Samstag, 17. Juni 2017

Ungleichheit

Vor ein paar Wochen war ich auf einem interessanten Workshop, den eine große deutsche Stiftung und die OECD ausgerichtet hatten. Es ging um das Thema Innovation und Ungleichheit. Die Veranstalter hatten den Teilnehmern im Vorfeld 2 Paper zukommen lassen, die zwei recht gegensätzliche Positionen zu diesem Thema vertraten.

Das eine der beiden Papiere ging davon aus, dass nur Innovationen nachhaltiges Wachstum schaffen, und dass wir hiervon gerade in Deutschland leider zu wenig haben. Ohne Wachstum kein Wohlstand, also ohne Innovation und Technologie auch nicht. Die zunehmende Ungleichheit in Deutschland, so sie es denn gibt, sei eher auf eine Mangel Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zurückzuführen, die durch Lohnzurückhaltung und rückläufige Sozialausgaben aufgefangen wurden.

Das andere Papier nahm insbesondere die digitalen Technologien und Unternehmen des Silicon Valley in den Blick, die globale Monopole geschaffen und enormen Reichtum angehäuft hätten. Sie würden von den Effekten der Plattform-Ökonomie profitieren und ihren Firmenchefs und den Investoren enorme Renditen bringen.

Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass zwar beide Papiere ihre Schwächen haben, das eine Papier eigentlich nichts zum Thema Ungleichheit sagt, das andere hingegen die Situation im Silicon Valley zu sehr verallgemeinert. Aber beide Papiere sprechen auch richtige Punkte an, die parallel zueinander zu beobachten sind. Einerseits die Abhängigkeit von Innovationen und technologischen Fortschritt, um Wachstum sicherzustellen. Das gilt insbesondere für das demografisch schnell alternde Deutschland. Andererseits die sozialen Ungleichheiten, die sich fast zwangsläufig aus dem Siegeszug der digitalen Technologien und ihrer Unternehmen ergeben und die ein deutliches Eingreifen des Staates im Bereich der Sozialpolitik, vielleicht aber auch in der Wettbewerbspolitik verlangen.

Zusätzlich wird die Diskussionen dadurch komplexer, dass es nicht nur um technologischen Fortschritt geht, sondern auch darum, ob und wie sehr die Globalisierung ihren Beitrag zu Ungleichheit leistet. Auch hierzu hat sich die OECD vor kurzem geäußert und deutlich gemacht, dass insbesondere der technologische Fortschritt dazu beiträgt, dass die Mittelschicht immer dünner und die soziale Ungleichheit immer größer wird

Auch die Wochenzeitung die Zeit hat sich kürzlich zur Kehrseite der Globalisierung ausgelassen.
Auf jeden Fall scheint die Globalisierung zum schnellen Anwachsen des Reichtums der Top 1% beizutragen, wie z.B. dieser Artikel zeigt. Außerdem vergrößert sich der Abstand zwischen einigen wenigen Top-Firmen und der breiten Masse. Das wirkt sich dann entscheidend auf die Einkommensunterschiede zwischen Firmen aus. Vielleicht ist dies ja auch ein Faktor, der zum im Hinblick auf seine Innovationsorientierung zunehmend schwächelnden deutschen Mittelstand mit beiträgt. Der Wissens und Technologietransfer scheint in der Breite nicht mehr zu funktionieren wie früher.

Aber was kann der Nationalstaat tun, um diesen Effekten des technologischen Wandels und der Globalisierung entgegenzuwirken? Zumindest bei den globalen Technologieunternehmen gibt es Mittel und Wege. Eines der wenigen scharfen Schwerter bleibt das Kartell- und Wettbewerbsrecht. Und zunehmend wird es auch genutzt. Allerdings wird dafür auch die internationale Zusammenarbeit verstärkt werden müssen. Dieser Artikel plädiert dafür, den Rahmen der G20 zu nutzen.