Donnerstag, 22. August 2013

Wissenschaft vs. Politikberatung

Liegt es daran, dass Wahlkampf ist in Deutschland? Die Rolle der Wissenschaft in der Politikberatung ist zumindest wieder in der Diskussion, seit die ZEIT die Rolle der Auftragsforschung thematisiert, als Aufmacher mit einem provokanten Kaninchenpärchen in eindeutiger Pose. Die unterschwellige Botschaft war: die Wissenschaft prostitutiert sich für Politik und Wirtschaft und liefert Gefälligkeitsgutachten.

Nicht nur in Zeiten des Wahlkampfes scheint es tatsächlich für jedes politische Statement ein passendes wissenschaftliches Gutachten (und das entsprechende Gegengutachten zu geben). Die Zeit argumentierte in ihrem Artikel insbesondere strukturell und prangerte Stiftungsprofessuren und ähnliche Abhängigkeitsverhältnisse an. In einer Replik in der FAZ vom 14.8. argumentierte hingegen Volker Meyer-Guckel vom Stifterverband, dass das Verhältnis von Grundfinanzierung und Drittmitteln ausbalanciert sei und Stiftungsprofessuren nur einen sehr kleinen Teil der Hochschullandschaft ausmachten.

Von einer anderesn Seite her näherte sich dann die ZEIT in einem Onlineartikel vom 18.8. erneut dem Thema, diesmal mit einem Interview mit dem Armutsforscher Ernst-Ulrich Huster, der von seinen Erfahrungen bei der Erarbeitung von Auftragsstudien für die Politik berichtete. Grundsätzlich verteidigte er die Auftragsforschung, die einen notwendigen Beitrag in der wissenschaftlichen Politikberatung spielt. Er schilderte aber auch, wie durch die Auswahl der richtigen Datenquelle, der passenden Beobachtungszeitraumes oder der geeigneten Interviewpartner Daten und Aussagen generiert werden, die mehr oder weniger die jeweiluige politische Botschaft stützen.

Die Berlin-Branendburgische Akademie der Wissenschaften hatte sich in einem Projekt bereits zwischen 2004 und 2008 ausführlich mit dem Thema und der Problematik der wissenschaftlichen Politikberatung aueinandergesetzt. Ziel des Projektes war es, einen Leitfaden mit Kriterien „guter Politikberatung“ sowie weitergehende konkrete Vorschläge für gesetzliche Regelungen zu erarbeiten.

Letztlich geht es um die Grundlagen einer evidenzbasierten Politikgestaltung, die auf wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnissen über die Gestaltungsräume und Wirkungen politischen handlens basieren soll. Hierzu gehören Regeln zu einer qualifizierten, möglichst objektiven Politikberatung ebenso wie die Fähigkeit der Politikgestalter, entsprechenden rat zu suchen und zu verwerten. Die EU hatte ein eigenes Forschungsprojekt initiert, um die Politik bei der Nutzung von wissenschaftlichen Egebnissen für die Politikgestaltung mit geeigneten Tools zu unterstützen.

Für die breite Öffentlichkeit bleibt allerdings allzu oft die verwirrende Tatsache, das sich wiedersprechende Aussagen von entsprechenden wissenschaftlichen Gutachten und Studien belegt werden. Nicht weit ist dann zum vermeindlichen Churchill-Zitat von den Statistiken, denen er nur glaube, wenn man sie auch selbst gefälscht habe. Das Zitat ist nicht echt, es belegt eher das Vorurteil gegenüber dem Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen im politischen Raum als das tatsächliche Handeln. Ausnahmen bestätigen aber auch hier die Regel...

Nachtrag:
Mittlerweile ist ein interessanter Blogbeitrag erschienen, der sich mit den Wirtschaftswissenschaften und Politikberatung auseinandersetzt. Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise ja ein durchaus naheliegendes Thema. Eine Studie hatte gezeigt, dass Spitzenforschung und Politikberatung in den Wirtschaftswissenschaften in der Regel eher nicht zusammenfallen...

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