Montag, 25. Februar 2013

Gedanken zu Schirrmachers EGO

Gemeint ist natürlich das Buch von Frank Schirrmacher, das ich gerade lese Angeregt dazu hat mich eine wirklich sehr positive Rezension vor 8 Tagen in der Süddeutschen Zeitung. Mittlerweile häufen sich auch die kritischeren Berichte, gerade die ökonomische Blogszene ist wenig erbaut (zum Beispiel hier). Ist aber auch kein Wunder, schließlich geht Schirrmacher ja gerade mit den ökonomischen Theoretikern zum Teil sehr scharf ins Gericht. Ich finde das Buch bis jetzt sehr kurzweilig, nehme es aber auch eher als feuilletonistischen Beitrag mit grandiosen Assoziationsketten.

In den Sinn kommt mir beim Lesen des Kapitels Android zum Beispiel die Meldung über zwei große Förderentscheidungen, die kurz nacheinander in den Medien zu lesen waren. Zum einen die neue Flagschiffinitiative Human Brain Project der EU im Bereich der Future and Emerging Technologie (FET), zum andern fats zeitgleich die Entscheidung der amerikanischen Regierung zu einem Human Brain Project. Während die Europäer das menschliche Gehirn praktisch digital simulieren wollen, sollen die amerikanischen Wissenschaftler eine supergenaue Karte des Gehirns entwerfen. Beide Projekte sind nur aufgrund der enormen Rechenleistung überhaupt denkbar, die uns heute zur Verfügung steht.

Und wo ist jetzt der Link zu Schirrmachers Buch? Im genannten Kapitel Android beschreibt Schirrmacher anschaulich, wie seit dem 18. Jahrhundert Automaten die Menschen verblüffen, die das Leben nachahmen (und dabei ein mechanistisches Weltbild propagieren). Das EU-Projekt klingt für mich wie der ultimative Automat. Und das amerikanische Projekt, das im zitierten Artikel der New York Times explizit als zweites Human Genome Project beschrieben wird, versucht sich am ultimativen Abbild des Gehirns. In ersten Blogbeiträgen zum amerikanischen Projekt werden nicht zufällig die Folgen für die Verknüpfung von Hirn und technischen Geräten (Stichwort "brain augmentation") ausgeführt...

Eine weitere Assoziation, gerade zum Kapitel der Automaten, betrifft  den Film Hugo Cabret, den ich vor kurzem noch einmal geschaut habe (Vorlage für den Film ist übrigens dieses Buch). Der mechanische Schreibapparat des Uhrmachers spielt dort eine Schlüsselrolle, weil er die Botschaft des toten Uhrmachervaters an die Hauptfigur überbringen soll. Der Automat wird also zum Avatar seines (in dem Fall zweiten) Schöpfers. Der eigentliche Schöpfer Georges Méliès hat die technischen Möglichkeiten seiner Zeit dazu genutzt, die Ilusionsmaschine des 20. Jahrhunderts, eine Filmkamera zu schaffen und sein Publikum zu verzaubern. Da schließt sich dann in gewisser Weise wieder der Kreis zu Schirrmacher, der ebenfalls die Suggestionskraft als wesentlicher Triebfeder zur Veränderung der Wirklichkeit beschreibt. In seinem Fall allerdings die Suggestionskraft eines ökonomischen Modells.

Und jetzt lese ich weiter Schirrmacher...