Montag, 8. August 2016

Philanthropen?

Vor zwei Wochen brachte die Print-Ausgabe der Zeit (update 13.8.: jetzt online) in ihrem Wirtschaftsteil einen großen Artikel zu den sogenannten neuen Philanthropen. Anlass war die Entscheidung der BMW-Großaktionärin Susanne Klatten, 100 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren für soziale Zwecke zu spenden.

Der Artikel berichtete, wie gerade in den USA eine regelrechte Spenden-Lawine von Superreichen losgetreten wurde, ausgehend von einer Initiative von Warren Buffett und Bill Gates. Der Artikel geht weiter darauf ein, dass es eine lange Tradition in den USA gibt, angefangen bei den Industrie-Baronen des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert, den Carnegies undRockefellers.

Die spendenfreudigen Milliardäre von heute sind aber doch etwas anders, wie ich schon vor ein paar Monaten in diesem Blogbeitrag berichtet hatte. Sie sind viel jünger, und sie sind möglicherweise auch dann, wenn sie Gutes tun, knallhart auf marktwirtschaftliche Mechanismen ausgerichtet. Das zeigt sich in der Art und Weise, wie sie stiften und spenden. Effizienz ist alles, mit dem geringsten Aufwand soll der größtmögliche Nutzen erreicht werden. Die Rendite muss stimmen. Und dafür muss auch gemessen werden können, dass das Spenden-Investment zu Erfolgen führt.

Die Autoren der Zeit meinen, dass dies eine ganz neue Qualität soziale Arbeit nach sich ziehe. Diese müssen nur beweisen, dass sie auch Nutzen stiftet. Dieses allerdings ein hehrer Anspruch, der nicht immer leicht einzulösen ist.

Welch sonderbare Blüten es treiben kann, zeigt  ein Artikel zum Thema Bewertung von sozialen Projekten der Zeitschrift brand eins. Mittlerweile haben sich etliche Beratungsfirmen darauf spezialisiert, Stifter zu unterstützen und Messsysteme zu entwickeln, um tatsächlich den Erfolg des "sozialen Investments" zu messen. Aber es lässt sich halt nicht alles so messen, wie man sich das wünscht. Das oben verlinkte brand eins Heft ist übrigens eine gute Sammlung von Artikeln zum Thema messen und bewerten in allen möglichen Lebenslagen und Kontexten.

Zurück zum Zeit-Artikel. Dieser vermittelt den Eindruck, als wenn eine Kontrolle der Wirksamkeit sozialer Aktivitäten, sei es Sozialarbeit in Deutschland oder Entwicklungspolitik, durch private Stifter ganz neu eingeführt worden wäre. Das ist natürlich Quatsch. Auch staatliche Akteure versuchen seit langem, die Wirkung ihrer Politik zu messen und zu überprüfen. In der Entwicklungspolitik zum Beispiel hat die Evaluation von Förderung eine lange Tradition und ist besser etabliert als in allen anderen Politikbereichen.

Für mich schwingt hier ein ganz anderer Subtext mit. Unternehmer halten sich für die besseren Politiker. Populisten in den verschiedensten Ländern, in den USA, in Tschechien, in Italien wagen die These, das angeblich erfolgreiches Unternehmertum auch gutes Regieren garantieren würde. Mal davon abgesehen dass die meisten Beispiele der jüngeren Geschichte, nehmen wir nur einmal Silvio Berlusconi (und hoffentlich nicht bald auch Donald Trump), nicht gerade die Belastbarkeit dieser These belegen, so liegt den ganzen auch einen sehr vereinfachtes Verständnis staatliche Verwaltung zugrunde. 

Schon die Bundeshaushaltsordnung fordert effizientes und effektives Handeln dieser Verwaltung. Natürlich gibt es auch hier Verschwendung und Fehlinvestitionen. Aber die gibt es in der privaten Wirtschaft auch. Auch die deutschen Vorzeige-Konzerne von Volkswagen über Siemens bis hin zu Daimler haben in der Vergangenheit gezeigt dass sie so manchen Euro in den Sand setzen können.

Und die Überzeichnung der Unternehmerpersönlichkeit, des Firmenlenkers als Held und Supermann schließlich bedient zwar die Sehnsucht vieler Menschen nach Vorbildern, hat aber mit der Wirklichkeit vermutlich recht wenig zu tun. Sie verschleiert nur, dass hier Einzelpersonen geradezu pervers große Summen an Reichtum anhäufen, ohne dass dies in einem Verhältnis zu ihrer Leistung steht. Da hilft dann auch das großzügige Spenden am Ende nicht mehr viel.

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