Mittwoch, 29. April 2015

smart city und grüne Zukunft der Stadt

Die Zukunftsstadt - Thema des diesjährigen Wissenschaftsjahres - hat Fahrt aufgenommen. Und zwar nicht nur als Botschaft der MS-Wissenschaft im Wissenschaftsjahr, sondern auch in einer Reihe weiterer Aktivitäten. Am 21. April z.B. hat Berlin ein Strategiepapier zur Smart City verabschiedet, unter anderem um sich fit zu machen für eine gemeinsame Bewerbung mit Paris und Bologna um eine europäische Förderung. Der Tagesspiegel greift in seinem Artikel daraus vor allem selbst fahrende Autos (also autonomes Fahren) und sprechende Mülleimer auf und verweist darauf, das eine der Forderungen - ein freies WLan für alle - seit Jahren im Senat eher vor sich hindümpelt und nicht voran kommt.


Am 15. April bereits hatte das BMBF die 52 Sieger im Bundeswettbewerb Zukunftsstadt gekürt, die jetzt zunächst in Bürgerdialogen über die zukünftige Entwicklung ihrer Stadt beraten sollen. Auf seiner Website schreibt das BMBF hierzu, dass die Visionen über drei Phasen hinweg am Ende, ab dem Jahr 2018, in Reallaboren umgesetzt und dem Praxistext unterzogen werden sollen.


Das bei aller Dynamik im Thema Zukunftsstadt nicht immer alles Gold ist, was glänzt, hatte ich bereits in früheren Blogbeiträgen (hier zu Berlin) angerissen. Kritisch mit dem Smart City -Hype hat sich auch der Blog Carta bereits im Februar in diesem Beitrag auseinander gesetzt und vor allem Technikgläubigkeit und kommerzielle Interessen gegeißelt. Wobei das deutsche Konzept der Zukunftsstadt deutlich mehr ist als eine technikzentrierte Smart City. Zur Entstehung der Plattform Zukunftsstadt, die in den letzten Monaten eine Forschungsagenda erarbeitete, hatte ich Anfang 2015 mit meiner Kollegin Katrin Schumann eine kleine Studie veröffentlicht. Darin wird unter anderem deutlich, wie stark die Idee der Zukunftsstatt mit der Vision einer nachhaltigen Stadt verknüpft und wie komplex die Diskussion dann doch ist.


Und wenn das Leitbild der Zukunftsstadt eine grüne, nachhaltige Stadt ist, dann bin ich thematisch wieder in meiner aktuellen Heimatstadt Berlin. Am Beispiel Mobilität kann man die Probleme ganz schön deutlich machen. Als Fahrradfreund freue ich mich, dass der Radverkehr gefühlt dramatisch zugenommen hat. Leider wächst die Infrastruktur nicht immer ähnlich dynamisch mit, schmalbrüstige Radwege mit einer Breite von gefühlt deutlich unter einem Meter sollen Alltagfahrer und Berufspendler genauso aufnehmen wie 20-köpfige Touristengruppen auf ihrer geführten Fahrradstadttour.


Da staunt der Berliner dann über neue Konzepte z.B. für London und erschrickt beim Vergleich mit Kopenhagen, der deutlich ernüchternd ausfällt. Wer mal über den Tellerrand schauen möchte, die Stadt der Zukunft für Fahrradfahrer wird z.B. hier vorgestellt. Immerhin hat Berlin jetzt automatische Zählstellen installiert, nachdem die letzten belastbaren Zahlen über die Zahl der Radfahrer aus dem Jahr 2008 stammte. Auch das ist wohl ein Teil der neuen Smart City...


Schön ist abschließend auch der etwas bissige Essay der Süddeutschen zum Thema Urban Gardening, einem weiteren trendy Thema der Zukunftsstadt, zumindest in Berlin. Max Scharnigg outet sich in diesem Artikel nicht gerade als Freund urbaner Gartenfreuden und beschreibt entsprechende Orte als "kompostierter Flohmarkt, durch den ein Wirbelsturm gezogen ist." Etwas später im Text bezeichnet er diese Aktionen als "betreutes Gärtnern für die herumstümpernde Ökoschicht." Aber recht har er, wenn er die unterschiedlichen Interessen der Stadtbewohner nebeneinander stellt und keinen Grund sieht, die neu aufkeimenden gärtnerischen Ambitionen einer aufgeklärten Mittelschicht höher zu bewerten als beispielsweise die der Hundebesitzer mit Bedarf an Hundeauslaufflächen und Platz zur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse ihrer vierpfotigen Freunde.

Dienstag, 21. April 2015

Innovation und Alter

Vor geraumer Zeit arbeitete ich in einem meiner ersten Projekte schon einmal zum Thema Innovationsfähigkeit und Demographischer Wandel. Es ging damals im Förderschwerpunkt "Demotrans" vor allem um die Auswirkungen von / den Umgang mit alternden Belegschaften, in unserem Teilprojekt vor allem in Ostdeutschland.


Einen ganz anderen Aspekt des Demographischen Wandels habe ich die letzten Tage mit Blick auf älter werdende Unternehmenschefs kennen gelernt. Dieser Blogbeitrag fasst einige Trends und Konsequenzen zusammen, die in einer KfW-Publikation Ende März veröffentlich wurden. Es geht im kern um eine sinkende Investitionsbereitschaft älterer Unternehmen, und das angesichts eines zunehmend "alternden" Mittelstands. Der KfW-Beitrag setzt diesem Trend dann auch konsequenter Weise die weiter rückläufigen Gründungszahlen in Deutschland entgegen, die hier kein spürbares Gegengewicht entgegensetzen können.


 Ein weiterer Artikel des Blogs ne-na (Netznachrichten) nimmt die Berührungsängste des Mittelstands gegenüber der digitalen Revolution aufs Korn und schlägt schon den Bogen zu einer möglichen geringeren Innovationsorientierung. Auch hier sind es durchaus älter werdende Unternehmensführungen in den Chefetagen des deutschen Mittelstands, die einer offene Haltung gegenüber digitalen Innovationen zumindest nicht förderlich sind. Ich hatte zum Thema bereits im Dezember einen Blogbeitrag veröffentlicht.


Nimmt man nun noch die sinkende Innovationsorientierung des deutschen Mittelstands (siehe die jährliche ZEW-Publikation im Rahmen der Innovationserhebung oder auch das aktuelle Gutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation), die ja seit vielen Jahren konsequent nach unten zeigt, so liegt zumindest der Verdacht nahe, das hier ein Zusammenhang besteht.


Auch viele andere Gründe könnten ursächlich für diesen Rückgang mittelständischer Innovationsanstrengungen sein: veränderte Innovationsregime in spezifischen Branchen, in denen nun vor allem die Großindustrie komplexe Innovationsprozesse managed, oder auch eine internationale Arbeitsteilung, die zu anderen Geschäftsmodellen des Mittelstands führt.


Zumindest sind junge Unternehmen kein echter Rettungsanker für einen innovationsperspektivisch etwas schwächelnden Mittelstand. Zum einen geht die Gründungsintensität wie gesagt zurück, so dass wenig "neues Blut" in den Mittelstand kommt. Bis zu einem gewissen Grad ist auch dies ein Effekt demographischer Veränderungen (und für etwa 2/3 des Rückgangs verantwortlich, wie Georg Licht vom ZEW in seinem Editorial hier ausführt).


Zum anderen ist eben auch die Zusammenarbeit von Mittelstand und Gründern eher wenig ausgeprägt. Der Trend geht ja aktuell eher zu Corporate VC der großen Konzerne (siehe auch mein Blogbeitrag hier), die so ihre eigenen Innovationsschwächen durch die Stärken der jungen, kreativen und schnellen Startups ausgleichen wollen.


Beruhigend nur, dass die demographische Falle nicht nur hierzulande zuschlägt. Und ebenfalls beruhigend, dass auch demographisch wachsende Staaten wie die USA ihre Probleme mit Mittelstand und sinkenden Startup-Quoten haben. Da muss es also auch noch andere Gründe geben...