Ich geb's zu, die Diskussion um Thomas Pikettys Buch "Kapital im 21. Jahrhundert" lässt mich nicht los. Zwei neue Blogeinträge gehen auf interessante Aspekte von Pikettys Buch ein.
In der "Ökonomenstimme" wird die Frage gestellt (und ganz anschaulich beantwortet), warum Deutschland bei Piketty ganz gut wegkommt, obwohl doch die OECD in ihren letzten Veröffentlichungen mehrfach darauf hingewiesen hat, dass die Ungleichheit in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern eher schneller gewachsen ist. Die Autoren erklären das mit dem sogenannten "Unternehmensschleier", also der Tatsache, dass hierzulande die kräftigen Unternehmensgewinne nicht in gleichem Maße an die Shareholder und Finanzmanager ausgezahlt werden wie z.B. in den USA, sondern in den Unternehmen verbleiben. Aber diese Unternehmen gehören ebenfalls jemandem. Sie sind, da häufiger nicht börsennotiert, auch tendenziell unterbewertet. Die Zahlen von Piketty bedeuten demnach also nicht, dass die Situation in Deutschland grundsätzlich viel rosiger wäre als in den USA.
Die Blogserie des World Economic Forum wiederum fragt, in welchem Verhältnis die Thesen von Piketty zu Innovationen stehen. Piketty selbst hat sich dazu nur sehr kurz geäußert und vernachlässige laut diesem Beitrag die positiven Effekte des technologischen Fortschritts. Der Blogbeitrag geht daher (neben Verweisen auf die aktuellen Veröffentlichungen von Brynjolfsson und McAfeeins sowie anderen) besondere auf die These von Clayton Christensen ein, der zwischen Empowering Innovation und Efficiency Innovation unterscheidet (aber auf dem Ungerechtigkeitsauge blind sei). Entsprechend sind die Schlussfolgerung von Piketty, durch Steuergesetzgebung Umverteilung zu erreichen, nicht befriedigend. Vielmehr gehe es darum, die Reichen zu einer anderen Innovationsstrategie zu bewegen, die tatsächlich nicht nur Effizienzgewinne verspricht, sondern auch langfristige Produktionsgewinne und neue Arbeit.
Unterm Strich bleibt einerseits die beunruhigende Beobachtung, das Pikettys Buch für Deutschland relevanter ist als zunächst gedacht. Andererseits scheint die Rolle von Innovation noch nicht wirklich ausdiskutiert. Damit ist auch die Rolle der Innovationspolitik für eine gerechtere Politik insgesamt aus meiner Sicht noch offen. Die Debatte bleibt spannend.
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