Donnerstag, 3. September 2015

Die Startup-Glaskugeln

Vor ein paar Tagen habe ich einen spannenden Artikel gelesen (hier auch ein Beitrag dazu bei Grünerszene), der von der Harvard Business School herausgebracht wurde. Es geht darin darum, ob der Erfolg von Startups bereits zu einem früheren Zeitpunkt von Gutachtern bzw. Experten vorausgesagt werden kann. Da ich zusammen mit Kollegen seit einiger Zeit auch einen Gründerwettbewerb evaluieren, dachte ich gleich, hier kann ich was lernen. Doch so einfach lässt sich der Ansatz der Kollegen nicht übertragen, und genau das macht den Artikel so spannend.

Aber zunächst zu den wesentlichen Erkenntnissen der Autoren: Der Erfolg von Startups lässt sich tatsächlich relativ gut voraussehen, zumindest solange sie stark "wissensgetrieben" sind und eher im Hardwarebereich angesiedelt, also zum Beispiel typische Universitätsausgründungen. Schlechter sieht die Prognosefähigkeit schon bei Software- oder Geschäftsmodell- getriebenen Gründungen aus. Hier konnten die Gutachter nicht wirklich treffsicher voraussagen, ob eine Gründungsidee später zu einem Erfolg führen wird. Eine wichtige Randbedingungen konnten die Autoren bei ihrer Analyse ausschließen, nämlich dass die Teilnahme an einem Gründungsförderung Programm bereits dazu führt, dass eine gewisse Selektion der Teilnehmer erfolgt, beziehungsweise dass die prämierten Teilnehmer einen anderen Weg gehen als die nicht erfolgreichen. Diese verfolgen ihre Gründungsidee möglicherweise enttäuscht nicht mehr weiter, auch wenn sie ein Erfolg hätte werden können. Die Harvard-Kollegen konnten Daten nutzen, die nicht im Rahmen einer Förderung erhoben wurden, sondern vorher.

Dieser Punkt berührt ein typisches Problem von Evaluationen von Förderprogrammen: die nicht erfolgreichen Antragsteller sind keine echte Vergleichsgruppe, da der Prozess der nicht erfolgreichen Antragstellung bereits einen Einfluss auf den späteren Projektverlauf hat.

Dass Hardware -getriebene Ideen besser prognostiziert werden können als Software- oder Geschäftsmodell getriebene, ist für sich genommen erst einmal plausibel erklärt. Die Autoren gehen davon aus, dass im weiteren Verlauf andere Faktoren, nämlich auch ein Gründungsteam,  dass zum Beispiel von Betriebswirten mitgeprägt wird, den Geschäftserfolg maßgeblich mit beeinflusst. Die Gründungsprozess sind also bei Software-/Geschäftsmodellideen von Anfang an weniger determiniert durch die gute Idee und das technische Know-how, sondern werden zu späteren Zeitpunkten weiter beinflusst.

Die Autoren sprechen sich deshalb dafür aus, einen stärker experimentell orientierten Förderansatz zu verfolgen, also z.B. eine größere Zahl von Gründungen auszuwählen und dann zu schauen, was aus ihnen wird. Übertragen auf ein deutsches Förderprogramm könnte das zum Beispiel heißen, dass man in mehreren Phasen fördert und immer wieder den Fortschritt des entsprechenden Prozesses daraufhin überprüft, ob hier alles in die richtige Richtung geht.

Eine weitere Besonderheit der genannten Studie ist es, dass die Team Zusammensetzung explizit nicht bewertet wurde, da nur das eigentliche Gründungskonzept den Gutachtern bekannt war. Für eine Prüfung Überprüfung der Prognose Fähigkeit von Gutachtern bei der Bewertung von Gründungskonzept ist das natürlich prima, in der Realität allerdings schauen sich die Gutachter auch sehr genau das Team an und können damit vielleicht ganz gut abschätzen, ob dieser zentrale Faktor den Gründungserfolg beeinflussen kann.

Wollten wir das Konzept der Studie auf unsere eigene Wirkungsanalyse übertragen, müssten wir also eine ganze Reihe von Faktoren anpassen. Aber spannend wäre es schon zu überprüfen, ob die Gutachter in unserem Wettbewerb bei der Erfolgseinschätzung der Hardware- getriebenen Gründungskonzepte besser lagen als bei den Software- oder Geschäftsmodell -getriebenen.

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