zum Thema Ungleichheit ausgelassen, die eng verknüpft ist mit Technologiewandel und Innovation, aber auch mit der Globalisierung. Noch wird die Debatte auch in Deutschland kontrovers geführt, ob wir überhaupt eine steigende Ungleichheit beobachten können. Ich hatte in meinem letzten Blogartikel die OECD Studie "Skills Outlook" zitiert, die für die OECD-Lände in den letzten 10 Jahren ein deutliches Auseinanderentwickeln der oberen und unteren Qualifikationsgruppen beschrieb und insbesondere für den mittleren Qualifikationsbereich einen Rückgang feststellte. Kurz darauf veröffentlichte die Zeit einen Beitrag, indem diese OECD Ergebnisse zumindest für Deutschland in Frage gestellt wurden. Mit dem Ausgangsdaten der OECD und Daten des Institut für Arbeitsmarktforschung zeigten die Autoren, dass es zwar zu Beginn der untersuchten Periode tatsächlich einen Rückgang der mittleren Qualifikationsniveaus zugunsten der unteren und oberen Qualifikationsniveaus gab, seitdem aber eher ein Trend zur Aufwärtsqualifizierung zu beobachten ist. Und dies hat natürlich auch Folgen für die Entlohnung und damit für die potentielle Ungleichheit in Deutschland.

Trotz dieser Scharmützel ist es aber auch in Deutschland mittlerweile angekommen, dass insbesondere in Zeiten der Digitalisierung und Automatisierung eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden besteht, weil Ungleichheiten tendenziell zunehmen. Interessant fand ich daher die letzten Tage, dass es durchaus Bemühungen gibt, hier noch regelnd einzugreifen oder zumindest die Folgen zu lindern.

Für Aufsehen hat die Entscheidung der EU-Kommission zum Monopolverfahren gegen Google gesorgt. Dazu trug insbesondere die enorme Summe des verhängten Strafgeldes bei, die alle bisherigen Ausmaße überstieg. Manche Kommentatoren sehen hier aber auch einen Meilenstein des Wettbewerbsrechts, um die großen Plattformbetreiber in ihre Schranken zu weisen und zumindest etwas Waffengleichheit der verschiedenen Anbieter zu garantieren. Auch das deutsche Kartellamt begrüßt diesen Kurs und war in die Untersuchungen der Europäischen Kommission eingebunden. Gleichwohl fragt sich, ob damit auch systematisch der Trend eingeschränkt wird, das große Anbieter in der digitalen Plattformökonomie immer größer und mächtiger werden. Vermutlich nicht, aber zumindest zeigt der Staat als Garant des Wettbewerbs ein klein wenig seine Zähne. In den USA wird das europäische Urteil übrigens meist ziemlich kritisch gesehen, nur im New Yorker habe ich einen sehr wohlwollenden Kommentar gefunden, der die europäischen Wettbewerbshüter ihr auf der Höhe des digitalen Zeitalters sieht, als die amerikanischen. Auch der wirtschaftsliberale Economist scheint eher abgetan vom europäischen Kampf gegend die Netzwerkeffekte der digitalen Ökonomie.

Eine zweite Meldung kam zu Anfang der Woche, als sich die Koalitionsverhandlungen der neuen Partner in Schleswig-Holstein langsam ihrem Ende näherten. Für einen Moment sah so aus, als wenn Schleswig-Holstein als erstes Land ein Experiment in Sachen bedingungsloses Grundeinkommen starten würde. Am Ende trauten sich die Koalitionspartner zwar nicht, aber zumindest ein Prüfauftrag ist im Koalitionsvertrag vermerkt, und damit rückt ein solches Experiment auch in Deutschland in etwas größere Nähe. Privat gibt es ein solches Experiment auch in Deutschland schon, und in anderen Ländern wird munter experimentiert. In der Diskussion um die digitale Revolution und wachsende Ungleichheit wird das bedingungslose Grundeinkommen immer wieder als Instrument angeführt, um den sozialen Ausgleich zumindest im Nachhinein wieder etwas herzustellen.

Unterm Strich also zwei kleine Indizien, dass die Auseinandersetzung mit den Folgen der digitalen Revolution an Fahrt aufnimmt. Wir dürfen gespannt sein was die nächsten Monate und Jahre bringen.