Samstag, 8. Juli 2017

Sex als Motor des Innovationsgeschehens (?)

Gewöhnlich verbindet man mit Hightech ja Autos, Medizintechnik oder Maschine und ähnliches. Das sind die innovativen Wachstumsbranchen in Deutschland, auf die auch die Politik ihr Augenmerk richtet. Dabei liegen die Treiber innovativer Prozesse häufig ganz woanders. Es sind die enormen Rechenleistungen, die moderne Computerspiele erfordern, die eine Generation nach der anderen von Laptops und PCs hervorbringen. Nur für Textverarbeitung würde auch das Modell von 1995 reichen. Wer bringt das erste Produkt aus dem 3D Druck auf den Massenmarkt? Adidas mit einem Turnschuh. Und die Sicherheitstechnik findet sich in einem steten Rüstungs- und Technologie Wettlauf mit der organisierten Cyberkriminalität.
Eine der schon fast klassischen Geschichten ist in diesem Kontext auch die Rolle der Sexindustrie für Innovationsprozesse. Immer wieder erzählt wird z.b., wie die Pornoindustrie an der Entwicklung der Videokassette mitwirkte und ausschlaggebend für denSieg des VHS Formats war. Ähnliches scheint sich heute im Bereich der Virtual Reality zu wiederholen. Brand Eins hat dem Thema im letzten Sommer einen schönen Artikel gewidmet. Deutlich beschrieben wird daher auch, unter welch enormen Druck diese Industrie heute steht, um nicht dasselbe Schicksal wie die Musikindustrie nach Einführung kostenloser Musikstreams zu erleiden. Die Süddeutsche hat das Thema Anfang diesen Jahres ebenfalls in  einem langen Artikel ausgebreitet, mit denen schon im Brand Eins beschrieben Themen und anderen Details der Innovationsgeschichte der Pornografie. Erste Bezahlmöglichkeiten im Internet oder Video Chats im Netz, alles eingeführt von den Trendsettern dieser Branche. Ähnliche Artikel finden sich in allen großen Medien, aber bis zu einem gewissen Grad mag da auch eine Rolle spielen, dass sich solche Artikel eben auch besonders gut verkaufen. Sex sells!
Im Moment sind Robotik und Sex die großen Trendthemen. Die Zeit schreibt darüber, welche neuen ethischen Fragen moderne Sexroboter aufwerfen. Eine gerade veröffentlichte Studie aus London zur sexuellen Zukunft mit Robotern mit mit sich dem Thema eher abwägend, sieht Vorteile (für Schüchterne, Ältere ...), aber auch große Gefahren (Missbrauch, Verrohung) einer solchen Entwicklung. Filmisch umgesetzt könnte ein oder andere dieses Szenario z.b. aus Westworld, wo das Ausleben von rohen Trieben an Robotern ein zentrales Motiv ist und schreckliche Folgen nach sich zieht. Etwas näher am realen Alltag ist das Szenario von real humans, eine Serie, die vor vier Jahren auf Arte lief. Auch hier spielt der sehr körperliche Kontakt mit Robotern eine entscheidende Rolle bei Miteinander zwischen Mensch und Maschine. Schließlich spielte ein sehr verführerische weibliche Roboter die Hauptrolle in Ex Machina. Aber auch James Brown sieht sich als unsere Sex Machine.

Kommt das jetzt wirklich? Bei den genannten Preisen für einen solchen Roboter wohl eher nur für eine sehr kleine Käufergruppe, aber die Phantasie scheint es halt doch anzuregen. Mir scheinen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität auch bei den Berichterstattung und diese echten Versuche von Sexrobotern doch weiterhin noch sehr unscharf.
Die Arte-Miniwebserie Cyberlove setzt das ganze Panoptikum der Wechselwirkungen von neuen Technologien und unserem Liebesleben in kurzen Filmen um, darunter auch zu Robotersex, aber ebenso zu Sextoys für die Fernbeziehung oder virtuellen Beziehungen in virtuellen Welten wie Second Life. Mit einem etwas anderen Dreh hat sich auch die re:publica, die große Konferenz zu den digitalen Themen von heute, mit Innovationen und ihrem Verhältnis zu Liebe und zwischenmenschlichen Beziehungen, auch auf einer sehr körperlichen Ebene, beschäftigt. Auch hier geht es darum, wie Dating Apps und Sexspielzeuge, unser aller Beziehungen verändern können. Hier scheint das Körperliche Phantasie,  Kreativität und Innovation durchaus anzuregen.
Vielleicht hat die etwas obsessive Beschäftigung der Technologie-Szene mit Sex aber auch etwas mit einer Kultur zu tun, die gerade eher durch Sexismus auffällt. Erst wurde der Uber Chef entlassen,  jetzt mehren sich die Meldungen über eine frauenfeindliche Technologie- und Gründerszene in den USA wie in Deutschland.
Kann denn Liebe Sünde sein?

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