Donnerstag, 26. September 2013

flat world, 3dprinting und Internet

2005 veröffentlichte Thomas Friedmann einen Bestseller mit dem Buch "the world is flat", in dem er unter anderem die Auswirkungen neuer Technologien - insbesondere con Computer und Internet - auf die Weltwirtschaft beschrieb und als Treiber der Globalisierung bewertete. Das Konzept einer flachen Welt wurde in den darauffolgenden Jahren durchaus kritisch diskutiert (zum Beispiel hier oder von der OECD in einem Bericht von 2011 zu regionaler Politik hier). Als Zwischenfazit der Diskussion lasst sich festhalten, das die Internet-Revolution tatsächlich "demokratisierend" wirkte, indem sie den Zugang zur Ressource Wissen verbilligte und so für viele Weltregionen auch die Kosten eines aufholenden Wettbewerbs senkte.

Eine Reihe ganz materieller, an Ressourcen, Infrastruktur und Arbeitskosten geknüpfte Faktoren führen aber weiterhin zu einer ungleichen Verteilung von Einfluss und Wirtschaftskraft . Die Welt wird zwischen den Nationalstaaten flacher, innerhalb der Nationalstaaten bleiben die Ungleichgewichte aber bestehen oder werden sogar größer.

Auf der "materiellen" Ebene der Produktion könnte nun eine neue technische Innovation nivellierend wirken: 3D Printing. Ein aktueller Artikel des Economist umreist die potenziell weltverändernde Wirkung des 3D Printing anhand aktueller Beispiele. Viele Unternehmen setzen 3D Printing heute ergänzend zu traditioneller industrieller Fertigung ein. Gleichzeitig nutzen Schwellenländer wie China die Vorteile des 3D Printing in großem Maßstab (der aktuell größte 3D Printer steht heute in China), um Hochtechnologie zum Beispiel im Flugzeugbau preiswert zu fertigen.

Der Artikel des Economist verneint die zunächst postulierte Wirkung von 3D Printing, die Relevanz des Produktionsfaktors Arbeit zu reduzieren und damit zu einer Renaissance der traditonellen Fertigungsstandorte in den westlichen Industrieländern beizutragen. Zumindest Beschäftigungsaufbau in größerem Maßstab sei nicht zu erwarten, da Arbeit hierzulande immer noch vergleichsweise teuer bleibt.

Fertigung wird durch 3D Printing effizienter und kostengünstiger. Wenn die sich Technologie weiter verbreiter, werden viele Regionen potenziell davon profitieren können. Vielleicht wirkt der dann einsetzende nivellierende Trend diesmal zugunsten der alten Industrienationen - vielleicht auch nicht.

Sonntag, 15. September 2013

systems innovation vs. entrepreneurial state

Vor zwei Wochen hat der Economist in seinem Blog Schumpeter über das (bereits vor einiger Zeit verfasste - aber erst jetzt erschienene)  Buch "The Entrepreneurial State" von Mariana Mazzucato berichtet. Zentrale These von Frau Mazzucato ist, dass der Staat eine wichtige Rolle im Innovationssystem spielt, weil er langfristige, grundlagenorientierte Forschung finanziert, die privatwirtschaftlichen Unternehmen zu risikohaft ist. Frau Mazzucato würzt ihr Buch  mit vielen Beispielen wie GPS, der Google-Suchalgorythmus und Sprachtechnologie, die aufgrund staatlicher Forschung entstanden, und erst sehr viel später in privatwirtschaftlich entwickelten Produkten zu erfolgen wurden.

Vor dem Hintergrund der angelsächsischen Auseinandersetzung um die Rolle des Staates allgemein argumentiert das Buch zurecht zugunsten einer wichtigen Funktion staatlicher Intervention im Innovationssystem. Der liberale Economist lässt es sich nicht nehmen, auch auf die weniger erfolgreichen Episoden staatlichen Interventionismus zu verweisen, zum Beispiel auf die vielen vergeblichen Versuche, ein Silicon Valley von oben aus dem Boden zu stampfen, oder auf das "leuchtende Vorbild" eine intervenierenden Staates wie Japan, dass gerade in den letzten Jahren deutlich entzaubert wurde. Gleichwohl konzediert auch der Economist, dass Frau Mazzucato eine wichtige Rolle des Staates angesprochen hat, die insbesondere vor dem Hintergrund angespannter Staatshaushalte nicht in Vergessenheit geraten darf. Nur staatliche Interventionen garantieren eine langfristige Perspektive, die über kurzfristig Gewinnerwartungen hinausgehen. Schon jetzt ist absehbar, dass der Graben zwischen den reicheren, noch weiter in FuE investierenden und den ärmeren, ihre Innovationsausgaben reduzierenden Staaten breiter wird.

Eine ganz andere Rolle des Staates hat NESTA in einem Diskussionspapier vom Januar 2013 angesprochen, dass mit Systems Innovation betitelt ist. Hier geht es um systemische Veränderungsprozesse, die auch von innovationspolitischen Erfolgen - neuen Produkten und Dienstleistungen - beeinflusst sind. Innovationspolitik ist zunehmend nicht allein von technischen Innovationen, sondern von gesellschaftlichen Herausforderungen getrieben, zu deren Bewältigung FuE-Politik beitragen kann. In Deutschland hat die Hightech-Strategie der Bundesregierung diesen Weg verfolgt. Die sogenannten Zukunftsprojekte der Hightech-Strategie sollen dazu dienen, Innovationsprozesse auf solche Themen zu fokussieren, in denen gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel zu bewältigen sind. Der Staat hat in solchen Vorhaben eine eher vermittelnden, moderierende Funktion in systemischen Veränderungsprozessen. Die OECD untersucht die entsprechenden Herausforderungen und ersten Erfahrungen seit 2012 in einem aktuellen Projekt zu "Systems Innovation". Ein erster Bericht ist für die zweite Hälfte 2014 zu erwarten.

Freitag, 6. September 2013

Bundestagswahl und Wahlforschung

Nur noch zwei Woche  bis zur Bundestagswahl, da ist die Spannung ob der drohenden Wahlergebnisse für manchen kaum noch auszuhalten. Innovative Ansätze verkürzen uns die Wartezeit und versprechen schon heute die Ergebnisse von Übermorgen. Entweder ganz altmodisch auf Umfragedaten basierend (die aktuellesten aggregierten Daten finden sich zum Beispiel beim Economis oder in der Onlineausgabe der Süddeutschen, interessanterweise für den 5.9. (letzte verfügbare Ergebnisse) mit entscheidend abweichenden Ergebnissen zu einer schwarz-gelben Mehrheit), oder auch mit ganz neuen und abgefahrenden Ansätzen. Ein Artikel der Süddeutschen von Anfang August stellt eine Reihe neuer Prognoseinstrumente vor, zum Beispiel den
Wahl-O-Meter oder auch die Wahlwette. Eine Übersicht übersogenannte Prognosemärkte findet sich bei PollyVote. Auch ein Video der Onlineausgabe der ZEIT stellt neue Progonseinstrumente vor. Neu im Angebot hat die Süddeutsche seit kurzem einen Trendmonitor der Parteien für Sozial Media. Immer wieder spannend sind auch die statistischen Modelle, so z.B. ein neues statistisches Modell von Mark Kayser und Arndt Leininger und ein weiteres Modell von von Thomas Gschwend und Helmut Norpoth. Ein kombiniertes Modell ist PollyVote von der LMU München, welches ganz unterschiedliche Prognoseansätze zu einem gesamtmodell verbindet.

So richtig schlau wird man aus den ganzen Modellen aber auch nicht: Mark Kayser und Arndt Leininger berechnen einen Sieg der aktuellen Koalition mit 47,5%, Thomas Gschwend und Helmut Norpoth berechnen einen schwarz-gelben Sieg mit 49,7%, PollyVote sieht Schwarz-Gelb bei 45,5% und damit auch kanpp in der Mehrheit, bildet aber auch gnz gut die Bandbreite der Einschätzungen der verschiedenen Prognoseansätze ab. Es wird also vermutlich hauchdünn für Schwarz-Gelb, da werden dann auch Überhangmandate etc. eine wichtige Rolle spielen, womit wir mit unserer neugier so weit wie zuvor wären.

Das ZDF bricht mit einer Tradition und veröffentlicht Umfragedaten noch drei Tage vor der Wahl, was aber auf das Wahlverhalten Einfluss haben könnte oder auch nicht. Sind dann damit die oben genannten Prognosen hinfällig, wenn die (öffentliche) Beobachtung das beobachtete Objekt selbst verändert? Oder ist das sowieso alles Kaffesatzleserei? Weiß wenigesten der NSA, was wir wählen? Ich bleibe verwirrt, daher zum Abschluss noch ein Cartoonistischer Kommentar aus dem Spiegel zur Verlässlichkeit von (Wahl-) Statistiken...

Update:
Ein Blogbeitrag von Blick Log wagt heute noch einmal eine aktuelle Prognose und lob dabei Wahlbörsen als aussagekräftigstes Vorhersageinstrument. Interessant auch die früheren Blogartikel von Blick Log zum sogenannten Social Forecasting. Zur Bayernwahl kam allerdings auf ein eher schlechtes Abschneiden der Wahlbörsen