Im Moment lässt mich das Thema wissenschaftliche Politikberatung nicht los. Als vor einigen Wochen die Erde in Mittelitalien bebte und die Stadt Amatrice verwüstete, war gerade in den ersten Stunden und Tagen noch unklar, wie wahrscheinlich schwere Nachbeben sein könnten. Angefragt wurden hierzu natürlich wissenschaftliche Experten, also Geologen, aber die konnten auch nur sehr unbefriedigende Antworten geben.
Wie schwierig es ist, wissenschaftliche Politikberatung über Risiken von Naturkatastrophen richtig zu machen, zeigt dieser Artikel zu Beratungsdilemata der Fachleute. Letztendlich schildert er ein Problem, das nicht neu ist. Schon das Erdbeben in L'Aqilla führte die Schwierigkeiten, statistische Wahrscheinlichkeiten und Risiken verständlich zu kommunizieren, mehr als deutlich vor Augen. Damals kamen bei Nachbeben viele Menschen ums Leben, und einige Geologen wurden daraufhin strafrechtlich belangt (aber mittlerweile freigesprochen), weil sie falschen Rat gegeben hätten.
Eine Studie der OECD zur wissenschaftlichen Politikberatung, an der ich auch teilnehmen konnte, nahmen diese Entwicklungen zum Ausgangspunkt einer Untersuchung über Herausforderungen der wissenschaftlichen Politikberatung. In der Studie ging es auch, aber nicht nur um Politikberatung hinsichtlich von Risiken und Katastrophen.
Letztere sind auch in Deutschland in den letzten Tagen intensiver diskutiert worden. Das neue Konzept der Bundesregierung zur zivilen Verteidigung hat ganz schön Staub aufgewirbelt. Die Diskussion drehte sich insbesondere darüber, wie weit der Einzelnen vorsorgen muss und wie er die ganzen Lebensmittelvorräte dann lagern soll. Ich habe es mal nachgerechnet: allein Wasser müsste ich nach diesem Konzept etwa 40 Liter im Keller haben. Andererseits ist das alles nicht neu. Das Bundesamt für Bevölkerungsschichten und Katastrophenhilfe hat entsprechende Ratschläge schon seit langem auf seiner Homepage.
Wie schnell in einer Katastrophensituation sämtliche Systeme zusammenbrechen können, hat Marc Elsberg sehr schön in seinem Roman blackout vor einigen Jahren geschrieben, dass auch bei professionellen Katastrophenschützern heiß diskutiert wurde.
Katastrophenschutz ist also okay, aber wie realistisch ist das Ausgangsszenario der Bundesregierung. Hier setzte die zweite Dimension der Kritik ein. War das Panikmache, jetzt von einer militärischen Bedrohung auszugehen? Oder greift hier nur die Verantwortung der Bundesregierung, für alle Eventualitäten gerüstet zu sein? Schließlich gab es auch schon zuvor ein Konzept zur zivilen Verteidigung, es wurde ja nur aktualisiert. Und wie wichtig unterschiedliche Szenarien sind, hatte ich ja gerade erst in einem meiner letzten Blogs zum Thema foresight thematisiert.
Irgendwie bleibt aber schon ein komischer Nachgeschmack, aber seis drum. Mich erinnern solche Bedrohungsszenarien irgendwie an die frühen 80er Jahre, als sich Ost und West noch sehr kriegerisch gegenüberstanden. Aus dieser Zeit ist mir noch ein wirklich lustiger, sehenswerter Film in Erinnerung geblieben, der die Schizophrenie am Beispiel der Atombegeisterung und Atomangst der 50er bis 70er Jahre deutlich macht. Der Film "The Atomic Cafe" hat zum Beispiel herrliches Sehnen, wie laienhaft und skurril der Schutz vor einem atomaren Angriff in den 50er Jahren in Aufklärungsfilmen bebildert wurde.
Der nahenden Katastrophe lassen sich also durchaus auch lustige Seiten abgewinnen. Der Tagesspiegel zeigte gerade in einem Bericht, dass sich aus den Vorräten des Katastrophenschutzes leckere Gourmet-Menues kochen lassen. Und dann gibt es natürlich noch die lustigen Prepper. Das Leben wird komplett der Vorsorge für den individuellen Katastrophenfall untergeordnet. Mich erinnert das ein wenig an die netten Abenteurer und Aussteiger Bücher zum Überleben in der Wildnis, Rüdiger Nehberg oder so.
Aber solche Bücher sind heutzutage auch von ganz anderem Kaliber. Gerade habe ich das Handbuch für den Neustart der Welt gelesen, mit dem wir uns nach der totalen Katastrophe, den globalen Mega-Virus zum Beispiel, langsam wieder technologisch hoch arbeiten sollen. Das ist natürlich nur Verpackung, die Rahmenhandlung sozusagen, um dann einen Rundumschlag über die technologischen Errungenschaften unserer Zivilisation zu starten. Mein Sohn fand das sehr spannend. Mir war es manchmal zu enzyklopädisch. Aber dann doch wieder gute wissenschaftliche Politikberatung?
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