Sonntag, 1. November 2015

Innovatives Hören

Thema des diesjährigen Wissenschaftsjahres war die Zukunftsstadt. Ich finde das Thema spannend und habe deshalb auch einige der Aktionen, die im Rahmen des Wissenschaftsjahres geplant waren, mitverfolgt.

Eigentlich ist das ja ein Thema, das extrem zum Mitmachen einlädt. So wahnsinnig viele Mitmach-Aktionen sind mir aber nicht aufgefallen. Man konnte mit Minecraft seine Stadt der Zukunft bauen. Das war eine Aktion, die sich eher an Jugendliche gerichtet hat. Man konnte auch Stadttöne aufnehmen und hochladen. Das war die Aktion Stadt Klang.

Ich dachte toll, endlich mal was, wo ich mich einbringen kann, und habe schnell ein Soundfile erstellt und hochgeladen. Dann habe ich mir die Website genauer angeschaut und auf andere Klänge geklickt, um sie mir anzuhören. Ganz Deutschland, oder vielmehr die großen Städte Deutschlands waren hier mit vielen vielen Klangbeispielen vertreten. Letztlich war es aber doch alles ziemlich ähnlich: Vögelgezwitscher (hatte ich selbst auch aufgenommen), Menschen, die sich unterhalten, Straßengeräusche, und in ländlichen Gebieten noch ein bisschen mehr Naturgeräusche. Wozu das alles aufgenommen wird, war mir nicht ganz ersichtlich. Die Text- und Video-Beiträge auf der Seite erläuterten eher alle möglichen anderen Themen zum Thema Lärm beziehungsweise Klang in der Stadt.

Ich hatte mir mehr erwartet. Irgendwelche soziologischen oder ökologischen Studien. Ich hatte nämlich gerade ein Buch gelesen, was mich sehr fasziniert hatte. Das große Orchester der Tiere von Bernie Krause. Krauses Idee ist es, dass man die Intaktheit eines Ökosystems anhand seine Klänge und Töne messen kann, da die Tiere sich alle in akustische Nischen eingerichtet haben. Und das hat er toll geschrieben, mit vielen Hörbeispielen und vielen persönlichen Erlebnissen. Aufmerksam geworden auf das Buch bin ich unter anderem über ein Radiofeature des Deutschlandfunk dazu. Das lohnt sich fast ebenso wie das Buch selbst, ist aber im Archiv nicht mehr zu finden. Stattdessen hier der Link auf einen ähnlichen Beitrag des SWR.

Und heute wird Krauses Ansatz auch von Zoologen in Deutschland ausprobiert, so zum Beispiel von der Uni Freiburg. Ein anderes soundscape Projekt will gleich die Klänge der ganzen Erde aufnehmen und ruft zum Mitmachen auf. Dagegen sind die Stadtklänge des Wissenschaftsjahres noch von bescheidenem Anspruch. Insgesamt tummeln sich da wohl einige Projekte. Auch die Universität Salford nimmt Klänge der ganzen Welt auf.

Aber natürlich geht es in diesen Projekten eher um ökologische Fragen und weniger um die Zukunft der Städte. Hier stehen vermutlich wirklich eher Fragen des Lärmschutzes und der klanglichen Stadtgestaltung im Vordergrund.

Und spannend wäre natürlich auch ein historischer Ansatz. Zu hören, wie sich die Klänge der Stadt im Zeitverlauf geändert haben. Wie die Stadt vor 20 Jahren klang. Und wie sie vielleicht in 20 Jahren klingen wird. Wenn zum Beispiel Elektroautos für leisen Straßenverkehr sorgen und die Klingel der vielen Fahrräder dafür den Klangraum bestimmen.

P.S. kleines Update mit toller Radioreportage des Tagesspiegel vom Dezember

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