Sonntag, 23. November 2014

sportliche Zukunft

Die Süddeutsche beichtet, dass der Versicherungskonzern Generali seinen Kunden neu Vergünstigungen gegen Datenvon Fitnessapps anbietet. Wer Sport treibt und seine Daten weiterleitet, bekommt Gutscheine und vielleicht auch Tarifnachlässe. Die Meldung hat ziemlich schnell zu einer Reihe von Artikeln geführt, die sich kritisch mit diesem Ansinnen auseinandersetzen. Der Tagesspiegel schreibt empört, dass die Verführung (reduzierter Beiträge..), der erste Weg in die Unfreiheit ist. Die Süddeutsche meint, das individualisierte Tarife eine große Gefahr bergen: Sie führen das Prinzip der Versicherung ad absurdum. Versicherer gleichen eigentlich verschiedene Risiken aus, zwischen vielen Kunden und auch über die Zeit.

Man kann das auch gelassener sehen, schließlich sind Versicherungen schon früher großzügig gewesen, wenn ihre Kunden sich um ihre Gesundheit kümmern. Sportkurse wurden anteilig mitfinanziert, Vorsorgeuntersuchungen honoriert. Jetzt untersützt halt eine neue Technologie diese Politik. Andere Versicherer machen dass übrigens schon länger, zum Beispiel die KFZ-Versicherungen mit Backboxes zum Fahrverhalten. Aber die Daten der Fitness Tracker sind schon deutlich intimer als die Anmeldebescheinigen zum Yoga Kurs. In einer Stimmung, in der Datensammelwut der Interetkonzerne als existentielle Bedrohung wahrgenommen wird, schlägt dann die Meldung zu Generale ein wie eine kleine Bombe.

Der gläserne Kunde und Internetsurfer bricht ein Versprechen der Moderne, die Anonymität der Masse. Jedes Individuum soll das Recht haben, sich selbst nach seinen eigenen Interessen und Vorlieben zu entfalten. Die soziale Kontrolle der engen Verhältnisse vormoderner Gesellschaft soll  zurückgedrängt werden, der Klatsch und Tratsch der Dorfkneipe aufhören. Es geht keinen an, was ich denke und tue. Den szialen Zwängen soll die individuelle Entfaltung folgen.

Damit ist es jetzt wieder vorbei. Google kennt mich, Facebook kennt mich, und jetzt auch noch mein Versicherer. Und während mir Google nur die am besten auf meine geheimen Wünsche abgestimmte Werbund verkaufen (oder das "beste" Suchergebnis präsentieren) kann, droht die Versicherung, gutes Verhalten zu belohnen und schlechtes zu bestrafen. Mich erinnert diese Diskussion auch an eine Debatte um die Individualisierte Medizin, die ich vor ein paar Jahren im Rahmen der Vorstellung eines Berichts des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag TAB zur Individualisierten Medizin miterlebt habe. Damals ging es unter andere darum, ob eine verbesserte Kenntnis der individuellen Dispositionen und Krankheitsrisiken nicht auch eine Verpflichtung deseinzelnen mitsich bringen würde, sich entsprechend verantwortungsvoll zu verhalten. Wer ein erhöhtes Risiko zu Herzgefäßerkrankungen hat und weiterhin frisst und säuft, muss der nicht wegen selbstschädigendem Verhalten (und damit auch erhöhten gesellschaftlichen Kosten) "bestraft werden, zum Beispiel durch andere Versicherungsprämien?

Das wäre ein sehr paternalistisches Staat und eine sehr erzieherische Gesellschaft. Vielleicht dann doch eher sanfter Zwang? Ist das nicht auch die Idee der vielen Fitnesstracker? Sich selbst zu konditionalisieren durch ein direktes Feedback? Nicht soziale Kontrolle, sondern eine elektrisch verstärkte Selbstkontrolle, eine digitales Überich sozusagen? Und die Entsprechung auf politischer Ebene, ist das nicht Nudging? Da scheint die Bundesregierung ja auf dem richtigen Weg zu sein (hier zum Beispiel geht es um Fettleibigkeit, liebe Krankenkassen), auch wenn hier die Empörungswellen wieder ähnlich hoch schlagen (hier zum Beispiel). Wobei der Spiegel einige kreative Ideen dazu parat hat, wie die Regierung selbst ein gutes Beispiel sein könnte...


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