Donnerstag, 5. November 2015

Ist Gründen ansteckend?

Ist Gründen ansteckend? Das fragen zwei Autoren in diesem Artikel. Sie stützen sich auf Erkenntnisse, die sie bei der Untersuchung der Gründerlandschaften in Mexico City, Buenos Aires und Istanbul gesammelt haben. Und sie gehen an die Daten mit einem netzwerkanalytischen Ansatz heran. Sie behaupten, dass immer dann, wenn einige wenige Gründer erfolgreich an einem Standort herangewachsen sind, weitere Gründen folgen, weil sie von deren Know-how und finanziellen Ressourcen profitieren. Das ist zunächst einmal nicht wirklich neu. Klar, erfolgreiche Gründer werden nicht selten zu VC-Investoren und finanzieren so neue Gründer. Und neue Gründer profitieren von Erfahrungswissen der alten Gründer, denen sie über Stammtische, Netzwerke, Mentoring-Programme, Startup-Verbände und vieles mehr verbunden sind. Nicht umsonst wird im genannten Artikel von einem Ökosystem gesprochen, ein Begriff, der auch in der sonstigen Gründerforschungsliteratur immer wieder verwendet wird.

Interessant finde ich den Artikel, weil er auf die persönliche eins-zu-eins-Beziehung zwischen individuellen Gründern hinweist. Es sind persönliche Beziehungsnetzwerke, die hier zum Tragen kommen, nicht Netzwerke zwischen Institutionen oder Firmen. Und das ist ein Aspekt, der mir in der Innovationsforschung noch zu selten analysiert wird. Die Weitergabe von Wissen, Erfahrung und Erkenntnissen läuft halt in der Regel über Köpfe, und zwar über einzelne Köpfe. Es sind Menschen, die ihr Wissen mitnehmen, wenn sie von einem Unternehmen zum nächsten wandern, oder aus einer Forschungseinrichtung in ein Unternehmen.

Bei der Evaluation von Innovationsförderprogrammen zum Beispiel wird dieser Aspekt praktisch nie untersucht. Das hat ganz forschungspraktische Gründe. Datenschutzrechtlich ist es schwierig, auf der Einzelpersonen -Ebene zu untersuchen, weil z.B. Adressen selten weitergegeben werden können und dürfen, wenn Mitarbeiter ein Unternehmen verlassen. Stattdessen werden Kooperationsstrukturen zwischen einzelnen Institutionen untersucht. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Der wesentliche spill over passiert über Köpfe, da bin ich mir ziemlich sicher.

Ach ja, wenn wir gerade bei Gründern, beim zwischenmenschlichen Miteinander und bei Ökosystemen sind. Kennen Sie den Kaffeekultur-Indikator? Im August schrieb Gründerszene über einen neuen Indikator, nachdem sich an der Kaffeekultur eine Hightech Metropole erkennen lässt. In den Index fliessen Verfügbarkeit, Qualität und Popularität von Cafes ein. Nach dem Motto Doppelpunkt je mehr Raum für ein nettes Miteinander der Gründer im lauschigen Kaffees ist, desto stärker prosperiert die Gründermetropole. Nach diesem Index liegt Berlin übrigens auch ganz vorne.

Wobei mir die Kausalität noch nicht ganz klar ist. Führt nun die Kaffeehauskultur zu einem erfolgreicheren Gründerstandort, oder zieht der Gründerstandort die entsprechende Kaffeehauskultur nach sich? Auf jeden Fall scheinen Kaffeehäuser echte Ansteckungsherde für Gründer zu sein. Also Vorsicht beim nächsten Kaffee.

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