Dienstag, 12. März 2013

TED Talks


Der Feuilletonist der Süddeutschen hat am vergangenen Samstag einen schönen Artikel zu den TED-Talks in den USA (einer alljährlich stattfindenen Konferenz zu Technologie, Unterhaltungsindustrie und Design)  geschrieben, in dem ein aufkommender Technikskeptizismus durchschimmert, der nicht zuletzt durch seinen Retro-Charme besticht. Interessant klang für mich vor allem ein Streitgespräch zwischen Robert Gordon und Erik Brynjolfsson zur Frage, ob es mir dem innovationsinduzierten Wachstum zu Ende geht. Das Video zum Streitgespräch ist leider noch nicht im Netz, nur eine kurze Zusammenfassung auf der TED-Seite. 

Die amerikanische Bloggerszene hat aber bereits die wichtigsten Aussagen dokumentiert (zum Beispiel hier und hier). Zudem ist die These von Gordon nicht neu und wurde bereits an anderer Stelle ausführlich und kritisch diskutiert (z.B. hier, hier und hier, schön auch der Artikel im Economist). Er behauptet nämlich, dass die zentralen Innovationen, die unseren Lebensstandard und unseren Wohlstand entscheidend gehoben haben (fließend Wasser, Elektrizität und andere) bereits hinter uns liegen und viel neues nicht zu erwarten ist. Dies gilt seiner Meinung nach auch für die sogenannte digitale Revolution. Brynjolfsson hingegen sieht gerade hierin eine derart fundamentale Innovation, dass sie unser komplettes Leben verändern wird. Auf Brynjolfsson bin ich bereits in einem früheren Post eingegangen. 

Heute geht es mir um die These Gordons, die eine entscheidende Frage stellt: Was macht eigentlich echte Innovationen aus? Dabei zielt Gordon vor allem auf die wirtschaftlichen Wachstumseffekte von Innovationen, und hier gehen seine Kritiker hart mit ihm ins Gericht. Gleichzeitig argumentiert er aber auch normativ mit dem gesellschaftlichen Nutzen, den Innovationen stiften, und den ich von den in früheren Blogs von mir bereits genannten kompensierenden und positionalen Funktionen unterscheiden möchte. Eigentlich scheinen nur wenige Lebensbereiche für "echte" Innovationen in Frage zu kommen: die Steigerung der körperlichen und geistigen Gesundheit, die Befreiung von körperlicher (und geistiger?) Anstrengung (durch Maschinen zum Beispiel - auf dieser Ebene argumentiert ja Brynjolfsson) sowie die Erweiterung des geistigen Horizonts, um eine etwas altertümliche Dimension anzusprechen. 

Aber gerade hier finde ich die Früchte der digitalen Revolution besonders bestechend. Das Wissen der Welt steht uns mit dem Internet heute in einer Weise zur Verfügung, welche die Intellektuellen vergangener Zeiten geradezu für ein Wunder gehalten hätten. Neugierde zu stillen, Einsichten zu vermitteln und die Welt zu verstehen schafft zutiefst Befriedigung. Wenn nun noch die Möglichkeiten einer digital unterstützen Bildung weiter ausgebaut werden, was steht da unserem Glück noch im Wege...? Wenn dann nur die materiellen Voraussetzungen gesichert wären. Und da kommt dann möglicherweise für viele von uns in Zukunft wieder Brynjolfsson ins Spiel...

Update vom 26. Mai : Die Videos von Brynjolsson und Gordon sind mittlerweile hier online zu finden