Dienstag, 5. April 2016

Innovationsindikator 2015

Rankings sind eine tolle Sache. Das hat so was sportliches. Wie Pferdewetten. Länder steigen auf, Länder steigen ab, es werden Punkte vergeben, und für alles kann man einen Grund finden. Anfang Dezember wurde der neue Innovationsindikator veröffentlicht. Der BDI bringt ihn seit Jahren heraus, erst in Kooperation mit der Telekom-Stiftung jetzt in Zusammenarbeit mit acatec,  der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften.
Ich muss zugeben, ich hatte den Innovationsindikator im Dezember erst nicht auf dem Schirm. Und als ich ihn dann entdeckt hatte, dachte ich mir, was soll's, steht eh nichts Neues drin. Deutschland halt auf einem der vorderen Plätze, in einigen Dimension hoch, in einigen runter, aber unterm Strich hat sich nichts geändert.
Aber dann hat sich die Lektüre doch gelohnt. Zunächst war es schon einmal interessant, die empirischen Ergebnisse und die politischen Forderungen zu vergleichen. Der Innovationsindikator ist ja eine Auftragsarbeit. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW und das Fraunhofer Institut für Innovationsforschung ISI machen die Empirie, Auftraggeber sind der BDI und jetzt eben neu acatec. Diese Arbeitsteilung merkt man den Bericht durchaus an. Die politischen Botschaften und Handlungsempfehlungen schienen mir schon ein wenig entkoppelt von den eigentlichen wissenschaftlichen Analysen, die nicht immer zwingend diese Schlussfolgerung nahe legten. Man könnte auch sagen, hier haben sich Verbände und andere Akteure ein Gutachten gesucht, dass sie dann in ihrem Sinne ausgelegt haben.
Interessant fand ich auch, wie stark der Innovationsindikator doch dem Gutachten der Expertenkommission für Forschung und Innovation, EFI, ähnelt, die jetzt bald im Februar Jahresgutachten vorstellen werden. Der Innovationsindikator wird jetzt seit Jahren regelmäßig veröffentlicht, immer mit derselben Methode, immer von denselben Innovationsforschungseinrichtungen. Gleiches gilt für die Studien, die dem EFI-Gutachten zugrunde liegen. Ergänzt wird diese Basisanalyse durch thematische Schwerpunkte, EFI kann hierfür jährlich Hintergrundstudien an Forschungseinrichtungen vergeben, im Fall des Innovationsindikator greifen die Macher auf Studien zurück, die in anderen Kontexten schon durchgeführt haben oder gerade durchführen. Der aktuelle Schwerpunkt lag auf kleinen und mittleren Unternehmen, dazu gab es eine Studie des ZEW und hatte auch Fraunhofer ISI bereits Vorarbeiten geleistet.
Als "Evaluationsexperte" habe mich natürlich auch gefreut, dass die Studie die Wichtigkeit regelmäßiger Wirkungsanalysen hervorhebt. Andererseits bin ich mir nicht sicher, ob ich die Aussage, dass eine hohe Effektivität und Effizienz der Forschungsförderung durch Evaluationen immer sichergestellt wird, uneingeschränkt teilen kann...
Ein letzter Punkt: beim Schwerpunktthema kleine und mittlere Unternehmen geht es auch um die hidden champions Deutschland, die sehr gelobt werden. Allerdings, ganz rechts können sie es den Autoren auch nicht machen. Das hohe Alter der Hidden Champions in Deutschland, im Mittel über 80 Jahre, ist laut der Studie Kennzeichen für die untergeordnete Rolle von Unternehmenswachstum. Das könnte man auch anders sehen, das könnte man auch als Erfolgsindikator nehmen für erfolgreiches Überleben. Aber die Autoren wollen auf einen anderen Punkt hinaus. Sie wollen deutlich machen, dass die Startup-Szene in Deutschland nicht dynamisch genug ist. Aber muss man dann wirklich die hidden champions dem gegenüber setzen, Als falsche Strategie kennzeichnen? Ich finde das eher Ausdruck einer sehr erfolgreichen Strategie, und im internationalen Wettbewerb ein Beleg für die Theorie der varietis of capitalism. Da überlebt halt jeder anders. Und an anderer Stelle wird das ja gerade ausführlich geschildert, wie unterschiedlich die Erfolgsstrategien von KMU sind. Aber den Teil hat dann ein anderes Institut geschrieben, und die Querverbindungen sind scheinbar den Autoren nicht wirklich deutlich gewesen.

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