in den USA stehen im November die Wahlen zum Repräsentantenhaus an, und nach zwei Jahren Donald Trump ist die ganze Welt gespannt, ob er nun einen Denkzettel bekommt oder ob die Republikaner ihre starke Stellung halten können. Und wie bereits anlässlich der Präsidentenwahlen richtet sich die Aufmerksamkeit auch darauf, ob Technologie einen Einfluss auf Politik haben könnte. Immer noch sind die Amerikaner damit beschäftigt, die Einzelheiten möglicher Einflussnahme auf die letzten Wahlen durch soziale Medien und Akteure wie Cambridge Analytics zu klären. Bereits jetzt schon werden besorgte Stimmen laut, die eine Einflussnahme auf Wähler oder gar ein Hacken der Wahlmaschinen bei der kommenden Wahl fürchten. Erste Anzeichen dafür gibt es ganz aktuell.
Die amerikanische Ausgabe Technology Review hat sich nun in ihrer neuen Ausgabe ganz und gar dem Thema Technologie und Politik gewidmet. Das Editorial schlägt noch einmal den ganz großen Bogen von seiner optimistischen Perspektive auf politisch genutzte Technologie aus dem Jahr 2013, als Barack Obama auch mit der Hilfe neuer Wahlkampftechniken die Präsidentschaftswahlen gewann und der arabische Frühling auch durch die Möglichkeiten sozialer Netzwerke seine durchschlagende Kraft entfaltete. Heute hingegen scheint Technik nur noch als Bedrohung demokratischer politischer Prozesse zu funktionieren. Nur ein einziger Artikel der neuen Ausgabe widmet sich neuen, technologisch ermöglichten partizipativen Formaten, die hier am Beispiel Taiwans demokratische Prozesse bereichern können.
Am Beispiel Kenias skizziert ein Artikel z. B., wie bestimmte demokratieschädliche Tendenzen neuer Technologien nicht wirklich neu sind, sondern auch manchen Technologien des Vor-Internetzeitalters eigen waren. Hate-speech z. B. wurde in Kenia bereits früher durch lokale Radiostationen befördert, das Internet hat nun diese unheilvolle Funktion übernommen. Dabei war die Hoffnung in Kenia nach den Unruhen des Jahres 2007 groß, das mit neuer Wahltechnik eine Befriedung des Landes gelingen könnte. Der Autor des Artikels schließt, dass Technik in der Regel keine sozialen Probleme löst.
Diee repressive Politik der chinesische Regierung gegenüber den Uiguren in der westlichen Provinz Xinjiang, die immer stärker auf entsprechenden Überwachungs- und Analysetechnologien basiert und als Art Testlabor zum Funktionieren des technologisch ausgerüsteten autoritären Staates gesehen werden kann, greift die Zeitschrift The Atlantic auf. Besonders beeindruckt hat die Autoren eine neue Überwachungsdrohne, die sich als Taube tarnte und flattert wie ein echter Vogel. Diese Drohne wird auch in einigen anderen Medien aufgegriffen.
Die Technologiepolitik der chinesischen Regierung wird übrigens auch in der oben beschriebenen Ausgabe der Technology Review aufgegriffen, unter der schönen Überschrift 'Warum Demokratie, wenn es Technologie" gibt. Tatsächlich kann Überwachungstechnologie wie Gesichtserkennung oder das berühmt-berüchtigte social credit System ein zentrales Problem chinesischer Politik lösen helfen, nämlich das Fehlen von Informationen, die von unten nach oben fließen. Dies ist ja eine der wesentlichen Funktionen von Demokratie, dass nämlich aus der Breite der Bevölkerung über den Wahlakt und die damit verbundene Kommunikation Meinungen und Einstellungen an die politische Führung kommuniziert werden. Wer diese Mechanismen nicht hat, der ist auf andere Kanäle angewiesen um das Problem zu lösen.
Allerdings ist Demokratie keine Einbahnstraßenkommunikation wie die beschriebenen Überwachungstechnik.