Eine Sensationsmeldung schaffte es vor zwei Wochen in die Hauptnachrichten: in China wurden erstmals erfolgreich Affen geklont. Droht jetzt auch bald das Klonen von Menschen? Ich habe hierzu kürzlich einen wirklich interessanten Beitrag des Deutschlandfunk gehört. Tatsächlich stand dort weniger die Spekulation über Klonmenschen im Vordergrund, das wurde eher als längerfristig unwahrscheinlich eingeschätzt. Es ging vielmehr um den eigentlichen Grund für das Klonen von Affen, nämlich die medizinische Forschung. Die Forschung an Affen wird insbesondere für Krankheiten wie Alzheimer oder Demenz immer wichtiger, weil Affen aufgrund ihres großen Gehirns den Menschen doch etwas ähnliches sind als Mäuse und Ratten. Und Klonaffen haben den Vorteil, dass sie genetisch identisch sind. Man kann also an ihnen die perfekte Kontrollgruppen-Studie durchführen. Zwei Gruppen von Affen werden gebildet, die eine bekommt eine Behandlung, die andere nicht. Jede Veränderung des behandelten Affen ist dann tatsächlich auf die verwendete Therapie zurückzuführen, und nicht mehr auf die individuellen, genetisch bedingte Unterschiede.
Ich dachte bislang immer, das Konzept des Kontrollgruppenansatzes aus dem Bereich der Medizin sei dort zumindest etabliert und soweit ausgereift, dass es kaum noch verbessert werden kann. In den Sozialwissenschaften, in denen ich unterwegs bin und in denen immer wieder auch die Nutzung eines Kontrollgruppenansatzes z.b. bei der Evaluation von Innovationspolitiken gefordert wird, ist das ganze viel schwieriger. Die Kontrollgruppe soll ja eigentlich in allen wesentlichen Merkmalen derjenigen Gruppe gleichen, die in unserem Fall durch eine spezifische Maßnahme beeinflusst wird. Und das ist im Gegensatz zur Medizin nicht so einfach, weil es hier nicht um einem Schicksalsschlag, eine Krankheit geht, sondern um die bewusst angestrebte Teilnahme an einem Förderprogramm. Wer hier teilnehmen möchte, wer hat schon einen Grund dafür, und wer dies nicht tut, der hat ebenfalls einen Grund.
Eine Möglichkeit mit diesem Dilemma umzugehen, wäre ein Experiment. Man würde alle Bewerber um eine Fördermaßnahme in zufällig in zwei Gruppen teilen, diejenigen, die ein Unterstützung bekommen, und diejenigen, die keine bekommen. Das Innovation Growth Lab aus London wirbt heftig für solche Ansätze, aber in der Praxis ist eine "Lotterie" der Innovationsförderung in der Regel kaum politisch durchsetzbar.
Ein zweiter Ansatz besteht darin, diejenigen Antragsteller, die knapp gescheitert sind, mit denjenigen zu vergleichen, die es knapp in die Förderung geschafft haben. Beide Teilgruppen sollten sich nur wenig unterscheiden, sodass die weitere Entwicklung der entsprechenden Akteure vor allen Dingen davon abhängen sollte, ob sie nun gefördert wurden oder nicht. Leider kann ein solcher Ansatz nur dann umgesetzt werden, wenn es sich um wirklich große Fördermaßnahmen handelt, damit diese beiden sehr speziellen Gruppen auch groß genug sind für einen Vergleich. Und natürlich sollte es eine Art Punktesystem beide Antragsbeurteilung geben, damit wirklich nur diejenigen untersucht werden die nur sehr knapp gescheitert sind oder es nur sehr knapp geschafft haben. Diese Randbedingungen allerdings sind wieder nur sehr selten gegeben, sodass sich auch ein solcher methodischer Ansatz meist nicht eignet. Außerdem ist es nicht so einfach, einen gewissen Placeboeffekt herauszurechnen, der sich daraus ergibt, dass alleine die Bemühungen um die Teilnahme an einem Förderprogramm schon zu Veränderungen führen könnten, die dann das Ergebnis verzehren.
Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe weiterer Ansätze, die mehr oder weniger gut funktionieren. Man kann aus einer großen Gruppe nicht-teilnehmende Akteure statistische Zwillinge bilden, also genau gleiche Akteure suchen, die sich sonst praktisch nicht von den teilnehmenden Akteuren unterscheiden. Sozusagen die Suche nach dem natürlichen Klon. Das ist auf Basis der im Moment verfügbaren Daten allerdings eine ziemliche Herausforderung. Der Traum vom Glück eines jeden Innovationsforscher wäre es, wenn tatsächlich alle relevanten Akteure in einer Datenbasis erfasst wären und alle relevanten Merkmale und Indikatoren dort abgespeichert. Also z.B. auch, an wie vielen verschiedenen Fördermaßnahmen diese Einrichtung schon in der Vergangenheit teilgenommen hatte. Dann könnte ein schlauer Algorithmus tatsächlich ermitteln, welcher Faktor nun ausschlaggebend für eine spezifische Veränderung ist. Das wäre sozusagen der Klon-Moment der Innovationsforschung.